Malivas amoralischer Fluch | By : Hoellenspass Category: German > Originals Views: 3347 -:- Recommendations : 0 -:- Currently Reading : 0 |
Disclaimer: This is a work of fiction. Any resemblance to real people, dead or living, is purely coincidental. |
~3~
La magia è ›quoddam ubique, quoddam semper, quoddam ab omnibus creditum est‹
Daria hörte erst wieder auf zu rennen, als ihr das Blut unbändig in den Schläfen pochte und sie vor lauter Seitenstechen das Gefühl hatte zu ersticken. Ihr Brustkorb schien mit Stacheldraht umwickelt zu sein, der sich so eng um sie schlang, dass sie kaum nach Atem ringen konnte, und jeden trotzigen Vesuch ihrerseits, doch ein wenig Luft in ihre ausgezehrten Lungen zu bekommen, mit dem Schmerz von Nadeln bestrafte, die sich in ihr Fleisch bohrten. Keuchend blieb sie stehen, ihre Hände auf die Knie gestützt, während sie darauf wartete, dass sich ihr wild klopfendes Herz nicht mehr so anfühlte, als würde es gleich zerspringen.
Das würde allerdings eine Ewigkeit in Anspruch nehmen, wie ihr klar war. Der schier unerträgliche Druck hinter ihren Rippen, wie von einem inneren Gewicht, das sie aufzubrechen drohte, war nur zum Teil ihrer sich überschlagenden Atmung geschuldet. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte Daria sich so verloren gefühlt. Nun war sie heimatlos, eine Verbannte, die aus ihrem angestammten Zuhause hatte fliehen müssen, dazu verdammt, ziellos umherzuirren. Es gab keinen Ort mehr, der ihr noch Rettung versprach, von ihren Eltern war sie verstoßen worden und auch sonst konnte sie sich nirgendwo Zuflucht erhoffen. Jeder, an den sie sich in dieser Not hätte wenden können, hatte sie bereits unmissverständlich darauf hingewiesen, dass sie mit ihr nichts mehr zu tun haben wollte. Alle ihre übrigen Freunde waren eher Bekanntschaften, Menschen, mit denen sie sich hin und wieder gern unterhielt, aber unter ihnen war niemand, dem sie so uneingeschränkt vertraute, um ihm dieses Geheimnis zu beichten, oder von dem sie wirklich Beistand erwarten durfte. Von hier an war sie auf sich allein gestellt.
Mit dieser bitteren Erkenntnis im Kopf richtete sie sich schließlich wieder auf, als wenigstens die körperlichen, wenn schon nicht die seelischen Qualen allmählich nachließen. Verwirrt sah sie sich um. In ihrer Panik hatte sie gar nicht darauf geachtet, wo sie langgerannt war, und hatte keine Ahnung, wo sie sich jetzt befand. Zunächst konnte sie jedoch kaum etwas ausmachen, ihr ganzes Sichtfeld schien vor ihren Augen zu verschwimmen. Einen Moment lang dachte sie, das läge am Sauerstoffmangel ihres Gehirns, der sie nun plagte, nachdem sie bis zur völligen Erschöpfung davongelaufen war, aber dann ging ihr auf, dass es Tränen waren, die ihr unvermutet in die Augen getreten waren. Verärgert versuchte sie, sie wegzuwischen, vergaß allerdings, dass sie ungewohnterweise ihre Brille trug und schlug bloß dagegen. Seufzend nahm sie die Brille ab, wischte sich mit dem Ärmel ihres Pullovers über die Augen und setzte sie wieder auf.
Im ersten Augenblick half ihr das aber nicht viel weiter. Die ganze Gegend kam ihr unbekannt vor, bis ihr plötzlich auffiel, dass sie nur eine Ecke von der Straße entfernt stand, in der Theresa wohnte. Sie hatte diese Umgebung nur nie zuvor so klar gesehen, da sie sich sonst immer geweigert hatte, mit Brille das Haus zu verlassen. Das bedeutete, dass Daria nicht annähernd so weit gerannt war, wie sie angenommen hatte, ihre ehemals beste Freundin wohnte nur einige Straßen weit von ihrem ehemaligen Heim entfernt. Nun ja, im Sport war sie schon immer eine Niete gewesen, es nahm sich also nicht verwunderlich aus, dass sie nicht weit gekommen war, doch war es schon einigermaßen seltsam, dass sie ausgerechnet diesen Weg genommen und hier angehalten hatte. Hatten ihre Instinkte sie hier hergeführt? War sie in dem unterschwelligen Wissen zu Thersa gekommen, dass sie bei ihr bisher immer Trost hatte finden können?
Das mochte durchaus sein und möglicherweise würde sie auch diesmal nicht enttäuscht werden. Sie hatte seit heute Mittag, als sie nach Hause gekommen war, keine Gelegenheit gehabt, auf ihrem Handy nachzusehen, ob Theresa auf ihre Nachrichten genatwortet hatte, vielleicht hatte sie es mittlerweile getan, ohne dass Daria es gemerkt hatte. Sie hatte jetzt auch keine Möglichkeit mehr, das nachzuprüfen; bei ihrer unvorbereiteten Flucht vor dem vorwurfsvollen Gesicht ihrer Mutter hatte sie weder Handy noch Geldbeutel eingesteckt, nicht einmal die Zeit, sich Schuhe anzuziehen, hatte sie gehabt. Sie stand in Socken hier, zwar waren die aus dickem Stoff, doch so konnte sie nicht bleiben. Sie brauchte eine Vertraute, und die würde sie noch am ehesten in Theresa finden. Bei wem hätte sie sonst Unterschlupf suchen sollen? Die anderen würden sie nicht akzeptieren, nicht das Monster, in das sie sich verwandelt hatte. Außerdem war es doch denkbar, dass Theresa ihr gar nicht die Freundschaft kündigen wollte, immerhin war sie heute nicht in der Schule gewesen, da lag es doch nahe, dass sie einfach nur krank und nicht in der Lage gewesen war, sich mit Darias Problem zu befassen.
Zugegeben, es war eine schwache Hoffnung, aber es war ihre einzige.
Ihren ganzen Mut zusammennehmend ging sie um die Ecke und zu Theresas Haus hinüber. Es lag in einer etwas abgelegenen Seitenstraße, umrundet von einer penibel zurechtgestutzten Rasenfläche, die jeglicher Verzierungen von Blumen entbehrte, und von einem niedrigen Zaun eingegrenzt, der Daria gerade bis zur Hüfte reichte. Mit einem nervösen Flattern im Bauch, das ihre Bewegungen träge werden ließ, öffnete sie die kleine Pforte im Gartenzaun, schritt über den mit Gehwegplatten ausgelegten Pfad zur Haustür und klingelte.Noch nie war ihr so unwohl dabei gewesen, darauf zu warten, dass sich diese Tür öffnete. Für gewöhnlich war sie in guter Stimmung, wenn sie hier stand, heute jedoch kam sie sich merkwürdig fehl am Platz vor, als gehöre sie nicht hier her. Ihr Herz schlug so hoch, als würde sie noch immer rennen und auch ihre Atmung ging gefährlich flach.
Es kam ihr erstaunlich lange vor, bis die Tür endlich aufschwang, doch wahrscheinlich war das nur auf ihre vor geistiger Aufgewühltheit unzuverlässige Sinne zurückzuführen. Als Frau Wassir zu ihr hinausschaute, war jedenfalls nichts anders als sonst, nur der missbilligende Ausdruck in ihrem Gesicht war Daria bisher fremd gewesen. Das lag zweifellos in ihrem ungebührlichen Aufzug begründet, ohne Schuhe, die Haare eine einzige Katastrophe und Kleidung wie aus dem Sammelcontainer, doch davon durfte sie sich jetzt nicht abschrecken lassen.
»Hallo, Frau Wassir«, sagte sie freundlich, als wäre nichts weiter, »ist vielleicht Theresa zu Hause?«
Dass Daria nicht ihre Manieren abhanden gekommen waren, sondern höchstens ihre Sicherheit was Stilfragen anbetraf, schien Frau Wassirs Argwohn zu lindern. Ihre Züge entspannten sich sichtlich und ein verhaltenes Lächeln trat in ihr Gesicht. »Ja, aber sie fühlt sich nicht wohl. Ich hab sie heute lieber hier behalten. Möchtest du zu ihr raufgehen?«
»Ja, bitte«, sagte Daria. Trotz allem durchströmte sie eine Welle der Erleichterung. Theresa war also tatsächlich krank. Dann war doch nicht alles verloren. Entweder hatte sie die Nachrichten, die sie ihr geschickt hatte, noch gar nicht bemerkt, oder es ging ihr selbst zu schlecht, als dass sie ihnen viel Bedeutung beigemessen hätte. Sie hatte gestern immerhin schon alles in ihrer Macht stehende versucht, um ihr zu helfen.
Jetzt konnte Daria es kaum noch erwarten, sie wiederzusehen. Da sie sich nicht damit aufhalten musste, sich Jacke oder Schuhe auszuziehen, stieg sie gleich die sich unmittelbar hinter der Tür befindende Treppe hinauf zu Theresas Zimmer. Dort klopfte sie leise an, wartete, bis von drinnen ein unverständliches Murmeln erklang, und trat ein.Theresa sah nicht besser aus, als sie selbst. Auch ihre Haare waren ungebürstet und entgegen ihres sonst eher dunklen Teints wirkte sie heute regelrecht blass. Wie erwartet lag sie im Bett, die Decke hochgezogen bis zum Hals, richtete sich aber überrascht auf, als sie erkannte, dass es Daria war, die hereinkam.
»Was willst du denn hier?«, fragte sie weniger vewirrt als vielmehr unwirsch. Ihr Gesicht war unverkennbar von einer Miene der Verbitterung bestimmt.
Daria tat trotzdem so, als würde es ihr gar nicht auffallen. »Ich wollte mal nach dir sehen«, sagte sie sanft, ein mitfühlendes Lächeln auf den Lippen. »Also, wie geht es dir denn?«
»Oh, hervorragend, danke der Nachfrage. Mir ging’s nie besser, deshalb habe ich auch beschloßen, heute mal den ganzen Tag im Bett zu bleiben und die Decke anzustarren. Das mach ich immer, wenn ich richtig gute Laune habe.«
Wie immer, wenn Theresa einen ihrer gelegentlichen sarkastischen Ausbrüche überkam, war Daria auch jetzt wenig erfreut, allerdings war sie die letzte ihr verbliebene Gefährtin, da sah sie großzügigerweise über diese Anwandlung hinweg. »Okay, dir geht’s also nicht so besonders, hab ich begriffen. Deine Mutter sagte, du wärst krank, was fehlt dir denn?«
Trocken schnaubte Theresa auf. Anscheinend amüsierte sie diese Frage. »Was mir fehlt? Entzückend ausgedrückt. Tja, ich würde sagen, dasselbe, was dir auch fehlt. Offensichtlich hab ich mich gestern bei dir angesteckt.«
»Bei mir?«, fragte Daria verwundert nach. »Aber ich war doch gar nicht krank, das war doch bloß eine Ausrede, um nicht zur Schule zu müssen. Was ist denn los mit dir?«
Von einer unvermittelten Wut befallen sprang Theresa auf. »Was mit mir los ist? Was mit mir los ist?!«, rief sie aus, zog ruckartig ihre Schlafanzughose herab und hielt Daria ihren Unterleib entgegen. »Das ist mit mir los!«
Unwillkürlich wich Daria einen Schritt zurück. Theresa hatte recht, ihr fehlte dasselbe, wie ihr selbst, ihr Geschlecht nämlich. Ihre Scheide war verschwunden, stattdessen baumelte nun ein Schwanz von ihrem Schoß herab.
»Aber wie ist das möglich?«, fragte Daria entgeistert. »Ich hab doch gar nichts gemacht.«
Wieder stieß Theresa einen verächtlichen Laut aus. »Wie das möglich ist? Denk doch mal nach! Du hast in mich reingespritzt! Zweimal! Woher soll dieses Ding denn sonst kommen? Gestern war alles noch normal, und als ich heute Morgen aufwache, habe ich plötzlich dieses Ungetüm zwischen den Beinen!« Wuchtig stieß sie ihre Hüfte vor, wie um Daria einen besseren Blick auf ihren Penis zu gewähren, der durch die Erschütterung heftig hin und her zu schwingen begann. Erhöht auf ihrem Bett wie auf einer Bühne stehend sah Theresa wie die Attraktion eines Stripclubs der ganz besonderen Art aus. »Weißt du eigentlich, wie das ist, wenn einem über Nacht so ein Teil wächst? Abends geht man nichts ahnend schlafen und am nächsten Morgen ist man plötzlich ein Freak! Was meinst du eigentlich, wie ich mich erschrocken habe, als ich das entdeckt habe? Ich wollte einfach nur aufs Klo, ziehe mir die Hose runter und finde dann das!« Wieder folgte ein ärgerliches Vorzeigen ihres Beckens, das ihren Penis erbeben ließ. »Ich hätte vor Schreck fast alles vollgepinkelt!«
Die Hände beruhigend erhoben wollte Daria einwenden, dass sie zwar nicht wisse, wie es war, wenn diese Verwandlung im Schlaf geschah, sie aber dieselbe durchgemacht hatte, und sie in wachem Zustand mitzuerleben, war bestimmt nicht angenehmer. Doch Theresa kam ihr zuvor. Noch ehe sie reagieren konnte, rief sie laut: »Du bist schuld! Du bist schuld, dass aus mir ein Monster geworden ist!«
Entsetzt trat Daria einen weiteren Schritt zurück. »Nein«, wisperte sie leise. Eigentlich hatte sie noch viel mehr zu sagen, dass sie das nicht gewollte hatte, dass sie doch nicht hatte wissen können, was passieren würde und dass dieser Vorschlag schließlich von Theresa selbst gestammt hatte, doch blieben diese Erwehrungen unausgesprochen. Ein Wandel in Theresas Gesichtszügen ließ ihr die Stimme versagen. Tränen begannen Theresas Wangen hinabzulaufen und die Anklage wich einer tieferen, einer sehr viel dunkleren Empfindung.
»Ich will dich nie wiedersehen!«, schrie sie jetzt. »Verschwinde von hier!«
Daria ahnte, welche Worte als nächstes folgen würden und wollte sie auf keinen Fall hören, doch die Beine versagten ihr den Dienst. Sie war einfach nicht in der Lage, sich zu bewegen und so wurde sie doch von dem Satz getroffen, den sie befürchtet hatte, mit einer Macht, die sie blind zurücktaumeln ließ.
»Ich hasse dich!«
Der ihr entgegengeschleuderte Schrei schien Darias Brust zu durchdringen und ihr Herz in Fetzen zu schneiden. Unter dem Ansturm dieser Gefühlsaufwallung wurde sie nun doch förmlich aus dem Zimmer gedrängt. Der Abscheu, der aus dieser Feststellung strömte, ergriff sie einfach und spülte sie mit sich fort, zur Tür hindurch, die Treppe hinab und nach draußen ins Freie. Ohne zu wissen, wie ihr geschah, war sie mit einem Mal wieder auf der Straße und auf der Flucht. Bevor sie überhaupt einen klaren Gedanken fassen konnte, spürte sie, wie ein Schluchzen aus ihr hervorbrach und Tränen verschleierten ihr erneut die Sicht. Doch keines von beiden hinderte sie daran weiterzurennen. Schniefend und ohne wirklich zu wissen, wohin sie lief, jagte sie weiter davon, fort von den Schrecken, die hinter ihr lagen und in die hinein, die sie noch erwarten mochten. Würde es immer so weitergehen? Von einem Grauen in das nächste, von jedem abgewiesen, an den sie sich nach Hilfe suchend wendete? Würde es denn nie eine Rettung für sie geben? Alles, was sie jetzt noch wollte, war, dass es endete, ob sie nun die so sehnsüchtig herbeigesehnte Erlösung fand, oder mit dem tränennassen Vorhang vor ihren Augen vor ein Auto lief, es sollte einfach aufhören. Stattdessen wurde es schlimmer und schlimmer. Nun war sie nicht mehr nur heimatlos, nun war sie eine Paria; verachtet, vertrieben und ausgestoßen. Niemand in der Welt würde noch etwas mit ihr zu tun haben wollen und niemand würde ihr Zuflucht gewähren. Sie war vollkommen allein, verlassen von jedem, dem sie jemals vertraut hatte. Ihr heimlicher Geliebter, ihre beste Freundin und sogar ihre Mutter, jeder hatte sie sich selbst überlassen.
Dabei wäre eine Unterkunft zu finden jetzt erst einmal das Wichtigste. Noch war Nachmittag, aber irgendwann würde es unweigerlich Nacht werden und sie selbst müde. Sie fühlte bereits, wie ihre Beine schwer wurden und der Sauerstoff ihre Luftröhre zu verätzen schien, als würde sie Gift einatmen. Letztendlich war dieser Platz genauso gut geeignet, um anzuhalten, wie jeder andere, entschied sie. Zuerst wurde sie immer langsamer, bis sie ganz zum Stehen kam. Wieder musste sie die Brille abnehmen, um sich die Augen abzuwischen, ehe sie sich ein Bild von ihrer Umgebung machen konnte, doch auch diesmal kam ihr die Gegend, in der sie sich befand, nicht bekannt vor. Das lag in diesem Fall aber nicht an der ungewohnten Schärfe ihres Blicks, dieser Stadtteil war ihr tatsächlich fremd. Bedrückt und desorientiert, wie jemand, der gerade aus einem schlechten Traum erwacht ist, sah sie sich genauer um. Die dicht zusammengedrängten, oftmals baufälligen Häuser und das schwache Licht, das nur schwer durch die aneinandergereihten Dächer sickerte, boten ihr einen Hinweis darauf, wo sie war. Dies musste das Viertel jenseits des Marktplatzes sein, das ihr schon immer aufgefallen war, in das sie sich aber nie gewagt hatte. Wenn dem so war, hätte sie nur umzukehren brauchen, dann wäre sie unausweichlich irgendwann am Marktplatz herauskommen, doch das tat sie nicht. Zurückzugehen kam für sie nicht infrage. Hinter ihr lagen nur Menschen, die sie hassten und Orte, an denen sie nicht länger erwünscht war. Alles war besser, als das erneut durchmachen zu müssen.
Mit einem Ruck drehte sie sich wieder nach vorn und folgte der Straße tiefer in den unbekannten Stadtteil, wohin auch immer die sie führen würde.
Trotz der hier herrschenden Schatten waren die Anzeichen des Frühlings in all seinem Glanz an keiner Stelle zu übersehen. Die Luft war drückend vor Wärme, Insekten schwirrten umher und den ganzen Weg entlang sproßen Pflanzen in den Mauerritzen und zwischen Pflastersteinen. Wohin sie auch sah, es war immer dasselbe Spiel: Ob Blumen, Bäume, Tiere oder Menschen, jeder war von dem Drang besessen, seine Gene weiterzugeben. Pollen, die wirbelnd im Wind tanzten, Knospen, die sich zu duftenden Blüten entfalteten oder Männer, die Frauen auf eine Tasse Kaffee einluden; überall um Daria herum fiel der Samen herab, in der Hoffnung, auf einem fruchtbaren Flecken zu landen. Nur sie selbst war zu ewiger Einsamkeit verdammt, alleingelassen von jedem, dem sie einmal nahegestanden hatte und ausgeschloßen aus jeder Gemeinschaft. Es war die Hölle, in der sie wandelte, aber das war wohl auch das einzig angebrachte Zuhause für ein Monstrum wie sie.
Mit ihren vor Erschöpfung starren Gliedern taumelte sie Schritt für Schritt vorwärts, ohne jedes Ziel, ohne Hoffnung, jemals irgendwo anzukommen, wo sie willkommen geheißen würde. Daran würde sie sich gewöhnen müssen; für die Missachteten gab es keine Rast. Im Vorübergehen besah sie sich die Häuser auf ihrer Seite des Weges. Sie wusste gar nicht, warum, sie konnte auch von dort keinen Beistand erwarten, niemand würde eine Verfemte wie sie einfach so bei sich aufnehmen. Wahrscheinlich war es ihr tiefstes, inneres Verlangen nach einem Refugium, einer Freistatt. Ihre geschundene Seele schrie geradezu nach einem Ort, an dem sie sich ein wenig erholen konnte, irgendein Versteck, das ihr Frieden und Geborgenheit versprach und in dem ihr die Sünde ihrer Andersartigkeit vergeben würde.
Überrascht blieb Daria stehen, als ihr etwas Unerwartetes ins Auge stach. An einem der Häuser waren zwei Klingelschilder angebracht und auf einem davon war das Wort ›Wahrsagerin‹ zu lesen. Hätte sie ihre Brille nicht aufgehabt, wäre es ihr wohl gar nicht aufgefallen, so schlicht war das Angebot dieser Dienste gehalten. Nur die Berufsbezeichnung und ein Name waren angegeben, in schmucklosen Lettern, die vom Gehweg aus kaum zu erkennen waren. Daria musste ein Stück näher herantreten, um auch den Namen entziffern zu können, hielt dann aber sofort wieder inne. Offenbar war dies Malivas Zuhause. Das eine Klingelschild gehörte zu ihrer Großmutter, der Wahrsagerin, das andere der Familie Amantă.
Neugierig besah Daria sich das Haus genauer. Es sah um einiges gepflegter aus als die umstehenden. Es musste erst vor kurzem renoviert worden sein, die Fassade erstahlte in einem so hellen Weiß, als wäre sie gerade frisch gestrichen worden, die Tür ließ keine Abuntzungserscheinungen erkennen und hinter den makellos sauberen Fenstern hingen leuchtend bunte Vorhänge. Einen Garten schien es nicht zu geben, es führten bloß zwei Stufen vom Bürgersteig unmittelbar zur Haustür hinauf.
Aufgeregt riss Daria den Kopf hoch. Vielleicht konnte Malivas Großmutter ihr helfen. Immerhin war sie eine Hellseherin, wenn irgendjemand wusste, wie sie dieses verdammte Ding, das ihr Leben ruiniert hatte, wieder loswurde, dann sie.
Sie hatte schon den Fuß auf die erste Stufe gesetzt, als ihr einfiel, dass sie ja ihr Portemoine in der Eile ihres Aufbruchs gar nicht eingesteckt hatte. Zweifelnd griff sie in die Taschen ihrer Hose und holte hervor, was sich in ihnen befand: Fussel in der einen Hand, ein benutztes Taschentuch in der anderen. Das war also ihr ganzer Besitz, die Kleidung, die sie trug und ein schmutztriefendes Taschentuch.
Was sollte sie denn jetzt nur tun? Das war die einzige Chance, die ihr noch blieb, doch wieder zurück zur Normalität zu finden, aber dafür würde die alte Frau sicher Geld haben wollen. Sie hatte keinen Grund, sich aus reiner Nächstenliebe um ihre Sorgen zu kümmern. Einen Augenblick lang überlegte Daria, ob Maliva ihr weiterhelfen könnte. Schließlich gingen sie in dieselbe Klasse, da würde sie bei ihrer Großmutter möglicherweise ein gutes Wort für sie einlegen, doch verwarf sie diesen Gedanken sofort wieder. Sie hatten einander noch nie ausstehen können und das würde sich wohl auch nicht so einfach ändern. Mittlerweile war die Kluft, die sie beide trennte, ganz ohne Frage nicht mehr zu überwinden. Sie hatten beide einen starken Willen; keine von ihnen würde sich der anderen gegenüber jemals einen Fehler eingestehen. Sie hatten sich im Umgang gegenseitig in verschieden Rollen gedrängt, und in denen steckten sie nun fest. Daria hatte sich ihr immer als überheblich gezeigt und Maliva sich ihr als eigensinnig.
Trotzdem war Daria keinesfalls der Meinung, sie ungerecht behandelt zu haben. Maliva mochte nett sein, wenn man sie näher kennenlernte, aber sie war einfach zu auffällig. Mit ihrer Kleidung und ihrem Äußeren stach sie zu sehr aus den anderen Mädchen hervor, da hatte Daria doch gar keine andere Wahl, als sich über sie lustig zu machen. Sie versuchte ja nicht einmal, ihre Besonderheiten zu verbergen, sondern hob sie im Folgenden sogar noch absichtlich hervor. Daria wusste nicht, ob es Malivas Eigentümlichkeit war oder ihre Weigerung sich unterzuordnen, aber durch irgendetwas an ihr fühlte sie sich fast ein wenig bedroht. Der Mittelpunkt war schließlich ihr Platz und sie war nicht bereit, den zu teilen. Mit ihren Anlagen besaß Maliva zumindest alles, was nötig wäre, um Daria von dort zu vertreiben: ihr Lächeln schlug einen unweigerlich in ihren Bann und ihre Schönheit war schlicht atemberaubend. Unter diesen Voraussetzungen hätten sie sogar Freunde werden können, wenn Maliva nur bereit gewesen wäre, sich mehr anzupassen.
Doch selbst wenn Daria sich jetzt entgegen ihrer Überzeugung bei ihr entschuldigt hätte, hätte Maliva ihr das niemals geglaubt, dazu war sie immer zu abweisend gewesen. Was also blieb ihr noch übrig? Das Gegenmittel all ihrer Qualen war in unmittelbarer Nähe, gleich hinter dieser Tür, musste sie da wirklich mit leeren Händen wieder umkehren, nur weil sie blöderweise ihren Geldbeutel vergessen hatte? Voller Verzweiflung dachte sie nach, ob es nicht noch irgendeine andere Möglichkeit gäbe – und tatsächlich, eine letzte kam vielleicht noch in Betracht.
Allerdings wäre diese Entsdcheidung mit einem gewissen Risiko verbunden. Sie war illegal und, tja, auch nicht besonders nett, aber das eine ergab sich wohl aus dem anderen. Dementgegen hatte sie nun nichts mehr zu verlieren. Was machte es schon, wenn man sie erwischen würde? Was hätte man ihr denn noch nehmen sollen, was sie nicht schon längst verloren hatte?
Von der Seite aus betrachtet hatte die Aussichtslosigkeit ihrer Lage fast etwas Positives an sich. Wenn man den Nadir erst einmal erreicht hatte, konnte man wenigsten unmöglich noch tiefer fallen. Von hier aus führten alle Wege nach oben. Sollte man sie ins Gefängnis stecken, hätte sie jedenfalls wieder ein Heim; einen Ort, an dem sie schlafen konnte und etwas zu Essen bekam. Was hätte sie sich in ihrem bedauernswerten Zustand mehr wünschen können?
Angesichts dieses Umstands, dass jede Konsequenz, die sich möglicherweise ergab, einzig eine Verbesserung darstellen konnte, beschloß Daria zu handeln, bevor sie es sich anders überlegte. Sie wusste, wenn sie noch länger zögerte, würde sie wahrscheinlich doch wieder von dieser Idee abkommen, also stieg sie schnell die paar Stufen hinauf, griff nach der Türklinke und drückte sie nieder. Wie sie erwartet hatte, war nicht abgeschloßen. In ihrem ehemaligen Zuhause hatten sie die Tür auch nur über Nacht abgesperrt. Grünberg war eben eine Kleinstadt, niemand rechnete damit, das jemand so unverfroren wäre, so wie sie am hellichten Tag in ein Haus einzubrechen. Sie kümmerte sich auch nicht darum, ob sie jemand beobachtete, jeder würde denken, dass sie hier wohnte. Demgemäß konzentrierte sie sich darauf, die Tür möglichst geräuschlos aufzudrücken, während sie vorgab, nichts Unrechtes zu tun.
Es klappte. Die Angeln gaben kein verräterisches Quitschen von sich, niemand auf der Straße schenkte Daria die geringste Aufmerksamkeit, sodass sie einfach eintrat und die Tür hinter sich ebenso leise wieder einrasten ließ. Als sie sich nach vorn wandte, blickte sie einen langen dämmerigen Flur hinab, an dessen Ende eine Treppe nach oben führte und von dem mehrere Türen zu beiden Seiten abgingen. Von weiter hinten waren gedämpfte Stimmen zu hören, was Daria dazu veranlasste, erst einmal still stehenzubleiben und sich mit einem Gefühl der Beklemmung unzuschauen. Der Puls hallte ihr in den Ohren wieder und ihr drückte die Blase, doch zwang sie sich zur Ruhe.
Gleich links von ihr wies ein weiteres Schild auf das Metier von Malivas Großmutter hin. Die Tür hob sich deutlich von den anderen in dem Korridor ab, was nicht nur an dem Relief einer Eule lag, das die Worte auf dem Schild umgab. Sie war dicker und schwerer, gearbeitet aus einem festen, sehr dunklen Holz. Dahinter musste sich ihr Weissagezimmer verbergen. Wenn es in diesem Haus irgendetwas gab, das Daria Heilung verprach, würde es da drin sein.
Entschlossen legte sie den Kopf an die Tür, um zu lauschen, konnte aber nichts hören. Der Raum schien leer zu sein. Schnell drückte sie die Klinke hinab, schob die Tür einen winzigen Spalt weit auf und zwängte sich geschmeidig wie eine Katze hindurch.
Sie hatte nicht gewusst, wonach sie eigentlich suchte, bis sie es jetzt sah: Bücher. Magische Gegenstände oder die geheimnisvollen Symbole, die hier überall eingezeichnet oder -geritzt waren, hätten ihr kaum genützt, sie hatte einfach keine Ahung, wie sie einzusetzen waren, Bücher jedoch beinhalteten genau das, was sie jetzt brauchte; das Wissen, um mit ihrem Problem fertigzuwerden. Sie hatte nie gern gelesen, dennoch hatte sie Bücher immer als eine Möglichkeit betrachtet, etwas zu lernen. Das hatten ihr schon ihre Eltern beigebracht und in der Schule hatte sie diese Lektion bestätigt gesehen. Was die Lehrer ihren Schülern auch vermitteln wollten, fast immer taten sie es mithilfe von Büchern.
Doch wo sollte sie hier anfangen? Zwar war der Raum klein, aber seine Wände waren vollkommen von Regalen bedeckt, jedes einzelne Fach vollgestopft mit Büchern unterschiedlichster Größe und Farbe. Es mussten Hunderte sein, die sich hier stapelten. Daria konnte auch keinesfalls abschätzen, wieviel Zeit ihr blieb. Jeden Augenblick konnte jemand durch die Tür kommen und dann wäre sie unvermeidlich entdeckt worden. Das Zimmer bot keinerlei Verstecke. Neben den Regalen gab es nur einen kleinen, runden Tisch und ein paar Stühle; ein großer, thronartiger, der wohl der Wahrsagerin vorbehalten war und zwei kleinere für ihre Klienten.
Trotzdem blieb Daria keine Wahl. Sie war nicht so weit gekommen, um jetzt kehrtzumachen. Abschätzend ging sie die Reihe an Büchern entlang und besah sich deren Rücken. Offensichtlich waren sie in mehreren verschiedenen Sprachen verfasst, einige waren deutsch, andere rumänisch oder lateinisch, manchen schien sogar ein ganz anderes Alphabet zugrunde zu liegen, und dann gab es welche, bei denen gar kein Titel erkennbar war. Das vereinfachte die Sache ein wenig, so brauchte sie sich nur auf den Teil zu konzentrieren, die sie auch tatsächlich verstand und das waren nicht allzu viele.
Erneut schritt sie die Regalwände ab auf der Suche nach einem passenden Band. Ein besonders prunkvoller fiel ihr auf. Er war in schwarzes Leder eingebunden und mit goldenen Lettern bestickt, die seinen Namen verrieten. Er lautete ›Verwünschungen – Schutzrituale und Gegenmittel‹. Sofort bleib Daria stehen und zog das Buch aus seinem Fach. Das war genau das, was sie brauchte: Schutz und ein Gegenmittel für das, was ihren Unterkörper befallen hatte. Sie war sich nicht sicher, ob es sich dabei wirklich um eine Verwünschung handelte, hielt es aber jetzt, da sie mit der Nase darauf gestoßen wurde, für ziemlich wahrscheinlich. Bestimmt hatte eine ihrer Rivalinnen sie verhext, eines dieser Mädchen, die sich immer bei ihr einschmeichelten, sie aber bei jeder sich bietenden Gelegenheit schlecht machten, sobald Daria ihnen den Rücke zukehrte. Entweder hatte sie dazu ein ganz ähnliches Buch benutzt, wie sie es nun in Händen hielt, oder sie war ebenfalls zu einer Hellseherin gegangen. Da gab es mit Sicherheit auch welche, die sich auf schwarze Magie verstanden.
Plötzlich musste Daria leise auflachen. Wie hatte sie sich denn in das Allerheiligste einer Wahrsagerin schleichen können? War das nicht unmöglich? Es war wohl, wie sie es vermutet hatte, Malivas Großmutter war eine bloße Hochstaplerin. Wahre Macht lag woanders.
Während sie noch immer kichernd über dieses Paradoxon das Buch in ihrem Schoß aufschlug, ging auf einmal die Tür auf und Maliva trat ein. Sie ging sogar ein paar Schritte in den Raum hinein, ehe sie verwirrt stehenblieb. Mit offenem Mund starrte sie das auf dem Boden hockende Mädchen an. Sie verstand nicht, woher die Fremde kam und was sie hier wollte, dann jdeoch fiel ihr auf, dass es gar keine Fremde war.
»D-Daria?«, vergewisserte sie sich stotternd. Ihre sonst so auf Äußerlichkeiten bedachte Klassenkameradin war kaum wiederzuerkennen. Die Kleidung, die sie anhatte, wirkte an ihr ebenso ungewöhnlich wie die simple Tatsache, dass sie eine Brille trug. Maliva hätte einfach nie erwartet, dass sie eine Sehschwäche hatte. Für sie verkörperte Daria praktisch den Inbegriff von Perfektion; sie hatte makelloses glattes, schwarzes Haar, makellose leuchtend grüne Augen und makellose sich sanft erhebende Brüste, da schien es einfach nicht richtig, dass sie diesen kleinen Makel aufwies. Das Befremdlichste an ihrem jetzigen Auftreten waren jedoch die seltsamen, weiß verkrusteten Flecken, mit denen sie besprenkelt war. In einer ausladenden geraden Linie bedeckten sie ihren gesamten Pullover, verklebten ihr die Haare und Reste davon waren sogar in ihrem Gesicht auszumachen. Unwillkürlich fragte Maliva sich, was das für ein Zeug war, aber eine viel dringendere Frage beschäftigte sie noch mehr: »W-was tust du denn hier?«
Daria war in der Zwischenzeit unfähig gewesen, sich auch nur im mindesten zu rühren. Ihre Glieder fühlten sich unendlich schwer an und das Blut rann ihr dickflüssig wie geschmolzenes Blei durch die Adern. Sie konnte nur still dasitzen und zu Maliva aufblicken, deren Gesicht zu einem Ausdruck absoluter Fassungslosigkeit erstarrt war. Daria wusste, was das bedeutete: Ihre Flucht würde von neuem beginnen. Man würde sie wieder davonjagen und sie würde sich weiterschleppen müssen, bis die Anstrengung sie übermannte. Doch dazu fehlte ihr jetzt die Kraft. Es gab keine Faser ihres Körpers mehr, die sich nicht vor Qualen wand, jeder Muskel in ihr brannte vor Ermüdung, kochendes Plasma schien ihre Lunge auszufüllen und ihr Herz hämmerte in Erwartung der Schreie, die nun folgen würden. Am Schlimmsten war jedoch, dass sogar ihr Geist darunter litt. Sie fühlte sich, als würde eine weitere Ablehnung sie vor Kummer in den Wahnsinn treiben, als würde ihr Verstand an dieser Mauer des Unverständnisses zerbrechen.
Dennoch, wäre es nur das gewesen, die Peinigungen ihres Fleisches und der Psyche, hätte Daria sie überwunden und wäre erneut vor der drohenden Abweisung fortgelaufen, aber nun hatte sie den Schlüssel zur Erlösung bereits gefunden, sie musste ihn nur noch einsetzen. In diesem Buch musste das Geheimnis zur Umkehr ihrer Verwandlung zu finden sein, sie hätte es einfach nicht ertragen, wenn man es ihr aus den Händen gerissen hätte. Bei dem Gedanken daran, diese einzigartige Chance auf eine Wiederherstellung auf ewig verloren zu sehen, sammelte sich Feuchtigkeit hinter ihren Lidern, ihre Augen wurden zu schimmernden Teichen und ehe sie es hätte verhinden können, brachen sich die Tränen erneut Bahn aus ihr, eine silbrige Spur auf ihren blassen Wangen hinter sich herziehend.
Schmerzerfüllt senkte Daria den Kopf. Es war ihr zuwider, dass Maliva sie in diesem Zustand sah, so hilflos, so unbeherrscht und verletztlich, doch die Angst um ihren neugewonnen Schatz war noch stärker. »Bitte«, wisperte sie zwischen unterdrücktem Schluchzen, »bitte schick mich nicht weg ...«
Daria dermaßen verzweifelt zu sehen, weinend und um Asyl flehend, traf Maliva völlig unvorbereitet. Es war seltsam, sie hatte voher nie darüber nachgedacht, aber irgendwie hatte sich sich gar nicht vorstellen können, dass Daria überhaupt eine solche Traurigkeit empfinden könnte, wie sie hier zum Vorschein kam. Für gewöhnlich war sie immer von einer Art überheblicher Gleichmut umgeben und die Beiläufigkeit, mit der sie über andere herzog, ließ kaum den Schluß zu, dass ihr bewusst war, wie sehr sie jemanden mit ihrem ausgrenzenden Verhalten verletzen konnte. Sie schien gar nicht fähig, unglücklich zu sein, ihr fehlte auch jeder Grund dazu. Auch wenn ihr betont würdevolles Auftreten nicht überall Anklang fand, war sie doch weithin geschätzt, die meisten mochten sie oder taten zumindest so, in der Schule war sie gut und ihre liebevollen Eltern überhäuften sie mit Geschenken.
Es konnte kein Zweifel bestehen, sowohl ihre derzeitige bemitleidenswerte Verfassung als auch ihre unerwartete Anwesenheit in diesem Haus, in dem sie nichts zu suchen hatte, konnte nur eine Ursache haben: den Fluch, den Maliva über sie verhängt hatte. Aber wie war das möglich? Hatte Daria irgendwie herausgefunden, was vorgefallen war und war nun hier, um nach einem Mittel zur Aufhebung zu suchen? Doch wie sollte sie darauf gekommen sein, dass sie verhext worden war und das ausgerechnet von Maliva?
Nein, ihr unvermuteter Überaschungsbesuch musste anders zustande gekommen sein, nur konnte Maliva sich beim besten Willen nicht erklären, wie sonst. Allerdings konnte sie sich im Moment auch nicht auf diese Frage konzentrieren, Darias stürmische Gefühlsaufwallung fegte jeden klaren Gedanken aus ihrem Kopf. Sie hatte gedacht, dass es eine kathartische Wirkung hätte, das Mädchen, das immer so gemein zu ihr gewesen war, im ganzen Ausmaß ihres Leids vor sich zu haben, die Tränen vergießend, die Maliva ihretwegen immer selbst in sich aufsteigen gefühlt hatte, doch das stimmte nicht. Sie hätte sich freuen sollen, sie hatte sie verflucht, um ihr wehzutun, und das hatte sie ohne Zweifel geschafft, aber nun, da sie dirkt mit dem konfrontiert wurde, was sie angerichtet hatte, war Schuld die einzige Emotion, zu der sie fähig war. Daria war nicht einfach nur niedergeschmettert, sie war offenbar an einem Punkt angelangt, aus dem sie keinen Ausweg mehr finden konnte. Sie machte den Eindruck, als sei sie ohne Aussicht auf Erlösung in den Abgründen der Verdammnis gefangen, und dafür war allein Maliva verantwortlich.
Möglicherweise war sie mit ihrer Bestrafung zu weit gegangen. Sie hatte Daria doch bloß zeigen wollen, wie es sich anfühlte, als Außenseiterin behandelt zu werden, aber irgendetwas musste schiefgelaufen sein. Sie hatte doch nur ihre Scheide in einen Penis verwandelt, eigentlich hätte ihr deswegen nichts Schlimmes widerfahren sollen, es bestand ja nicht einmal Grund dazu, dass irgendjemand davon erfuhr, trotzdem kniete Daria nun hier vor ihr auf dem Boden, wie eingehüllt in die Gewissheit eines grausamen, aber unabwendbaren Schicksals, das ihr bevorstand.
Doch welche Verkettung unglücklicher Ereignisse auch zu diesem Missgeschick geführt hatte, nun war es an der Zeit, dass Maliva anfing, ihren Fehler wiedergutzumachen. Vorsichtig schritt sie auf Daria zu, die Hände zu einer beruhigenden Geste erhoben. »Keine Sorge, ich schicke dich nicht weg.«
Beinahe ängstlich sah Daria mit tränenverschleiertem Blick zu ihr auf. »Nein?«
»Nein«, bestätigte Maliva, während sie den letzten Rest des kurzen Weges zu dem noch immer knienden Mädchen zurücklegte. Mehr Zutrauensbeweise waren anscheinend nicht nötig, auch so durchfuhr Daria ein unverkennbarer Strom tiefster Erleichterung. Ungehalten atmete sie auf, als sei eine Last von ihr genommen worden, die sie zu erdrücken gedroht hatte, und ihre angespannte Haltung lockerte sich ein wenig. Nun da ihre Gastgeberin ihr klar gemacht hatte, dass sie nicht die Absicht besaß, sie vor die Tür zu setzen, fand sie sogar zu einem Hauch ihrer üblichen Souveränität zurück. Mit durchgedrücktem Rücken erhob sie sich langsam, zupfte ihre ungewohnte Kleidung zurecht und richtete einen Blick auf Maliva, der zwar fest war, aber dennoch ihre Unschlüssigkeit verriet, während sie das Buch in ihren Armen so schützend an ihre Brust presste, als sei es eine unersetzliche Reliquie.
Sonst tat Daria aber nichts weiter, weder versuchte sie, ihre unerwartete Anwesenheit zu rechtfertigen, noch begann sie, ihre Geschichte zu erzählen, sodass es an Maliva war, die stockende Unterhaltung wieder auf die ürsprüngliche Frage zu lenken. »Trotzdem würde ich gerne wissen, wenn es dir nichts ausmacht, warum du eigentlich hier bist.«
»Das ist eine lange Geschichte«, seufzte Daria, »und wenn du sie erfährst, wirfst du mich wahrscheinlich doch noch raus.«
»Keine Angst«, meinte Maliva, »meine Brüder hab ich auch noch nicht rausgeschmissen, und die sind nicht viel weniger nervtötend als du.« Einen Moment lang hielt sie inne, als ihr eine weitere Lücke in der Nachvollziehbarkeit der Ereignisse einfiel, die nach Aufklärung drängte. »Wie bist du überhaupt hier reingekommen?«
»Na ja, die Tür war offen und da dachte ich ...«
Sich verlegen an das Buch klammernd verstummte Daria, doch griff Maliva die in der Luft hängende Erklärung auf und führte sie fort: »... da dachtest du, du könntest einfach so hier reinspazieren?«
»Ich ... ich ...«, stammelte Daria, ohne zu wissen, was sie antworten sollte. Ein Funkeln in Malivas Augen deutete darauf hin, dass es keine gute Idee wäre, ihr in dieser Angelegenheit recht zu geben, doch fiel ihr keine Erwiderung ein, die ihr Verhalten in irgendeiner Weise vertretbar hätte erscheinen lassen. Allmählich sah sie ein, dass sie wohl kaum auf Verständnis hoffen durfte, wenn sie Maliva ihr Geheimnis vorenthielt. Wie hätte sie ihr andernfalls die Verzweiflung und die Ausweglosigkeit ihrer Lage begreiflich machen sollen, die sie zu dieser Tat getrieben hatten? Dennoch konnte sie ihr natürlich unter keinen Umständen die wahre Beschaffenheit ihrer Misere anvertrauen, hätte das doch bloß eine neuerliche Enttäuschung nach sich gezogen. Für die Offenbarung ihrer Andersartigkeit wäre sie zweifellos aus dieser mühsam errungenen Zuflucht verstoßen worden und das hätte sie nicht ertragen, also blieb sie stumm, nachdem ihr Stottern mit einem langgezogenen Ausatmen verklang.
Eine umfassende Stille senkte sich über den Raum, wie Dunkelheit bei Einbruch der Nacht. Mit verschränkten Armen betrachtete Maliva ihre ungebetene Besucherin, während die Welt um sie herum stillzustehen schien. Kein Laut war zu hören; niemand sprach, keine Verkehrsgeräusche drangen von draußen herein und nichts regte sich. Einige leuchtende Sonnenstrahlen fielen durch den dichten Vorhang, der das Zimmer in dämmrigem Zwielicht hielt und erhellten eine Ansammlung winziger schwebender Staubkörner, die in ihrem Schein schwerelos umhertanzten, doch das blieb die einzige wahrnehmbare Bewegung. Daria machte jedenfalls keine Anstalten weiter fortzufahren, sie stand einfach mit hängenden Schultern da, den Kopf gesenkt und wie vergraben unter dem Schweigen, das die Luft zwischen ihnen scheinbar zu einer zähen Flüssigkeit hatte erstarren lassen.
Einen nur schwach hörbaren Seufzer ausstoßend gestand Maliva sich ein, dass sie so wohl nichts aus Daria herausbekommen würde. Sie hatten sich nie gut verstanden, warum sollte sie ihr jetzt vertrauen? Sie beschloß, dass es das Beste wäre, sich erst einmal langsam aneinander heranzutasten, doch dazu war dieser Ehrfurcht gebietende, absichtlich so eingerichtete Raum, dass er einschüchternd wirkte, wohl nicht der richtige Ort. Wenn Daria sich ihr öffnen sollte, musste sie sich irgendwo befinden, wo sie sich wohlfühlte.
»Tja«, brach sie schließlich die drückende Stille, »willst du vielleicht erstmal mit auf mein Zimmer kommen?«
Daria nickte ergeben, verharrte aber davon abgesehen ebenso reglos wie zuvor. Erst als Maliva sich zur Tür wandte, um sie hinauszuführen, folgte sie ihr einen Schritt weit, blieb jedoch sofort darauf wieder stehen. Maliva bemerkte das und sah mit einem fragenden Blick in den hellbraunen Augen zu ihr zurück. Unsicher versuchte Daria ihm standzuhalten, was ihr aber nur kurz gelang. Bald ließ sie erneut den Kopf hängen und betrachtete Malivas Füße, als seien sie plötzlich von allergrößtem Interesse für sie.
»Kann ich ... kann ich das Buch mitnehmen?«, fragte sie, das vermeintlich unerlässliche Mittel zu ihrer Regeneration noch immer fest an sich gedrückt.
Maliva besah sich den auffällig geschmückten Band flüchtig. Er war kein kein echtes Grimoire, sondern nur eines der Bücher, die ihre Großmutter hier angehäuft hatte, um mögliche Interessenten ihrer Künste zu beeindrucken. Nachsichtig nickte sie, dann ging sie endlich zur Tür hinaus. Diesmal folgte Daria ihr ohne weiteres Aufsehen und gemeinsam schritten sie den Korridor in Richtung Treppe entlang.
Als sie am Wohnzimmer vorüberkamen, war es Maliva, die zögernd innehielt. Mit einem Mal erinnerte sie sich wieder daran, wieso sie überhaupt in das Weissagezimmer gekommen war. Eigentlich hatte sie im Moment gerade ihren Hexenunterricht. Jeden Freitag Nachmittag wies ihre Großmutter sie in die Geheimnisse ihrer Zunft ein. Bisher hatte sie das immer in ihrem Weissagezimmer getan, dies war das erste Mal, dass sie dazu das Wohnzimmer benutzten. Das alleine war also bereits ungewöhnlich genug, noch seltsamer war allerdings, dass Maleva sie nun noch kurz vor Ende des Unterrichts in das Weissagezimmer geschickt hatte, um ein Buch zu holen. Sonst durfte sie es ohne Aufsicht nicht einmal betreten, geschweige denn die alten, überaus seltenen Grimoires darin auch nur berühren, jetzt schien diese Regel aber nicht zu gelten. Maliva fragte sich, warum sie die Stunde nicht gleich in dem Raum abgehalten hatten, wenn sie für die Lektion ohnehin eines der Bücher benötigten, doch war die Antwort auf diese Frage auch gar nicht weiter von Bedeutung, viel wichtiger war zunächst einmal, dass sie sich bei ihrer Großmutter abmeldete.
Mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen steckte sie den Kopf zur offenen Tür des Wohnzimmers herein, in dem ihre Mutter und ihre Großmutter zusammen saßen. »Äh, das ist Daria«, sagte sie und deutete auf das Mädchen hinter sich, »eine Freundin von mir. Ich hab sie gerade zufällig getroffen. Es ist doch nicht schlimm, wenn ich mit ihr auf mein Zimmer gehe, oder? Wir waren ja sowieso fast fertig, den Rest hole ich beim nächsten Mal nach, okay?«
Maleva saß noch in dem breiten Sessel vor dem Couchtisch, wo sie ihr die wirksamsten Techniken für eine möglichst tiefe Konzentration beigebracht hatte. Nun zog sie zweifelnd eine Augenbraue hoch. »Du hast hier auf dem Flur zufällig deine Freundin getroffen?«
Malivas Lächeln bekam etwas Gequältes. Sie hätte gut auf dieses Nachhaken verzichten können, doch leider lag es in der Natur ihrer Großmutter, alles ganz genau wissen zu wollen. Mit den schmalen Augen und der zu einem Zopf zurückgekämmten Frisur sah sie wie eine strenge Lehrerin aus, was sie in gewisser Weise auch war. Obwohl sie immer verständnisvoll blieb, ließ sie keine Nachlässigkeit und kein Versäumnis ungestraft. Auch wenn sie bereits Anfang 60 war und sich keine Mühe gab, die Auswirkungen ihres Alters zu verschleiern, war ihre Schönheit noch immer unverkennbar. Zwar war ihr einstmals mitternachtsschwarzes Haar inzwischen von grauen Strähnen durchzogen und einige sanfte Fältchen umspielten ihre Züge, trotzdem war sie eine imposante Erscheinung, die man automatisch respektierte. So fiel es Maliva nicht leicht, sie anzulügen, doch in diesem Fall musste es einfach sein.
»Äh, nein, ich meinte, sie war an der Tür.«
Ihre Mutter hatte während des Unterrichts auf dem Sofa gesessen und gelesen, nun legte sie ihr Buch beiseite und musterte Maliva mit einem unergründliche Lächeln. »Oh, wirklich? Wir haben die Türklingel gar nicht gehört.«
Sie hatte ein sehr viel weniger ernstes Gesicht, ihre Miene war weich und wurde stets von einem warmen, liebevollen Ausdruck umschmeichelt, was keineswegs hieß, dass es Maliva leichter gefallen wäre, sie zu belügen. Im Gegenteil, wie von selbst senkte sich schuldbewusst ihr Blick, als sie sagte: »Sie hat auch gar nicht geklingelt. Ich hab sie vor der Tür stehen sehen, als ich da vorbeikam und hab sie gleich reingelassen.« Dann hob sie die Augen wieder und ihre Stimme wurde fester. »Also können wir dann hoch zu mir?«
Einen Moment lang lächelten ihre Mutter und ihre Großmutter sich gegenseitig an, als hätte eine von ihnen einen Witz gemacht, den nur sie beide verstanden. »Sicher, mein Schatz«, sagte Frau Amantă, »geht nur.«
»Ja«, fügte Maleva noch hinzu, »es reicht, wenn wir nächste Woche weitermachen.«
Maliva nickte dankbar. »Gut, dann bis später«, rief sie, drehte sich um und schob Daria sanft in Richtung Treppe.
Während sie die gewundenen, knarzenden Holzstufen hochstiegen, fragte Daria plötzlich: »Warum hast du ihnen nicht die Wahrheit gesagt? Dass ich hier eingebrochen bin und wir gar keine Freundinnen sind?«
»Ach«, winkte Maliva unbekümmert ab, »das würde bloß Probleme machen. Es ist besser, wenn sie nichts davon wissen.«
Gedankenverloren tappte Daria hinter ihr her die Treppe hinauf und einen kurzen engen Gang entlang, bis zu einer Tür auf der rechten Seite, vor der Maliva stehenblieb. Nachdem sie eingetreten waren, fanden sie sich in einem kleinen hellen Raum mit einer Dachschräge in der gegenüberliegenden Wand wieder. Es war aufgeräumt und sauber, wenn auch nicht mit derselben Penibilität, wie Darias eigenes Zimmer, nur ein achtlos auf dem ansonsten hinreichend gemachten Bett liegengelassener Schlafanzug und ein Durcheinander von Notizen, Schulheften und Krimskrams auf dem Schreibtisch störten das Bild der Ordnung. Die Einrichtung hingegen folgte keinem klaren Stil, sie schien mehr zufällig zusammengestellt worden zu sein. Das Bett war die einzige Sitzgelegenheit, abgesehen von einem Stuhl, der unter den Schreibtisch geschoben war, außerdem gab es noch einen Kleiderschrank, der nicht einmal halb so groß wie ihrer war, und ein Bücherregal. Das war alles. Es gab weder einen Fernseher, noch einen Computer, dafür war das Bücherregal allerdings beeiendruckend. Natürlich war die Sammlung hier nicht annäherend so gewaltig wie die ihrer Großmutter, doch war es ein ausladendes Regal, das dermaßen mit Büchern vollgequetscht war, dass buchstäblich kein Platz mehr übrigblieb. Sogar über ihm stapelten sie sich bereits fast bis zur Decke. Zudem beschäftigten sie sich hauptsächlich mit einer anderen Thematik als die kleine Bibliothek im Erdgeschoss. So weit Daria es überblicken konnte, waren es vor allem Science-Fiction-Romane, die sich hier aneinanderreihten. Sie selbst besaß nur wenige Bücher, eigentlich nur welche, die sie für die Schule hatte lesen müssen und welche, die ihre Eltern ihr füher vorgelesen hatten, als sie noch kleiner war. Umso erstaunter war sie jetzt über die schiere Menge, die ihre Klassenkameradin zusammengetragen hatte.
»Hast du die alle gelesen?«, fragte sie staunend.
»Die meisten«, antwortete Maliva schulterzuckend. »Irgendwie kauft man ja selten nur ein Buch, wenn man in einen Buchladen geht, sondern eben ein paar mehr. Man will ja nicht zweimal die Woche dahin gehen, und so kann man ein bisschen vorausplanen, wann man was lesen will.« Sie sprach leichthin, ganz so als würde sie sich bloß mit einer alten Freundin unterhalten, doch innerlich war ihr klar, dass nichts an dieser Situation alltäglich war und letztlich hatte sie Daria nicht mit nach hier oben genommen, um mit ihr über Lesegewohnheiten zu diskutieren. »Setz dich«, sagte sie mit einer unbestimmten Geste in den Raum hinein, die andeuten sollte, dass sie sich einen Platz aussuchen konnte, während sie selbst sich auf das Bett sinken ließ.
Vor diese Wahl gestellt blickte Daria sich ein weiteres Mal um. Sich neben Maliva auf das Bett zu setzen kam ihr zu intim vor. Sie hatte schon oft bei Freundinnen auf dem Bett gesessen, doch so nahe standen sie sich einfach nicht, außerdem war es ihr erster Besuch hier, da hielt sie ein solches Zeichen der Vertrautheit kaum für angebracht. Somit blieb nur noch der kleine Bürostuhl vor dem Schreibtisch. Zaghaft trat Daria dort hin, zog ihn hervor und setzte sich.
Dann saßen sie sich eine Weile schweigend gegenüber, jede die andere abschätzend betrachtend, bis Maliva sich ein Stück weit vorlehnte, als würde sie sich mit Daria über ein streng vertrauliches Problem beraten wollen. »Also, erzähl mal, wieso bist du hierher gekommen?«
Auf dem etwas unbequemen Stuhl vor Maliva sitzend, die sie vom Bett aus mit auf die Kante gestützten Armen durchdringend ansah, fühlte Daria sich wie eine Angeklagte vor der Richterbank und als wäre genau das der Fall, wurde nun ein Geständnis von ihr erwartet. Wie jeder Denunziatin boten sich ihr zwei Auswege aus diesem Verhör: Sie konnte entweder alle Vorwürfe von sich weisen oder die Wahrheit erzählen. Ihr erster Impuls war es natürlich zu leugnen, zu sagen, dass alles ein Missverständnis sei, sie hätte nie vorgehabt, etwas Unrechtes zu tun. Immerhin war ihr Geheimnis zu erschütternd, um es mit irgendjemandem zu teilen, und jedesmal, wenn sie es doch getan hatte, war sie noch tiefer in den Abgrund des Elends gestürzt worden.
Andererseits brauchte sie nun einmal unzweifelhaft Malivas Hilfe. Nur sie konnte ihre Großmutter bitten, ihr in dieser Angelegenheit beizustehen und an wen, wenn nicht an diese Wahrsagerin, hätte sie sich mit ihrem Leid wenden sollen? Falls es wirklich eine Art Zauber war, der über sie verhängt worden war, war dies der einzige Stand, der ihr Heilung versprechen konnte. Was sollte es denn auch sonst sein? Jedenfalls bezweifelte Daria inzwischen, dass es sich um irgendeine abstruse seltene Krankheit handelte, und wenn es das nicht war, blieben nicht mehr viele Erkärungen übrig. Sie war zumindest zu dem Schluss gelangt, dass ihr Zustand keine so banale Ursache haben konnte. Doch wenn die Hellseherin und ihre Enkelin sich ihrer annehmen sollten, mussten sie wenigstens wissen, worum es überhaupt ging. Außerdem hatte Maliva sie nicht sofort verscheucht, obwohl sie sich unbefugt in ihr Heim geschlichen hatte, und sie nicht einmal bei ihrer Mutter verraten. Vielleicht würde sie nicht so ablehnend reagieren wie die anderen, die von ihrer Verwandlung erfahren hatten, vielleicht würde sie sich nicht so leicht abschrecken lassen und ihr trotz allem einen Gnadenerlass zugestehen?
Daria befürchtete, dass sie es darauf ankommen lassen musste; es gab sonst einfach keine Alternative. Also stieß sie vernehmbar die Luft aus, die sie angstvoll eingesogen hatte, und begann ihre Beichte.
Obwohl sie ihr Geschick möglichst kurz und ohne unnötige Ausschweifungen schilderte, lauschte Maliva ihr gebannt. Sie war überrascht zu hören, dass Daria mit Theresa geschlafen hatte. Zwar riss sie diesen Umstand nur flüchtig mit niedergeschlagenem Blick und sanfter Stimme an, ohne auch nur die geringste Einzelheit preiszugeben, trotzdem zuckte Maliva dabei erschrocken zusammen. Sie wusste gar nicht, was genau sie daran so sehr verstörte. Sie hatte selbstverständlich nicht erwartet, dass Daria diesen Fluch gleich dazu nutzen würde, mit ihrer besten Freundin ins Bett zu hüpfen, schließlich sollte es eine Strafe sein, keine Entschuldigung dafür, ihre Klassenkameradinnen zu verführen, doch ihr war klar, dass das nicht alles sein konnte. Wahrscheinlich konnte sie es einfach nicht fassen, dass sie ausgerechnet mit einem anderen Mädchen rumgemacht hatte. Das hätte sie dieser Tugendhaftigkeit in Person niemals zugetraut.
Allerdings blieb ihr keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Daria berichtete mittlerweile, wie sie aus ihrem Zuhause geflohen war und hier durchströmte Maliva eine sengende Woge aus Mitgefühl und Schuld. Das hatte sie nun wirklich nicht gewollt. Ja, es hatte ausdrücklich zu ihrem Plan gehört, Daria wehzutun, sie hatte leiden sollen für das, was sie ihr angetan hatte, doch hatte sie nicht vorgehabt, sie deshalb ihrer Familie zu entreißen. Sie hatte in keiner Weise ihr ganzes Leben zerstören wollen, dennoch hatte sie genau das irgendwie zustande gebracht.
Mit einem Mal wurde ihr das volle Ausmaß ihrer Tat bewusst. Obwohl Maliva ihr nur eine kleine Lektion in Sachen Gerechtigkeit hatte erteilen wollen, hatte sie offensichtlich ihr gesamtes Sozialgefüge vernichtet. Dass Darias Freund sie verlassen hatte, rief in ihr kein außerordentliches Bedauern hervor. Nach allem, was sie gerade über ihn gehört hatte, schien das kein großer Verlust zu sein, aber dass sogar Theresa, die ständig um sie herum war, und ihre Eltern sich von ihr losgesagt hatten, erschrak sie zutiefst. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, von der eigenen Familie verstoßen zu werden. Sie selbst war immer gut mit ihren Eltern ausgekommen, ebenso wie mit ihren Brüdern. Die gingen ihr zwar oft auf die Nerven, trotzdem wusste sie, dass sie sich auf sie verlassen konnte, wenn sie wirklich ein Problem hatte. Ohne dass sie je viel darüber nachgedacht hatte, war ihr Elternhaus für sie ein Ort des Rückzugs und der Geborgenheit. Hier war sie zu Hause, hier wurde sie geliebt und akzeptiert.
Das galt besonders, seit sie in Grünberg wohnten. Als sie noch in der Großstadt gelebt hatten, hatte Maliva durchaus ein paar Freunde gehabt, doch hier hatte sie keinen richtigen Anschluss gefunden. Daran war vor allem Daria schuld. Auch ohne ihr Zutun wäre Maliva mit Sicherheit nicht beliebt gewesen, dazu war sie in der geschloßenen Dorfgemeinschaft einfach zu hervorstechend, aber nachdem Daria sofort angefangen hatte, sich über sie lustig zu machen, ignorierte man sie erst recht. Niemand hätte es gewagt, sich mit ihrem Lieblingsopfer anzufreunden, ob nun aus tatsächlicher Ablehnung Maliva gegenüber oder um nicht selbst zur Zielscheibe des Spotts zu werden.
Daria war zwischendurch ins Stocken geraten und es fiel ihr sichtlich schwer fortzufahren, doch bald fing sie sich wieder. Als sie von ihrem kurzen Wiedersehen mit Theresa berichtete, erschrak Maliva noch heftiger. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte in dem Buch nirgends gestanden, dass der Fluch sich weiter ausbreiten würde. Wie hatte das nur geschehen können? Entgeistert starrte sie ihre Mitschülerin an, während die ihre anschließende Flucht aus Theresas Zimmer und in dieses Haus der Weissagungen schilderte, wobei sie erneut ausdrücklich darauf hinwies, dass sie sich nur hier eingeschlichen hatte, weil sie so verzweifelt gewesen war und keine Ahnung gehabt hatte, wo sie sonst hätte Zuflucht suchen können.
Von diesen Beteuerungen bekam Maliva allerdings kaum etwas mit. Sie war noch immer wie betäubt von der Enthüllung des Übergreifens ihrer Verwünschung. Ohne Frage musste sie diesen Bann sofort wieder aufheben. Daria hatte zweifellos genug unter ihm gelitten. Maliva hatte erreicht, was sie wollte, sie hatte ihr nur begreiflich machen wollen, wie man sich als Außenseiterin fühlte, und diese Erfahrung hatte sie mit Sicherheit gemacht. Diese Maßnahme hatte also ihren Zweck erfüllt, doch neben der Frage nach der Notwendigkeit war es nun auch eine der Unabwägbarkeit geworden. Es war einfach nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn diese Epidemie noch weiter um sich griff. Zwar wussten beide betroffenen Mädchen um die Infektionsgefahr ihrer auf unnatürliche Weise erlangten Geschlechtsorgane, da sollten sie sich eigentlich ausreichend unter Kontrolle haben, diesen Fluch nicht in einem erneuten Akt weiterzugeben, trotzdem konnte Maliva sie natürlich nicht in diesem Zustand lassen. Das hatte sie ohnehin nie gewollt. Das ganze hatte von vorneherein nur ein paar Tage dauern sollen, gerade solange, dass Daria Gelegenheit hatte, sich Gedanken über ihr Benehmen zu machen, da musste sie es nun eben etwas früher beenden.
Ein wenig beklommen fragte sie sich, wie sie das anstellen sollte. Ihr war von kleinauf beigebracht worden, dass sie niemals ihre Fähigkeiten preisgeben durfte. Zwar erwachten die erst mit der Pubertät, sodass sie selbst sie noch gar nicht lange besaß, dennoch war Magie für sie stets etwas Alltägliches gewesen. Sie war oft genug zugegen gewesen, wenn ihre Mutter oder Großmutter gezaubert hatten, und sie hatten nie einen Zweifel daran gelassen, dass Maliva irgendwann ebenfalls dazu in der Lage sein würde. Deshalb war es ihr anfangs schwergefallen zu verstehen, warum sie mit niemandem darüber sprechen durfte, auch wenn ihr immer wieder klar gemacht wurde, dass sie in dieser Hinsicht etwas Besonderes waren. Vor allem ihre Großmutter hatte unerlässlich auf die Wichtigkeit dieses Verschwiegenheitsgebotes hingewiesen, und Maliva konnte auch nachvollziehen, weshalb ihr dieses Thema so sehr am Herzen lag, nachdem ihr die Gründe für ihre Verbannung aus dem Hexenorden bekannt geworden waren. Selbst ihre engsten Vertrauten hatten sich vor Maleva gefürchtet, als sie erkannten, dass niemand ihre Sprüche würde rückgängig machen können, wie sollten da erst Menschen reagieren, sollten sie von der wahren Macht dieser Wahrsagerin erfahren?
Doch wie sollte sie nun den Fluch aufheben, ohne ihr Schweigegelöbnis zu brechen? Sie hatte Daria gerade erst Zuflucht in ihrem Zimmer gewährt, da konnte Maliva sie jetzt unmöglich schon wieder fortschicken, nicht nach allem, was sie ihretwegen hatte durchstehen müssen. Jeder, den sie kannte, hatte sie zur Geächteten erklärt, sie hatte ihr Zuhause und ihre Freunde verloren, und saß nun hier mit von Tränen geröteten Augen und mitgenommen wie die Heimatlose, zu der sie offensichtlich geworden war, an dem einzigen Ort, von dem sie nicht überraschend abgewiesen werden konnte, weil sie dort nie willkommen gewesen war: bei ihrer einstigen Feindin.
Nein, Maliva hatte nicht vor, sie auch noch dieser letzten Hoffnung zu berauben, aber was sollte sie stattdessen tun? Sich zur Toilette entschuldigen, um sie unbemerkt von ihrem Anathema zu erlösen? Würde das Daria nicht unweigerlich ahnen lassen, wer für dafür verantwortlich war? Es musste sie doch stutzig machen, wenn ihr Schwanz ebenso plötzlich wieder verschwand, wie er aufgetaucht war, sobald die Person, der sie dieses Geheimnis gerade enthüllt hatte, nur kurz den Raum verließ. Was hätte Maliva in einem solchen Fall schon von einem Mädchen zu erwarten, das ihr sowieso nicht sonderlich zugetan war? Einzig Unverständnis, Furcht und letztlich Hass, so viel stand fest. Maliva war schon zu oft ausgeschlossen worden, um nicht zu wissen, wie diese Dinge ihren Lauf nahmen. Wenn Daria auf diese Art herausfand, wie andersartig sie wirklich war, würde sie gar nicht ander können, als sich von ihr bedroht zu fühlen, und jede mögliche Bedrohung wurde von Menschen mit augenblicklicher Gegenwehr bekämpft. Diese simple Tatsache hatte ihr ganzes bisheriges Leben bestimmt, von der Auswanderung ihrer Eltern noch vor ihrer Geburt bis hin zu ihrer gegenwärtigen Fehde mit Daria. Vielleicht würde sie diese Entdeckung etwas mitfühlender aufnehmen, wenn Maliva sie ihr selbst offenbarte, außerdem hatte sie es wohl wenigstens verdient, die Hintergründe ihrer Verwandlung erkärt zu bekommen. Sie hatte die körperlichen wie seelischen Qualen eines Eingriffs in ihren Intimbereich erdulden müssen, sie war alleingelassen, verjagt und verstoßen worden; da war Maliva ihr zumindest diese kleine Wiedergutmachung schuldig, entschied sie, so viel dabei für sie auch auf dem Spiel stehen mochte.
Die Gelegenheit dazu war gekommen, als Daria schließlich das Ablegen ihres Bekenntnisses vollendet hatte. Plötzlich aufblickend, nachdem sie zuvor die ganze Zeit über schuldbewusst zu Boden gestarrt hatte, sagte sie: »Und deshalb bin ich hier. Ich dachte, da ich deine Großmutter nicht um Hilfe bitten kann, finde ich vielleicht etwas in diesem Buch.« Bedächtig hob sie das Buch, das sie wie ein nur mit äußerster Umsicht zu behandelndes Kleinod in den Schoß gelegt hatte, während ihre Stimme zu einem schwachen, von unausgesprochener Angst erfüllten Flüstern herabsank. »Als, kann ich ... kann ich es lesen?«
»Das könntest du schon, aber es wird dir wohl kaum etwas nutzen«, sagte Maliva voll von echtem Bedauern. Es wäre so einfach, könnte sie Daria ein Buch in die Hand drücken, mit dem sie ihr Problem selbst lösen könnte. Dann müsste sie ihr nichts über sich erzählen, ihr nicht die Verfehlung eingestehen, die sie ihr gegenüber begangen hatte und auch nicht ihr wahres Wesen. So jedoch blieb ihr keine andere Wahl. Selbst wenn sie Daria das Buch gegeben hätte, aus dem der Spruch stammte, hätte sie nichts damit anfangen können. Ihr fehlten nun einmal die natürlichen Voraussetzungen, um Magie zu wirken.
Darias Gesicht verdüsterte sich. Sie hatte schon vorher einen gebrochenen Eindruck gemacht, wie ein ausgesetztes Kind, das sich in einer völlig fremdartigen Umgebung verirrt hatte, doch war unter all der Mutlosigkeit ein winziger Funken Hoffnung zu erkennen gewesen, der in den Tiefen ihrer Augen glomm. Nun aber war der erloschen und sie wirkte endgültig wie eine verlorene Seele. »Was ... was meinst du damit?«, fragte sie keuchend nach, in dem schmerzversunkenen Tonfall von jemandem, dem soeben ein Messer ins Herz gestoßen worden war.
»Na ja, das ist kein echtes Zauberbuch. Meine Großmutter hat es nur als ... als Zierde gekauft. Es enthält keine tiefergehenden Geheimnisse. Sogar wenn du darin einen Ritus oder sowas für deine ... speziellen Anforderungen findest, würde er nicht funktionieren.«
»Woher willst du das denn wissen?!«, rief Daria mit unvermitteltem Ungestüm aus, als könne sie den Gedanken nicht ertragen, sich an einen falschen Heilsbringer geklammert zu haben, ohne den ihre ganze Existenz sinnlos zu werden schien, und sie selbst zu einem Elend verdammt, aus dem es kein Entrinnen gab. Alles, woran sie glauben konnte, jedes Vertrauen auf eine Erlösung, die sie möglicherweise irgendwann überkommen würde, war ihr genommen worden.
Somit war für Maliva der Augenblick gekommen, vor dem sie sich gefürchtet hatte; der Augenblick, in dem sie sich Daria zu erkennen geben musste. Doch wie sollte sie das tun? Wie sollte sie Daria ihre Fähigkeiten eröffnen, ohne dass sie sich vor ihnen fürchtete? Dies war ein Geheimnis, das Maliva niemals jemandem anvertraut hatte, und von dem sie auch nicht gedacht hatte, dass sie es jemals jemandem würde anvertrauen müssen, sodass sie sich nie irgendwelche Gedanken über dieses Thema gemacht hatte. Wie sollte Daria sich schon nach einer solchen Offenbarung verhalten? Sie musste doch unweigerlich Angst vor einer Hexe empfinden, vor einem Mädchen, das in das Gefüge der Realität eingreifen konnte, um es nach ihrem Willen umzugestalten, und was würde sie dann mit ihrem gewonnen Wissen anfangen? Sie würde es weitertragen, in der Hoffnung, dass jemand ihr helfen würde, der Polizei zum Beispiel, die eine Untersuchung veranlassen würde, und sollte dabei auch nur der geringste Verdacht aufkommen, dass an diesen Anschuldigungen etwas Wahres sein könnte, würden weitergreifende Maßnahmen nicht lange auf sich warten lassen. Wieder einmal würde Maliva und ihre Familie verbannt werden; gedemütigt, vertrieben und zur Jagd freigegeben.
Dennoch, barg nicht jeder Untergang auch einen Neuanfang in sich? Welten verbrannten, damit sich aus ihrer Asche ein Abkomme erheben konnte. Möglicherweise waren diese künftigen Universen sogar besser; Universen, in denen es keinen Verrat, keinen Betrug und keine Hinterlist gab. Alles verging und wurde wiedergeboren, unablässig starben Zellen ab und wurden durch neue ersetzt, ebenso wie Atome ihren Zusammenhalt verloren und sich zu neuen Molekülen verbanden. Bei genauerer Betrachtung hatte sie nicht einmal einen Grund dazu, sich Sorgen wegen Darias Aufnahme ihrer magischen Kräfte zu machen. Sollte es zum Schlimmsten kommen, konnte sie immer noch ihr Gedächtnis löschen oder sie in einen Stein verwandeln.
Noch bestand allerdings die Aussicht, ohne solch drastische Mittel auszukommen. Maliva musste versuchen, es ihr so schonend wie möglich beizubringen, vielleicht würde diese Mitteilung sie dann nicht gleich völlig aus der Bahn werfen. »Ich ...«, begann sie behutsam in einem kaum hörbaren, zutraulichen Wispern, »ich bin eine Hexe.«
Diese eigentlich ungeheuerliche Feststellung entlockte Daria jedoch nur ein abschätziges Schulterzucken. »Ich weiß«, antwortete sie ausdruckslos. »Hab ich dir das nicht schon oft genug selbst gesagt?« Die Beleidigung war ganz reflexartig ausgesprochen worden. Sie war es so gewohnt, über Maliva herzuziehen, dass sie diese Vorlage nutzte, ohne weiter darüber nachzudenken. Erst im Nachhinein begriff sie wirklich, was ihr soeben gestanden worden war.
Maliva konnte konnte sogar deutlich sehen, wie die Erkenntnis langsam bis in Darias Hirn durchsickerte. Ihre Augen weiteten sich, ihr Mund klappte auf und zu, ohne dass ein Ton aus ihr hervorkam, und ein Ausdruck der Fassungslosigkeit überkam ihr Gesicht. Maliva kam es so vor, als befände sich in diesem Moment alles in der Schwebe. An diesem einen Punkt war schlechthin alles möglich. Ihr Schicksal schien den schmalen Grat eines schwindelerregenden Abgrunds entlangzutanzen; ein einziger Schritt entschied über den Sturz in unermessliche Tiefen oder die Geborgenheit vertrauten Bodens unter den Füßen, Kataklysmus oder Katharsis.
»Eine ... Hexe ...?«, krächzte Daria schließlich heiser, bevor noch die logische Konsequenz dessen in ihr Bewusstsein drang. »Dann ...«, versuchte sie bar jeder Kontrolle über Körper oder Geist ihre Schlußfolgerung zum Ausdruck zu bringen, doch versagte ihr die Stimme bereits nach dem ersten erschüttert dahingehauchten Wort.
Maliva verstand sie trotzdem; es war immerhin offensichtlich, worauf Daria hinauswollte. Ja, sie war es, die dafür verantwortlich war, dass ihr Leben nun in Trümmern lag. Konfrontiert mit ihrer Tat brachte Maliva zunächst nur ein wie ausgezehrt erscheinendes Nicken zustande. Manchmal, besonders in Situationen wie diesen, wenn sie gezwungen war, ihre tiefempfundensten Gefühle in Worte fassen zu müssen, kam sie sich in ihrem Körper wie eingemauert vor. Wie konnte sie Daria die Beweggründe für ihr Handeln begreiflich machen, die Eindrücke der Machtlosigkeit und Unzulänglichkeit, die sie dazu getrieben hatten? Wie hätte sie zugleich darauf hinweisen sollen, wie falsch ihr das ganze mittlerweile vorkam, und dass sie nicht gewollt hatte, dass sich die Ereignisse so entwickelten, wie sie es getan hatten? Sie hatte doch nicht wissen können, welche Folgen das alles nach sich ziehen würde. Ihre präkognitiven Fähigkeiten waren noch nicht voll ausgebildet. Ihre Mutter und ihre Großmutter ahnten oft im Voraus, wie sich gewisse Vorgänge auswirkten, doch sie selbst hatte bisher nur höchst selten Eingebungen dieser Art gehabt.
Magische Kräfte traten erst im Laufe der Pubertät nach und nach zutage, wobei sich Hellsichtigkeit relativ spät herausbildete. Insofern war Maliva einigermaßen stolz auf sich, dass sie überhaupt schon ein paar Visionen gehabt hatte, für gewöhnlich begannen sie nicht so früh einzusetzen. Aus diesem Grund wartete man mit dem Hexenunterricht auch bis zum dreizehnten Lebensjahr. Zu diesem Zeitpunkt waren diese Begabungen schon vorhanden, aber noch nicht ausgeprägt genug, um weitreichende Beeinflussungen in den Mechanismen der Natur vornehmen zu können. Die Unterweisungen der ranghöchsten Hexe innerhalb des Zirkels dienten daher einzig der Verfeinerung im Umgang mit dieser ohnehin angeborenen Veranlagung sowie der Weitergabe von mühsam errungenem Wissen.
»Es tut mir leid«, fasste Maliva ihre Emotionen gegenüber Darias Verwünschung letztlich zusammen, die Hände zu einer ratlosen Geste erhoben. »Es ist nur so, dass ... du mich wirklich verletzt hast mit dem, was du vorgestern gesagt hast, auf dem Jahrmarkt. Als du meine Großmutter eine Hexe genannt hast ... na ja, ich schätze, da wollte ich dir wohl zeigen, wie richtig du mit dieser Einschätzung lagst.« Beschämt ließ sie den Kopf hängen. »Es ist leicht, etwas Falsches zu tun, wenn man ständig zu hören bekommt, wie unwürdig man ist.«
Daria allerdings hatte mit der Akzeptanz der Tatsachen offensichtlich einige Schwierigkeiten. »Eine Hexe?«, wiederholte sie noch einmal ungläubig murmelnd. »Und du kannst wirklich zaubern? Das, ähm ... das Ding zwischen meinen Beinen ist also ... ein Zauber?«
»Ein Fluch«, korrigierte Maliva mit so etwas wie einem angestrengten, entschuldigenden Lächeln auf den Lippen und einem angedeuteten Achselzucken.
Auf einmal trat ein unvermutetes Leuchten in Darias Augen. »Kannst du dann nicht mal was hexen?«
»Jetzt?«, fragte Maliva verwirrt nach. Nachdem Daria nun herausgefunden hatte, auf welche Weise ihr mitgespielt worden war, hatte sie wüste Anschuldigungen und Beschimpfungen erwartet, keine Bitte nach einer Demonstration ihrer Mächte, doch als ihr nur ein weiterer erwartungsvoller Blick entgegenschlug, fügte sie ergeben hinzu: »Was denn?«
»Irgendwas.«
Einen Moment lang musterte Maliva das Mädchen vor sich unentschlossen, deren Gesicht einzig von begeisterter Neugierde gezeichnet war, bevor sie ihre Aufmerksamkeit auf das Buch in deren Händen richtete. Letztendlich war Magie vor allem eine Sache der Wahrnehmung. In gewisser Hinsicht ähnelte die Wirklichkeit einem Teppich: Oberflächlich betrachtet wirkte sie fest und schien ein unabänderliches Muster zu bilden, doch wenn man näher heranging und sich konzentrierte, stellte man fest, dass sie aus einzelnen, miteinander verwobenen Fäden bestand. Das Anwenden eines Zaubers entsprach demgemäß eines Neuwebens dieses Teppichs; man kappte einige der Fäden, zog sie an eine andere Stelle und knüpfte sie dort wieder zusammen, um ein neues Muster entstehen zu lassen.
Genau das tat Maliva jetzt. Mithilfe ihres Geistes griff sie in das Gespinst, das die physikalischen Gesetze um das Buch in Darias Schoß herum bildeten, und zerrte einen seiner Stränge beiseite. Sofort erhob sich das Buch von den Beinen der jungen Schülerin und schwebte unbeweglich vor ihren weit aufgerissenen Augen als sei es völlig schwerelos. Das war eine der einfachsten Hexereien überhaupt, dazu musste man nur die Faser finden, die für die Gravitation verantwortlich war, und sie so zurechtbiegen, dass sie nicht mehr auf den Gegenstand einwirkte.
Doch so einfach dieser Zauber auch war, machte er offenbar großen Eindruck auf Daria. Staunend streckte sie einen Finger aus und stubste das Buch vorsichtig an. Lächelnd sah sie zu, es von dieser sanften Berührung getrieben langsam durch die Luft zu gleiten begann wie ein Spielzeugboot auf der ruhenden Oberfläche eines Sees.
»Toll«, sagte sie ohne sich von dem dahinsegelnden Buch abzuwenden, ehe sie doch zu Maliva herüberblinzelte. »Kannst du dann auch auf einem Besen fliegen?«
»Dazu brauche ich keinen Besen. Wenn ich fliegen wollte, würde ich mich selbst fliegen lassen.«
Daria sah mit einem Ausdruck zu ihr hinüber, den Maliva unmöglich deuten konnte. Möglicherweise war Überraschung darin enthalten, vielleicht sogar Neid und ein Hauch Bewunderung, sicher war jedenfalls nur, dass sie diese Fähigkeit selbst gern besessen hätte. Kurzerhand beschloß Maliva, dass sie ihr wenigstens den Gefallen tun sollte, sie das Gefühl kennenlernen zu lassen, wie es war zu fliegen, wenn sie es schon nicht aus eigener Kraft vermochte. Erst vertiefte sich die Verwirrung in Darias Gesicht noch, als sie plötzlich spürte, dass sie leichter wurde, dann trat ein Lächeln in ihre Züge. In ihrem Bauch kitzelte es und es kam ihr vor, als habe ihr Magen jegliches Gewicht verloren, während sie allmählich von dem Stuhl aufstieg und ebenso wie das Buch zuvor zu schweben begann.
»Ich fliege!«, brachte sie unter Kichern hervor. »Wie machst du das?«
Maliva hob die Arme zu einer hilflosen Geste, um anzudeuten, dass sie nicht wusste, wie sie das erklären sollte. »Das ist eben Vererbung. Ich bin so geboren worden, auch wenn man die Fähigkeit zu zaubern erst mit ... mit der Zeit bekommt.« Obwohl Daria ihr gerade erst von den sexuellen Erfahrungen erzählt hatte, die sie in den letzten beiden Tagen hatte sammeln können, war es Maliva unmöglich, sich mit ihr über so intime Dinge auszutauschen; nicht einmal das Wort ›Pubertät‹ konnte sie vor ihr aussprechen.
Daria hingegen war diese kleine Pause überhaupt nicht aufgefallen. Sie ging fast völlig in dem unvehofften Erlebnis auf, sich so frei durch die Luft treiben zu lassen. »Ah, deshalb kann deine Großmutter auch hellsehen, richtig?«, fragte sie, und als Maliva das wortlos bestätigte: »Und deine Mutter und dein Vater? Können die auch hexen?«
»Meine Mutter ja, mein Vater nicht. Aus irgendeinem Grund werden nur Frauen zu Hexen. Is’ wohl so ein Gen, das nur aktiviert wird, wenn der Embryo weiblich wird, oder so.«
»Aber wie genau funktioniert das? Kannst du einfach alles hexen, was du willst?«
»Nein. Ich ... ich kann keinen Gegenstand aus dem Nichts entstehen oder komplett verschwinden lassen. Ich kann die Dinge nur verändern, aber nicht ihre Existenz selbst. Wenn ich etwas herzaubern wollte, müsste ich es entweder von woanders hierher zaubern oder es aus irgendetwas anderem formen, und wenn ich etwas weghexen möchte, kann ich es nur an einem anderen Ort wieder auftauchen lassen oder es in seine einzelnen Elemente zerlegen. Wenn ich dich in etwas anderes verwandeln würde, sagen wir mal in einen Stein, wärst du immer noch du. Du könntest fühlen und denken, irgendwie würden sogar die Minerale immer noch deine Adern und Neuronen bilden. Du würdest nur aussehen wie ein Stein, aber so umfassend, dass niemand etwas merken würde, selbst wenn man diesen Stein Atom für Atom auseinendernehmen würde.«
»Aber was ist mit der Schwerkraft? Hast du die jetzt nicht weggehext?«
»Nein, ich hab sie nur ... um dich herumgebogen.« Maliva lächelte verlegen, als sie diese Erklärung abgab. Es war ihr peinlich, aber ihr fiel nun einmal kein passenderer Begriff ein. »Auch deinen Lümmel hab ich nicht einfach hergezaubert, er wurde aus deinem Körper geformt, als wäre er schon immer ein Teil von dir gewesen.« Mit geröteten Wangen erschrak Maliva über sich selbst. Nicht nur, dass sie jetzt doch Daria gegenüber eine solche Anzüglichkeit erwähnt hatte, sie hatte auch noch auf die Verfehlung hingewiesen, die sie an ihr begangen hatte.
Dieses Detail entging diesmal auch Daria nicht. Das selige, selbstvergessene Leuchten in ihren Augen erlosch und ihre Lippen zogen sich zu einem dünnen Strich zusammen. Es war jedoch keine Wut, die sie erfüllte, eher die Erinnerung an ein unabwendbares Verhängnis, das sie einzuholen drohte. War die in dem Raum herrschende Atmosphäre in ihrem Erstaunen darüber, sacht dahinzugleiten wie ein Ballon in einer leichten Sommerbrise, bis eben noch von einer traumähnlichen Ausgelassenheit gewesen, wurde sie nun schlagartig düsterer.
Während Daria sich noch immer mit verhaltenem Paddeln von Armen und Beinen durch die Luft bewegte, wenn auch deutlich abgeklärter als zuvor, sackte Maliva sichtbar in sich zusammen. Die Schultern hängen lassend und die Hände in den Schoß fallend lugte sie unter halbgeschlossenen Lidern hervor. »Hast du jetzt Angst vor mir?«, fragte sie, als sie es endlich geschafft hatte, sich mit einem tiefen Atemzug wieder zusammenzureissen. »Ich meine, weil ich eine Hexe bin. Weil ich dich in einen Stein verwandeln könnte.«
Daria schien kurz zu überlegen, dann schüttelte sie den Kopf. »Das ist doch eigentlich gar nicht weiter wichtig, oder? Jeder könnte mir etwas antun. Ein Idiot mit einem Messer in der Hand ist gefährlich, aber die meisten anderen schneiden damit nur Gemüse. Nur weil du also metaphorisch gesprochen jederzeit ein Messer in die Hand nehmen könntest, macht dich das doch nicht zu einem schlechten Menschen. Ich hab ja auch keine Angst vor meiner Mutter, wenn sie kocht.« Einen Augenblick lang hielt sie nachdenklich inne, die Haare schwerelos um ihren Kopf tanzend wie eine finstere Korona. »Trotzdem ...«, setzte sie von Neuem an, verstummte aber sofort wieder.
Rickartig hob Maliva den Kopf. »Ja?«
»Trotzdem wäre ich dir sehr dankbar, wenn du mich wieder zurückverwandeln würdest.«
»Oh. Ja, natürlich«, sagte Maliva mit einem scheuen Lächeln, bevor sie mental auf ihre Hexenkraft zugriff. Als erstes ließ sie Daria wieder nach und nach von der Gravitation erfassen, während sie das im Zimmer herumschwebende Buch zum Schreibtisch segeln ließ und es dort absetzte. Die Augen verengend erhöhte sie ihre Konzentration. Diese Hexerei war schwieriger als etwas fliegen zu lassen oder es wieder auf den Boden zu holen. Flüche gehörten zu den mächtigsten Zaubern überhaupt und sie rückgängig zu machen erforderte ein Höchstmaß an Willenskraft. Eine nach der anderen ging sie das Gewirr von Darias Körperfasern durch. Alles war hier enthalten: ihre Muskeln, ihre Sehnen, ihr Fleisch und ihre Knochen, doch es war so sehr miteinander verstrickt, dass Maliva einfach nicht die richtige fand.
Mit einem Auflodern ihres Geistes aktivierte sie ihre allerletzten Kraftreserven, aber auch das half ihr nicht weiter. Das verworrene Muster aus unzähligen Zellen blieb ihr undurchsichtig. Als sie diesen Spruch gewirkt hatte, war es ganz einfach gewesen, sie hatte nur den Anweisungen des Grimoires folgen müssen, nun allerdings hatte sie den Eindruck, sich vollständig in diesem Netz zu verstricken.
Fieberhaft überlegte Maliva, was sie tun sollte. Sie hätte ein wenig herumprobieren können, doch das war sicher keine gute Idee. Sie konnte nicht einmal die Organe von den Geschlechtsteilen unterscheiden. Was wäre, wenn sie versehentlich nach dem Herzen griff oder eine Blutbahn aus ihrer Verankerung riss? Das Risiko war viel zu hoch, um es eingehen zu können. Mit einem leisen Seufzen gab sie auf und entspannte sich wieder.
Überrascht sah Daria an sich herab. »War’s das schon? Ich hab gar nichts gespürt.«
Unter Aufbringung ihrer gesamten Entschlossenheit versuchte Maliva ihr in die Augen zu sehen, dennoch schaffte sie es nicht. Sobald sich ihre Blicke begegneten, starrte sie unweigerlich zu Boden. »Äh, nein«, gelang es ihr schließlich hervorzubringen, »ich ... ich krieg das einfach nicht hin.«
»Was? Was soll das heißen?«
»Na ja, es ist schwierig einen Fluch aufzulösen und ich hab das noch nie gemacht.«
»Dann streng dich an!«
»Tu ich ja, aber ... es klappt nun mal nicht.« Maliva unterbrach sich, doch bevor Daria noch etwas einwenden konnte, beeilte sie sich zu ergänzen: »Aber keine Sorge! Das bedeutet nicht, dass du so bleiben musst. Wir gehen zu meiner Großmutter, die kann uns bestimmt helfen. Sie ist die Anführerin unseres Zirkels und die mächtigste Hexe überhaupt, soweit wir wissen.« Es widerstrebte ihr zwar, mit dieser Sache zu ihrer Großmutter zu gehen, immerhin musste sie ihr dann gestehen, dass sie unerlaubterweise in deren Zauberbüchern gestöbert und was sie damit angerichtet hatte, doch etwas anderes fiel ihr beim besten Willen nicht ein. Alleine konnte sie nichts weiter unternehmen, und Maleva als ihre Lehrmeisterin in Hexenangelegenheiten war eben die Person, die in solchen Dingen am ehesten Bescheid wusste.
Daria erging es in dieser Hinsicht ganz ähnlich. Sie war ebenfalls nicht begeistert davon, noch jemanden in ihr beschämendes Geheimnis einzuweihen, doch solange es dazu beitrug, die Abstraktion in ihrem Schritt zu beheben, war sie selbst damit einverstanden. »Na gut, wenn es nicht anders geht, dann los ... gehen wir zu deiner Goßmutter.«
Maliva murmelte etwas Zustimmendes, trat zur Tür und führte Daria hinaus. Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinab und gingen den Flur entlang, bis sie Malevas Arbeitszimmer erreichten. Bedächtig klopfte Maliva an, bevor sie den Kopf zur Tür hineinsteckte. Sie hatten Glück, die Hellseherin war anwesend und allein.
»Äh, Oma, können wir dich kurz stören?«, begann Maliva vorsichtig.
»Natürlich, mein Schatz«, antwortete ihre Großmutter mit dem ernsten Gesicht, das sie immer aufsetzte, wenn sie Kunden enpfing oder ihren Unterricht gab. Wie gewöhnlich auf ihrem ausladenden Stuhl mit der hohen Lehne und den breiten Armstützen sitzend winkte sie die Kinder herein.
Nervös folgte Maliva der Einladung und stellte sich mit vor der Hüfte gefalteten Händen vor den kleinen runden Tisch der Wahrsagerin. »Ich ... also, wir bräuchten deine Hilfe«, sagte sie mit befangener Stimme. »Es ist so ... tja, wie soll ich das sagen?« Eine Weile suchte sie nach den richtigen Worten, dann platzte sie einfach mit der ganzen Geschichte heraus. Sie erzählte, wie Daria sich auf dem Jahrmarkt über sie lustig gemacht hatte, was sie selbst darauf getan hatte, und wie sie es nicht wieder hatte ungeschehen machen können.
Angespannt hörte Daria zu. Sie konnte es kaum erwarten, dass Maliva ihren Bericht endlich beendete und deren Großmutter sich ihrer annehmen würde, doch obwohl sie sich sehr kurz fasste, blieb ihr nichts anderes übrig, als solange zu warten. Insgeheim fragte sie sich, was die alte Frau jetzt wohl von ihr hielt. Würde sie ihr überhaupt helfen wollen? Zwar ließ Maliva viel aus, sie verriet zum Beispiel nicht, dass Daria schon über sie herzog, seit sie sich kannten, oder dass sie sich nun unbefugt Zutritt bei ihnen verschafft hatte, trotzdem hatte sie sowohl die Wahrsagerin selbst als auch ihre Enkelin beleidigt. Ihrem Gesicht war jedenfalls nichts abzulesen, es blieb völlig ausdruckslos, während sie würdevoll mit durchgedrücktem Rücken dasaß und aufmerksam lauschte.
Als Daria gerade überlegte, ob ihre teilnahmslose Miene bloß einstudiert war, um die Empfänger ihrer Weissagungen von ihrer Macht zu überzeugen, oder ob sie vielleicht sogar alles im Voraus geahnt hatte, war Maliva am Schluß ihrer Ausführungen angelangt. Wie erschöpft verstummte sie und ließ das Urteil der Mater ergeben auf sich zukommen.
»Es überrascht mich nicht, dass du diesen Fluch nicht brechen konntest. Man braucht viel Erfahrung, um einen so komplizierten Zauber zu wirken. Eigentlich ist es sogar erstaunlich, dass du diesen Fluch überhaupt vehängen konntest. Auch mithilfe eines Grimoires gelingt das nur den wenigsten Adepten in deinem Alter.«
Im Gegensatz zu Maliva sprach sie mit einem deutlich hörbaren Akzent, trotzdem machte sie einen ehrfurchtgebietenden Eindruck. Unwillkürlich zuckte Daria zusammen, als sich die dunklen Augen in ihre bohrten.
»Also gut, Mädchen«, sagte die Hexe zu ihr, »dann wollen wir mal sehen, wie wir dich von deiner Bürde befreien können.«
Ohne darüber nachzudenken strengte Daria sich an, völlig stillzustehen, als ihre Miene darauf hinwies, dass sie sich scharf konzentrierte, nur für den Fall, dass es irgendeine Bewandnis hatte. Sonst hätte sie am Ende ihre Scheide vielleicht an ihrem linken Schienbein wiedergefunden, wenn sie sich im falschen Moment plötzlich bewegt hätte. Bei dieser Aussicht ging sie lieber auf Nummer sicher. Wie zuvor, als Maliva versucht hatte, ihren Zauber aufzuheben, wartete sie auch nun geduldig darauf, dass irgendetwas passierte, dass ihr Schritt zu prickeln begann oder sogar Schmerzen die bevorstehende Veränderung einleiten würden, doch sie wurde enttäuscht. Das Einzige, was seine Gestalt änderte, war der Ausdruck im Gesicht der Hexe, der immer ratloser und bestürzter wurde.
»Was ist los?«, fragte Maliva schließlich, als ihre Großmutter in ihrem Sessel beinahe in sich zusammenfiel, ganz so als entspannten sich nun all ihre Muskeln, nachdem eine gewaltige aber vergebliche Kraftanstrengung mit einem Mal fehlgeschlagen war.
»Ich ... ich schaffe es nicht ...«, sagte sie schwer atmend, wobei es unklar blieb, ob das vor Erschöpfung oder Fassungslosigkeit geschah.
»Was? Aber wieso? Weißt du nicht, wie es geht?«
Die Wahrsagerin blickte ihre Enkelin aus zusammengekniffenen Augen an. »Aber bitte, Kindchen, natürlich weiß ich das. Körperzauber sind für mich nichts Besonderes, sowas mache ich jeden Tag. Du weißt, es gibt nur eine Möglichkeit, warum eine Hexe den Fluch einer anderen nicht lösen kann.«
Verwirrt betrachtete Maliva das Gesicht ihrer Großmutter, das von einer seltsamen Mischung aus Stolz und Ernsthaftigkeit gezeichnet war. »Aber ... der einzige Grund, aus dem das nicht klappt, wäre ...«
Bedächtig nickte die Hexe. »Genau.«
»Aber ... aber ...«, stammelte Maliva ungläubig, »das gibt es doch gar nicht! Das kann gar nicht sein!«
»Moment mal«, warf Daria kopfschüttelnd ein. »Ich komm nicht ganz mit. Was ist denn jetzt los? Warum klappt es nicht?«
Maliva spürte, wie sie errötete, als sie sich Daria zuwandte, auch wenn ihr nicht ganz klar war, warum. »Es ist so: Eine Hexe kann nur Zauber aufheben von einer Hexe, die dieselbe oder weniger Kraft hat.«
Überrascht hob Daria eine Augenbraue. »Ist sie denn so schwach, deine Oma?«, flüsterte sie Maliva leise zu.
»Sie ist die mächtigste Hexe, die jemals jemand gesehen hat!«, empörte die sich. »Sie war die mächtigste Hexe von ganz Rumänien, was ja auch der Grund ist, warum sie von dort verbannt wurde. Niemand hätte einen ihrer Sprüche rückgängig machen können.«
»Okay«, wehrte Daria mit erhobenen Händen ab, »aber was ist mit deiner Mutter? Kann sie uns nicht vielleicht helfen?«
»Nein«, antwortete Maleva anstelle ihrer Enkelin. »Ihre Kräfte sind weit weniger ausgeprägt als meine, das haben wir schon vor langem festgestellt.«
»Heißt das, ich muss für immer mit einem ...« Schnell unterbrach Daria sich, bevor sie etwas peinlich berührt fortfuhr: »... so rumlaufen, wie ich jetzt bin?«
»Aber nein«, versicherte die Wahrsagerin ihr, »nur solange, bis Maliva gelernt hat, selbst einen Körperzauber auszusprechen.«
»Na großartig. Und wie lange wird das dauern?«
»Ein paar Wochen. Höchstens einige Monate.«
»Was? Geht das denn nicht schneller?«
»Das sind hochkomplexe Zauber, mein Kind, das darf man nicht überstürzen. Ich hatte eigentlich vor, damit bis ganz zum Schluß von Malivas Ausbildung zu warten, nur deinerwegen ziehe ich das jetzt um Jahre vor. Du willst doch sicher nicht, dass Maliva gerade in dieser Angelegenheit ein Fehler unterläuft, oder?«
»Nein«, seufzte Daria leise auf, ihre Stimme von plötzlicher Melancholie erfüllt. »Aber was soll ich denn so lange machen? Soll ich wieder zurück nach Hause? Wie soll ich das denn meinen Eltern erklären?«
Tröstend legte Maliva ihr eine Hand auf die Schulter. »Fürs erste kannst du ja so lange hierbleiben, wie du willst. Zumindest übers Wochenende ist das doch kein Problem, und danach kannst du dich entscheiden, ob du schon zurück zu deinen Eltern möchtest oder noch länger bleibst. Wer weiß, vielleicht kann ich dich bis dahin auch schon wieder zurückverwandeln. Ich werde mir jedenfalls alle Mühe geben, so schnell wie möglich zu lernen, okay?«
Abwesend nickte Daria wie jemand, der gerade die Diagnose einer unheilbaren Krankheit erfahren hatte und nun gefragt wurde, ob es ihr gut ginge. Auf einmal kam ihr alles so unwirklich vor. Als beträfe es sie gar nicht selbst, hörte sie Malivas Beteuerungen zu, dass alles wieder gut werden würde.
»Komm schon«, sagte das Hexenmädchen schließlich und griff nach Darias Hand, »wir sagen jetzt meiner Mutter, dass du bis auf weiteres bei mir im Zimmer wohnst.«
Willenlos ließ Daria sich von ihr zur Tür hinausziehen, den Flur entlang bis zur Küche, aus der geschäftige Laute drangen. Dort trat Maliva durch die offenstehende Tür zu ihrer Mutter, die offensichtlich gerade damit beschäftigt war, das Abendessen vorzubereiten.
»Äh, Mama«, machte sie unsicher auf sich aufmerksam, »wie es aussieht, wird Daria etwas länger bei uns bleiben müssen, wahrscheinlich für ein paar Tage, mindestens aber heute Nacht. Das ist doch in Ordnung, oder?«
»Ja, sicher«, sagte Frau Amantă verwirrt. »Aber wieso denn?«
Daria bekam kaum mit, wie Maliva ihr die Geschichte ein zweites Mal erzählte, einzig deren Wirkung drang bis zu ihr durch. Die war nicht anders als zuvor: Erst erblich Frau Amantă beinahe vor Schreck, dann mischte sich ein Hauch von Stolz in ihre Überraschung. Daria wäre sich vielleicht allmählich wie eine Zirkusattraktion vorgekommen, wie eine seltene Abweichung von der Natur, die zur Befriedigung der Schaulust anderer herumgezeigt wurde, wenn Malivas Mutter nicht so viel Fürsorge und Mitleid an den Tag gelegt hätte. Entschuldigend strich sie sanft Darias Arm entlang, als träfe sie selbst irgendeine Schuld an den ganzen Ereignissen, die ihr Leben in den letzten Tagen so makaber gemacht hatten.
»Es tut mir leid, dass das alles so gekommen ist, aber das kriegen wir schon wieder hin. Mach dir keine Gedanken. Gleich gibt es erst mal was zu essen, und bis dahin kann Maliva dir ja alles zeigen.«
Maliva war gar nicht bewusst, dass es schon so spät geworden war, aber ein Blick auf die Uhr an der hinteren Küchenwand bestätigte die Worte ihrer Mutter; es war tatsächlich bald Zeit für das Abendessen. Unschlüssig führte sie Daria wieder hinaus auf den Flur und betrachtete sie nachdenklich. Mit ihrem Zimmer hatte sie sie ja bereits vertraut gemacht, alles andere würde sich bei Gelegenheit schon ergeben.
»Na ja«, sagte sie, »am besten bereite ich schon mal unsere Schlafplätze vor und in der Zwischenzeit ... möchtest du vielleicht duschen? Oder dich frischmachen?«, fragte sie vorsichtig an.
Erst jetzt fiel Daria ein, dass sie noch immer beschmiert war von dem kleinen Selbstbefriedigungsexkurs, der letztlich zu ihrem Rauswurf von Zuhause geführt hatte. Hoffentlich würde Maliva nicht ahnen, welcher Natur diese Besudelungen in Wirklichkeit waren.
Doch die hatte bereits einen bestimmten Verdacht. »Was sind das überhaupt für Flecken?«, fragte sie gewollt unscheinbar nach. »Bist du mit der Hand im Honigtopf steckengeblieben?«
Mit ihren von den Offenbarungen der Hexe wie in einen Schleier gehüllten Sinnen verstand Daria jedoch nicht, worauf Maliva da hinauswollte. Glaubte sie etwa, die Verunreinigungen stammten von Honig? »Hm?«, machte sie daher in ihrer Ahnungslosigkeit wenig schlagfertig.
»Ich meine ..., ob du die Keksdose geplündert hast?«
Als Daria nur verständnislos den Kopf schüttelte, bemerkte Maliva, dass sich ihre Andeutungen ausschließlich auf die weibliche Form der Masturbation beschränkt hatten, doch falls Daria wirklich getan hatte, was sie vermutete, musste sie es ja auf eine mehr männliche Weise erledigt haben, zumindest deuteten die Verunzierungen ihrer Kleidung darauf hin. Zwar wusste Maliva nicht wirklich, wie die Rückstände von Sperma aussahen, aber genau so hätte sie es sich vorgestellt. Sie überlegte sogar, ob sie Daria weiter über diesen Umstand ausfragen sollte, immerhin waren sie beide bei weitem nicht so vertraut miteinander, dass sie über solche Dinge gesprochen hätten. Daria hatte bei ihrem Bericht der vorangegangenen Ereignisse auch nur erwähnt, dass ihre Mutter sie in einer kompromittierenden Lage ertappt hatte, jedoch nicht, wie genau die ausgesehen hatte. Wenn sie ihr mehr darüber hätte verraten wollen, hätte sie es sicher schon von sich aus getan, vielleicht wäre es also angebrachter gewesen, dieses Thema ruhen zu lassen, doch das konnte Maliva einfach nicht. Bei einem Blick in ihr blasses, wunderschönes Gesicht, eingerahmt von ihrem glatten, schwarzen Haar und dem Gedanken, dass sich ein Penis zwischen ihren Beinen verbarg, wollte sie unbedingt erfahren, was sie alles mit ihm angestellt hatte.
»Also, ich wollte fragen, ob du dir vorhin nicht zufällig einen abgenudelt hast«, benutzte sie schließlich die deutlichsten Worte, die sie sich Daria gegenüber zutraute.
Die hingegen sah sich selbst von einem solch vergleichsweise zurückhaltenden Ausdruck noch aus dem Konzept gebracht, was allerdings auch kein Wunder war, wenn man bedachte, was man ihr damit unterstellte – und dass es sogar noch zutraf. Es war erstaunlich, wieviele Euphemismen es für Selbstbefriedigung gab, und dass sie kaum eines davon kannte. Theresa hatte sich gestern ja ähnlich verhüllend ausgedrückt, ohne dass sie den Sinn erfasst hätte. »Ich ... ähm«, stotterte sie hilflos, bis ihr endlich doch noch eine einigermaßen glaubhafte Ausrede einfiel. »Das ist Joghurt! Ich, äh ... hab mich versehentlich damit vollgespritzt. Also ja, wenn ich bei dir duschen dürfte, wäre ich dir sehr dankbar.«
Skeptisch musterte Maliva ihre neue Mitbewohnerin, deren Lippen zu einem gequälten Lächeln verzogen waren. Sie zweifelte nicht daran, dass Daria sich versehentlich vollgespritzt hatte, sie bezweifelte nur, dass es sich bei diesen Flecken um Joghurt handelte, trotzdem ging sie nich näher darauf ein. Es war ihr schließlich selbst überlassen, solch eine intime Angelegenheit lieber für sich zu behalten und ihr verlegenes Benehmen verriet Maliva ohnehin genug. Sie konnte wohl mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass ihre Annahme richtig war.
Nachdem die Herkunft dieser Verschmutzungen soweit für sie hinreichend geklärt war, führte sie Daria in das Badezimmer im ersten Stock. Sie gab ihr noch ein Handtuch und Kleidung zum Wechseln, dann verließ Maliva sie, um in ihrem Zimmer das Bett neu zu beziehen. Sie würde das Bett später Daria überlassen und selbst auf dem Boden übernachten, wo sie es sich mit ein paar Extradecken gemütlich machen könnte. Nachdem das erledigt war, ging sie wieder hinunter, um ihrer Mutter ein wenig bei der Zubereitung des Abendessens zu helfen.
Als Daria fertig geduscht hatte, ging es ihr erheblich besser, auch wenn es nicht dieselbe tiefgreifende erlösende Wirkung wie zuvor an diesem Tag hatte. Zu ihrer eigenen Überraschung fühlte sie sich hier willkommen, und das linderte ihre Schmerzen der Vertreibung und Verachtung, die sie gerade erlitten hatte, ungemein. Obwohl Malivas Mutter und Großmutter beide erfahren hatten, wie Daria mit ihr umgesprungen war, machte keine von ihnen ihr Vorwürfe, sondern behandelte sie ganz selbstverständlich so, als gehörte sie zur Familie. Dieser Eindruck verstärkte sich im Laufe des Abends nur noch; auch Malivas übrige Angehörige akzeptierten ihre Aufnahme in deren Mitte ohne Zögern.
Zunächst trocknete Daria sich jedoch erst einmal ab und probierte die Kleidung an, die Maliva für sie bereitgelegt hatte. Sie war ganz ähnlich der, die sie gerade abgelegt hatte: eine bequeme weite Hose und ein lose sitzendes Shirt, beides in gedämpften, hellen Farben. Nichts davon hatte sie je an Maliva gesehen, was sie aber gar nicht weiter überraschte. Zum einen waren sie für ihre Verhältnisse fast schon übermäßig gedeckt, zum anderen mussten sie ihr etwas zu groß sein. Daria war ein wenig höhergewachsen als sie, zudem besaß sie Rundungen, die deutlich ausgeprägter waren als die von Maliva. Sie hatte sich offensichtlich Mühe gegeben, ihr etwas Passendes herauszusuchen, das außerdem Darias Geschmack am nächsten kam. Das wusste sie durchaus zu schätzen, auch wenn es nichts war, wofür sie sich selbst entschieden hätte, wenn sie selbst für ihre Kleiderwahl verantwortlich gewesen wäre.
Mit fahrigen Bewegungen zog sie sich an, dann ging sie hinunter in die Küche zu Maliva und deren Mutter. Sie war gerade zum Tischdecken eingeteilt worden, als auch schon Malivas Vater und Brüder von der Arbeit heimkehrten. Im ersten Moment war Daria erstaunt zu erfahren, dass ihre Mitschülerin vier Brüder hatte. Sie hatten sich schließlich nie nahe genug gestanden, um sich nach Geschwistern zu fragen, und als sie gebeten worden war, neun Teller auf den Tisch zu stellen, hatte sie diese Information einfach als gegeben hingenommen, ohne sie weiter zu hinterfragen. Daria hatte nie einen Bruder gehabt und Jungen im allgemeinen bisher eher als störend empfunden, woran die heutigen Erlebnisse mit ihrem Exfreund nicht wirklich etwas geändert hatten. Ein unerwartetes Mitgefühl für Maliva durchfuhr sie. Es war bestimmt nicht immer einfach, gleich mit vier Brüdern zusammenzuleben, insbesondere wenn man keine Schwester hatte, die zu einem hielt, sogar wenn man eine Hexe war. Wahrscheinlich wäre ihre Mutter nicht gerade begeistert, wenn sie ihre Brüder jedesmal in Kröten verwandelte, wenn sie ihr auf die Nerven fielen.
Trotz dieser anfänglichen Vorbehalte seitens Daria waren Malivas Brüder genauso nett zu ihr wie alle anderen in der Familie. Dementsprechend ruhig verlief das Abendessen. Malivas Eltern stellten ihr viele Fragen, ob es ihr schmeckte oder wie es in der Schule lief, doch Daria beschränkte sich zumeist auf recht einsilbige Antworten. Normalerweise fiel es ihr nicht schwer, eine belanglose Unterhaltung wie diese zu führen, heute allerdings war sie nicht in der Stimmung dazu. So blieb sie weitestgehend schweigsam und lauschte stattdessen den Gesprächen der anderen.
Ihr liebevoller Umgang miteinander erinnerte sie an ihr eigenes Zuhause, doch fand sie es bemerkenswert, wie selbstverständlich sie miteinbezogen wurde. Zwar unterschied sich ihre Art nicht von der ihrer eigenen Eltern, wenn sie eine Freundin mitbrachte, aber genau das war ja der Punkt: Maliva und sie waren nie Freundinnen gewesen, ganz im Gegenteil, sie hatten sich nicht einmal ausstehen können. Dazu hatten sie kaum etwas gemeinsam, dennoch wurde sie behandelt, als würde sie ohne jeden Einwand dazugehören, ungeachtet allem was sie trennte, Herkunft, sozialer Status oder Standpunkt in gesellschaftlichen Diskursen.
Während sie aß, überlegte Daria, inwiefern Malivas Vater und ihre Brüder wohl über sie Bescheid wussten. Frau Amantă hatte ihnen sicherlich erzählt, wer sie war, woher sie kam und wie sie zu Maliva stand, doch hatte sie ihnen auch anvertraut, wie es sich mit ihrem Unterleib verhielt, oder hatte sie diesen Teil für sich behalten? Doch wie dem auch sei, dass sie sie so bereitwillig duldeten, obwohl sie immer ihr bestes gegeben hatte, um nach Möglichkeit gegen Maliva zu intrigieren, ließ Daria befreit aufatmen. Maliva hatte ihr angeboten, so lange hierbleiben zu dürfen, wie sie wollte, vielleicht sollte sie es dann tatsächlich annehmen und von nun an einfach bei ihr leben statt bei ihren Eltern, die, in dem Augenblick, als sie sie am meisten gebraucht hätte, nur einen verächtlichen Blick für sie übrig gehabt hatten.
Aber gehörte sie wirklich hierher? War dies der Ort, nach dem sie gesucht hatte; der Ort, an dem ihr alle ihre Sünden vergeben würden, tatsächlich begangene ebenso wie unverschuldete, und an dem sie so aufgenommen würde, wie sie war? Könnte sie hier ihren Frieden finden? Könnte sie für immer hierbleiben und glücklich werden? Nirgendwo hatte man sie haben wollen, niemand hatte sich um sie gekümmert, weder ihre Eltern noch ihre sogenannte beste Freundin. Es gab keinen Platz mehr, von dem sie nicht fortgejagt worden wäre, doch hier hatte man sie mit einem Lächeln begrüßt und unter sich willkommen geheißen.
Versunken in diese Gedanken stocherte sie ohne Hunger zu haben in dem Essen herum, bis Maliva sie irgendwann zurück in ihr Zimmer schleppte. Dort ließ Daria sich wie zuvor wieder in den Schreibtischstuhl fallen, ohne sich die Mühe zu machen, sich eine Beschäftigung zu suchen. Sie hätte ohnehin nicht gewusst, was sie hätte tun sollen – Maliva schien weder einen Fernseher noch ein Abonnement einer stilsicheren Zeitschrift zu besitzen und mit Theresa zu telefonieren kam unter den derzeitigen Bedingungen auch nicht in Betracht – vor allem aber hatte sie gar keine Lust, irgendetwas zu tun. Dazu ging ihr viel zu viel im Kopf herum, und nichts davon machte auch nur die geringsten Anstalten, wieder daraus zu verschwinden. Ob nun die Verdammung, weiter diesen Fluch ertragen zu müssen, bis Maliva erndlich in der Lage war, ihn zu lösen, das Leben in Verbannung, das sich daraus ergab oder Malivas Versprechen, ihr zur Seite zu stehen, das alles hallte unablässig in ihr wider, jedes einzelne Element um Vorherrschaft kämpfend, einander verdrängend und erbarmungslos auf Daria einstürmend wie die Fluten eines Ozeans auf ein Schloß aus Sand. Also legte sie die Arme auf die Schreibtischplatte, stützte den Kopf mit den Händen und starrte einfach nachdenklich ins Leere.
Ratlos betrachtete Maliva die am Schreibtisch zusammengesunkene Gestalt. Eigentlich hatte sie vorgehabt, sich noch einmal mit Daria zu unterhalten, auch wenn ihr nicht ganz klar war worüber, hatten sie doch offensichtlich so grundverschiedene Interessen, doch spürte sie instinktiv deren Wunsch, vorerst lieber in Ruhe gelassen zu werden. Den respektierte Maliva natürlich, immerhin hatte Daria heute eine Menge durchgemacht, und dass sie dann nicht ausgerechnet mit der Person reden wollte, die dafür verantwortlich war, war nur verständlich. Demgemäß überließ sie ihren Gast sich selbst und wandte sich ihrer eigenen Passion zu. Wie immer nach dem Abendessen setzte sie sich mit überkreuzten Beinen auf ihr Bett, den Rücken an die Wand gelehnt, griff nach dem Buch, das auf ihrem Kopfkissen bereitlag und las. Das hätte sie jetzt auch getan, wenn Daria nicht dagewesen wäre. Nach der Schule machte sie ihre Hausaufgaben, half ihrer Mutter bei der Hausarbeit oder übte ihre Hexenkraft, doch nach dem gemeinsamen Essen versank sie ganz in der Welt ihrer Bücher. Fast den gesamten Abend verbrachte sie so, vollkommen gefesselt von den Geschichten, die sie las, bis sie irgendwann ins Bett musste, und auch heute dauerte es nicht lang, dann hatte sie alles um sich herum vergessen, einschließlich ihrer unerwarteten Besucherin.
Während Maliva sich nach und nach immer weiter in der Fiktion verlor, tauchte Daria allmählich wieder aus den Tiefen ihres Inneren auf. Es war fast, als würde sie unendlich langsam aus einem Traum erwachen, als würde sie aus einem schwerelosen Dämmerzustand widerwillig zurück ins Bewusstsein hinübergleiten. Mit einem vorsichtigen Kopfschütteln vertrieb sie schließlich die letzten Spuren der schwermütigen Gedanken aus ihrem Kopf, die sich wie Spinnweben in ihrem Gehirn eingenistet hatten und sah sich in dem Raum um, als würde sie ihn zum ersten Mal wahrnehmen. Ihr Blick fiel auf Maliva, die es sich mit einem Buch in der Hand auf ihrem Bett bequem gemacht hatte. Sie zögerte ein wenig, dann jedoch stand Daria auf, ging zu ihr hinüber und setzte sich neben sie. Maliva lächelte sie scheu an, sagte aber nichts weiter, während sie auf das Umschlagbild hinabblinzelte. Ein Planet in der Schwärze des Alls war darauf zu sehen, umgeben von den Strahlen einer Sonne, die sich offenbar gerade hinter ihm befand.
»Ist das sowas wie ›Star Wars‹?«, fragte sie weniger aus wirklicher Neugierde als vielmehr, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
Lautlos seufzte Maliva auf. Es hatte sie immer gestört, wenn die Science Fiction auf ›Star Wars‹ reduziert wurde, besonders da sie selbst diese Reihe nicht einmal wirklich dazu zählte. Die war für sie immer mehr so etwas wie Fantasy im Weltraum gewesen und dafür hatte sie sich nie begeistern können. Dennoch hielt sie es nicht für angebracht, Daria über die verschiedenen Strömungen innerhalb ihres liebsten Genres zu belehren. »Ja«, murmelte sie deshalb bloß resigniert, »ja, das ist sowas wie ›Star Wars‹.«
»Du liest viele solche Bücher, oder?«, fuhr Daria fort, ihre Augen kurz zu dem Regal schweifen lassend, das vor einer beeindruckenden Menge ganz ähnlicher Romane förmlich überquoll.
»Stimmt«, antwortete Maliva etwas verlegen. Grundsätzlich las sie so ziemlich jede Gattung der Literatur gerne, doch der Science Fiction war sie am meisten verfallen.
»Ist das nicht irgendwie komisch?«
»Wieso?«
»Na ja, du als Hexe weisst doch, dass die Welt voller unerklärlicher Dinge ist, voller Übernatürlichem, aber in diesen Büchern steht immer die Technik im Vordergrund, Raumschiffe, Roboter und sowas.«
»Eigentlich ... glaub ich gar nicht an das Übernatürliche.«
»Was?!«, rief Daria fassungslos aus. »Aber du kannst doch selbst hexen! Wie kannst du da nicht an das Übernatürliche glauben?«
Fast schon schuldbewusst angesichts Darias entrüstetem Tonfall zuckte Maliva mit den Schultern. »Ganz einfach. Ich meine, übernatürlich bedeutet doch, dass etwas nicht mit wissenschaftlichen Mitteln erklärbar ist, aber warum sollten meine Kräfte nicht mit der Wissenschaft zu vereinen sein? Natürlich hat bisher noch niemand Magie analysieren können, weil er nie eine echte Hexe untersuchen konnte. Hexen leben eben lieber im Verborgenen. Es war für sie nie sicher, sich anderen Menschen anzuvertrauen. Früher bestand die Gefahr, auf dem Scheiterhaufen zu landen, heute müsste man unzählige Experimente über sich eregehen lassen, und wer hätte schon Lust, als Versuchskaninchen in einem Labor zu enden? Weißt du, der Schriftsteller Arthur C. Clarke hat mal gesagt, dass jede hinreichend fortschrittliche Technologie nicht von Magie zu unterscheiden ist. Genauso sehe ich das auch. Noch vor ein paar hundert Jahren hatte niemand eine Ahnung, wie Regenbögen entstehen, also hat man Götter dafür erfunden, inzwischen weiß jeder, dass sie durch die Lichtbrechung der Sonnenstrahlen in der dunstigen Luft nach einem Regen entstehen. Oder nimm zum Beispiel Radios. Damals hätte man sie zweifellos für Magie gehalten, aber heute sind sie eigentlich schon wieder altmodisch. Nur weil bisher noch niemand weiß, wie Magie funktioniert, heißt das nicht, dass es keine natürliche Erklärung gäbe. Ich setze die Naturgesetze ja auch nicht außer Kraft, ich ... beuge sie nur ein wenig. Aus irgendeinem Grund kann ich das eben, wahrscheinlich weil es einfach in meiner DNA liegt. Die Menschen sind halt verschieden. Die meisten können nicht zaubern, gut, dafür sind einige so intelligent, dass sie nur aus Spaß ein Radio aus Elektroschrott zusammenbauen, was ich nicht mal dann schaffen würde, wenn mein Leben davon abhinge. Jeder hat von Natur aus seine Stärken und Schwächen.«
»Dann glaubst du an gar nichts Übersinnliches? Auch nicht an Gott oder ein Leben nach dem Tod?«
»Nein.«
»Aber woran glaubst du dann?«
Darüber dachte Maliva einen Moment lang nach. »Ich glaube an mich selbst«, sagte sie letztlich, »ich glaube an die Wissenschaft. Ich glaube an die Menschheit. Ich meine, ich bin mir relativ sicher, dass es mich gibt, obwohl ich finde, dass man nichts als gegeben hinnehmen sollte, und ich denke, dass die Menschen grundsätzlich dazu in der Lage sind, das Universum zu erklären, ohne irgendwelche Fabelwesen zu erfinden, oder zumindest darauf hinarbeiten sollten, eben mithilfe der Wissenschaft.«
»Aber ist das nicht irgendwie eine sehr trostlose Sicht auf die Dinge? Wenn es keine höhere Macht gibt, die über einem steht, wenn der Tod einfach nur das Ende bedeutet? Wenn es nichts gibt, was man nicht versteht, wenn alles einfach Wissenschaft ist, ist dann nicht alles irgendwie ... gewöhnlich? So ohne Phantasie, so ohne Wunder?«
»Find ich nich’. Douglas Adams, ein anderer Schriftsteller, hat gesagt: ›Genügt es nicht zu sehen, dass ein Garten schön ist, ohne dass man auch noch glauben müsste, dass Feen darin wohnen?‹ Was sollte mich also daran hindern, die Schönheit eines Gartens zu genießen, nur weil ich der Meinung bin, dass er auf natürliche Weise entstanden ist? Im Grunde ist er doch schon ein Wunder an sich: die filigranen, geschwungenen Blätter einer Rose, der überwältigende Duft und, wenn man genauer darüber nachdenkt, auch die Milliarden winziger Lebewesen, die ihn bevölkern, Bakterien, Einzeller oder Schmetterlinge. Warum sollte etwas an Glanz verlieren, nur weil man weiß, wie es funktioniert? Ein Regenbogen ist doch nicht weniger schön, nur weil man weiß, dass er auf Lichtbrechung beruht. So gesehen ist das ganze Universum von einer ehrfurchtgebietenden Erhabenheit durchzogen. Die Evolution, Planeten, die um Sterne kreisen, Sterne, die sich zu Galaxien zusammentun und sich um ihren Mittelpunkt drehen, in dem vielleicht sogar ein schwarzes Loch liegt, dem allen liegt doch eine ganz natürliche Schönheit zugrunde und trotzdem ist es reine Wissenschaft. Ich würde sogar behaupten, dass ich eine Seele habe, nur ist sie eben nicht unsterblich. Für mich ist sie einfach meine Persönlichkeit und meine Gefühle, und die bestehen nun einmal nur aus den Neuronen in meinem Gehirn und den elektrischen Signalen, die sie aussenden. Wenn ich sterbe, ebben auch diese Gehirnströme ab, wie sollte da irgendein Teil meines Selbst weiterexistieren? Damit muss man sich eben abfinden.«
»Dann hast du als Hexe also kein ... tieferes Wissen über das Leben und den Tod? Du weißt auch nicht, was passiert, wenn man stirbt?«
»Nein, ich bin wie jeder andere auch. Ich stelle mir dieselben Fragen wie du, ich habe dieselben Zweifel und dieselben Ängste.«
»Na ja«, seufzte Daria auf, während sie Maliva eingehend betrachtete, »wenn etwas nicht schön genug ist, kannst du ja wenigstens noch etwas nachhelfen.«
»Wie meinst du das?«
»Deine Haare. Jetzt weiß ich, wie du das gemacht hast. Du warst gar nicht beim Friseur, du hast dir die Strähnen einfach gehext!«
Verständnislos blinzelte Maliva sie an. »Ich hab dir doch schon gesagt, meine Haare sind absolut echt.«
»Wirklich? Und deine Augen?«
Der verwirrte Ausdruck in Malivas Zügen verstärkte sich noch. »Was soll denn mit meinen Augen sein?«
Daria hatte ihre Brille nicht wieder aufgesetzt, nachdem sie geduscht hatte, sodass ihre Sicht auf Maliva ein wenig verschwommen war. Zwar war ihre Sehschwäche nur gering, trotzdem rückte sie nun so dicht an sie heran, bis sich ihre Nasen fast berührten, um ihr ungehindert in die Augen zu sehen. Sie hatten dieselbe Farbe wie die schmalen Strähnchen in ihrem Haar, ein helles, samtenes Braun, wie das Glitzern der Sonne in einem makellos geschliffenen Bernstein, und sie strahlten so hell, dass sie einen unweigerlich in ihren Bann schlugen. Auch jetzt versank Daria widerstandslos in ihnen, als wären sie von einer Kraft erfüllt, der man sich gar nicht entziehen wollte, auf die man vielleicht sogar nie wieder verzichten konnte, hatte man sie erst einmal gespürt.
»Also ... es sind einfach die schönsten, dich ich jemals gesehen habe«, brachte sie mühsam unter ihrem Einfluss hervor. »Die musst du doch einfach verzaubert haben!«
Lautlos schluckte Maliva. »G-ganz ehrlich, ich habe überhaupt nichts an mir verhext.«
Eine ganze Weile noch sahen sie sich reglos gegenseitig an, beide die betörende Vollkommenheit der jeweils anderen bewundernd, ehe sie sich plötzlich gleichzeitig voneinander abwandten, einen zarten Hauch von Röte auf den Wangen. Maliva legte ihr Buch auf das Kopfkissen zurück und umklammerte stattdessen ihre Beine, während Daria scheinbar mit derselben Faszination ihre Füße anstarrte, mit der sie eben noch von dem überaus niedlichen Gesicht ihrer Mitschülerin vereinnahmt gewesen war, um ihre Verlegenheit zu überspielen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis irgendjemand von ihnen sich wieder rührte. Zunächst saßen sie nur still nebeneinander auf dem Bett, den Rücken an die Wand gelehnt und den Kopf hängen lassend, damit sich keinesfalls ihre Blicke begegneten.
»Warum war eigentlich deine Großmutter heute hier?«, brach Daria letztlich das Schweigen, ohne sich jedoch Maliva zuzuwenden. »An einem Freitag Nachmittag ist auf dem Jahrmarkt doch bestimmt am meisten los.«
»Wahrscheinlich«, stimmte Maliva zu, »aber freitags nach der Schule hab ich immer Hexenunterricht bei ihr, und den wollte sie nicht dafür ausfallen lassen.«
»Hm-hm«, machte Daria kurz, bevor sich erneut unbehagliche Stille über ihnen ausbreitete. »Vorhin ...«, begann sie dann stockend von neuem, »da hast du gesagt, dass ihr aus Rumänien verbannt wurdet, stimmt das?«
»Ja, aber nicht von der Regierung oder so, wir sind aus dem Hexenbund ausgestoßen worden, weil sie gemerkt hatten, dass meine Großmutter viel mächtiger ist als alle anderen. Wir sind dann hierher gekommen, weil meine Eltern schon einigermaßen deutsch konnten und ein paar Mal hier waren. Die anderen Hexen hatten einfach Angst vor ihr, weisst du? Wir waren nirgendwo mehr willkommen, jeder hat uns verjagt aus Angst, dass meine Großmutter etwas hexen würde, das niemand rückgängig machen könnte.«
Grüblerisch nickte Daria. Zum ersten Mal ließ sie den Gedanken zu, dass sie und Maliva sich gar nicht so unähnlich waren. Jede von ihnen war etwas Besonderes und war dennoch aus Unverständnis vertrieben worden. Man hatte sie ihrer Heimat beraubt, man hatte sie zu Außenseitern erklärt und abgeschoben, nur weil sie ein wenig anders waren. Dabei waren ihre Eigenheiten doch nichts Schlimmes, möglicherweise waren sie sogar zu höherem berufen.
»Und wenn nur Hexen Zauber rückgängig machen können, wenn sie mindestens genauso mächtig sind und deine Großmutter so besonders stark ist, aber trotzdem deinen Zauber nicht lösen kann ... heißt das dann, dass du sowas wie die mächtigste Hexe überhaupt bist?«
»Das muss ein Irrtum sein«, meinte Maliva schnell. »Es stimmt zwar, dass sie die mächtigste Hexe in Rumänien war und wir auch sonst keine kennen, die so stark ist wie sie, aber dass sie meinen Fluch nicht aufheben konnte, muss irgendeinen anderen Grund haben. Ich weiß auch nicht, vielleicht hatte sie heute nur einen schlechten Tag oder so.«
Wieder legte sich ein allumfassendes Schweigen über die beiden Exilantinnen, in dem Maliva unauffälig zu Daria hinüberlinste. Ihr beharrlich zu Boden gerichteter Blick war voller Melancholie, voller Sehnsucht nach der Geborgenheit und Stabilität der einstigen Ordnung, die sie verloren hatte. In dieser Hinsicht war Maliva erfolgreich gewesen; ihr Plan hatte eindeutig vorgesehen, Daria spüren zu lassen, wie man sich als Außenseiterin vorkam, und wie wäre das besser möglich gewesen, als sie tatsächlich aus der Sicherheit der Gemeinschaft zu reißen, in die sie sich gehüllt hatte? Nun waren sie wahrhaft gleich, ausgestoßen aus der Gesellschaft und verraten von allen, die sie als Verbündete angesehen hatten, Daria von Freunden und Familie, Maliva und ihre Eltern vom Hexenbund. Was sie nicht vorgesehen hatte, waren allerdings die Komplikationen, die sich ergeben hatten. Selbst wenn sie endlich in der Lage war, den über sie verhängten Fluch aufzuheben, blieb es fraglich, ob Daria zurück in ihr behütetes Leben finden würde. So wie sie die Ereignisse geschildert hatte, schien wenig Hoffnung zu bestehen, die Beziehung zu ihren Eltern oder Theresa wieder zu einem funktionierenden Gefüge zusammenzubringen. Wie sollte sie ihnen denn diese Sache erklären, wie sollten sie je wieder ein vertrauensvolles Verhältnis zueinander aufbauen?
Insbesondere aber musste Maliva sich eingestehen, dass sie selbst die Schuld an all dem trug. Egal, wie es letztendlich ausegehen würde, sie würde damit leben müssen, was sie Daria angetan hatte. Sie hätte es nicht ertragen, ihr so nachhaltig geschadet zu haben, doch vor allem wollte sie nicht, dass Daria sie für immer als die Person in Erinnerung behielt, die sie zu einem Leben in Verachtung verdammt hatte. Wie sollte Maliva sich denn je selbst verzeihen können, wenn sie die soziale Bindung und nicht zuletzt auch das Selbstbild eines anderen Individuums völlig zerstört hatte? Auch wenn Daria eine Lektion gewissermaßen verdient hatte, war für sie der Gedanke unerträglich, dieses profunde Unglück überhaupt erst ausgelöst zu haben, das sich nun in deren Augen spiegelte.
Diesem herzzerreissenden Blick gegenüber, dem verräterischen Schillern unvergossener Tränen, befand Maliva, dass sie ihr eine Art der Genugtuung zu leisten hatte. Natürlich würde sie diesen Fluch aufheben, sobald es ihr möglich war, doch bis dahin war sie Daria ein Zeichen der Loyalität schuldig; ein Zeichen, dass sie ihr vertrauen konnte, dass sie ihren Fehler wirklich bereute und alles daran gab, ihn wieder gutzumachen. Sie brauchte auch gar nicht erst lange zu überlegen, um sich etwas Passendes einfallen zu lassen, es lag praktisch auf der Hand: Sie würde sich ebenfalls einen Schwanz hexen! Es war nahezu perfekt. Damit würde sie die Analogie ihrer Schicksale noch weiter erhöhen, sie konnten sie beide zusammen verschwinden lassen, nachdem sie endlich gelernt hätte, wie das ging, und war zwangsläufig ebenso lange mit ihm geschlagen wie Daria mit ihrem. Sollte es zum Äußersten kommen – dem endgültigen Bruch zwischen Daria und ihren Eltern – wäre das zwar nicht genug, um ihr Bedauern unter Beweis zu stellen, aber es wäre immerhin ein Anfang, eine kleine Geste der Kasteiung, der eine tiefschürfendere Strafe folgen müsste.
»Ich hab eine Idee!«, rief sie gleich aufgeregt aus, als habe ihre Erkenntnis sie in einen Fieberzustand versetzt.
Hoffnungsvoll sah Daria zu ihr hinüber. »Was? Ist dir was eingefallen, wie du mich zurückverwandeln kannst?«
»Ähm, äh, nein«, sagte Maliva entschuldigend. »Ich meinte nur, ich weiß etwas, wie ich mich bei dir entschuldigen kann.«
»Ach so«, stöhnte Daria fast, versuchte aber sich ihre Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken zu lassen. »Und was?«
»Ich verhänge über mich denselben Fluch wie über dich.«
»Das geht? Du kannst ihn nicht rückgängig machen, aber einfach so nochmal aussprechen?«
»Na ja ...« Jetzt geriet Maliva selbst ins Stocken. Da war sie vielleicht etwas zu voreilig gewesen. Sie hatte die Wirkungsweise des Banns ja gar nicht richtig nachvollziehen können, sondern war nur den Anweisungen aus dem Buch gefolgt. Sie konnte es versuchen, aber das war wohl mit einigen Risiken verbunden. »Nein«, sagte sie schließlich, »wahrscheinlich doch nicht.«
»Na, du bist mir ja eine tolle Hexe. Die beste, die ich je getroffen habe, ehrlich!« Diese sarkastische Bemerkung brachte ihr ein hintergründiges Lächeln seitens Maliva ein, doch darauf achtete Daria gar nicht. »Was soll das überhaupt bringen? Warum solltest du dich selbst mit einem Fluch belegen, von dem du nicht weißt, wann du ihn wieder rückgängig machen kannst?«
»Darum geht es ja. Ich dachte, so lange ich dich nicht von ihm befreien kann, hilft es dir vielleicht zu wissen, dass du nicht die einzige bist, dass ich zu dir stehe und dass ich alles daran setze, eine Lösung zu finden. Bis es wo weit ist, haben wir auf jeden Fall dieselben Probleme und dieselben Schmerzen. So lange du meinetwegen leiden musst, will ich auch leiden.«
Langsam entspannten sich Darias Züge. Offensichtlich konnte sie Malivas Beweggründe nun besser verstehen und es schien, als hieße sie sie vorbehaltlos willkommen. Ein warmes, dankbares Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus, in das sich jedoch schnell die verdrängte Schwermut zurückschlich. »Tja, aber da es nicht geht, ist diese Frage ja sowieso überflüssig.«
Darias Lächeln bestärkte Maliva aber nur noch in ihrem Vorhaben. Es bewies, dass sie auf dem richtigen Weg war. Diese Unbeschwertheit wollte sie Daria zurückgeben, und dass ihr Angebot bereits einen Hauch dessen erahnen ließ, nährte die Hoffnung, dass sein Einlösen diesen Wunsch erfüllen würde. Dafür war sie sogar bereit, etwas zu tun, von dem sie nie gedacht hatte, dass es je passieren würde.
»Also ... eine Möglichkeit gäbe es vielleicht trotzdem«, merkte sie vorsichtig an.
»Ja? Welche?«
»Du hast doch gesagt, dass Theresa jetzt auch davon betroffen ist.«
»Ja, aber das ist doch nur weil ...« Verlegen brach Daria ab und zuckte mit den Schultern, um anzudeuten, dass Maliva schon wisse, wie es dazu gekommen war.
Und das tat sie natürlich. »Genau«, meinte sie vielsagend.
Erschrocken wirbelte Daria zu ihr herum. »Du willst ..., dass ich ...« Die Worte sprudelten in schnellen Schüben aus ihr heraus, immer wieder unterbrochen von kurzen, atemlosen Pausen, doch in ihrer Fassungslosigkeit fiel ihr nichts ein, wie sie diesen in der Luft hängenden Satz beenden sollte.
Das war allerdings auch nicht nötig. Maliva war vollkommen klar, was Daria meinte, immerhin hatte sie diesen Vorschlag selbst gemacht. Dennoch zögerte sie jetzt, ob sie ihr Vorhaben wirklich bestätigen sollte. Ihr war niemals zuvor richtig in den Sinn gekommen, sich jemals einen Schwanz einführen zu lassen, oder auch nur irgendetwas anderes. Sie hatte sich einfach schon immer zu Mädchen hingezogen gefühlt, ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen. Es war ihr nicht besonders erstrebenswert vorgekommen, sich mit so einem merkwürdigen Teil ficken zu lassen, nun begann sie, diese Einstellung aber noch einmal zu überdenken. Immerhin hatte sie sich schon oft vorgestellt, es mit Daria zu treiben, und da bot dieser Penis bislang ungeahnte Möglichkeiten. Sonst hatte sie die weitreichendste Erfüllung gefunden, indem sie sich einfach gestreichelt hatte. So ließ sie ihren Finger meistens sanft über Schamlippen und Kitzler fahren, oder rieb mit dem Handballen ihr gesamtes Gechlecht, wenn etwas wildere Phantasien zum Tragen kamen, ohne das Bedürfnis zu verspüren, das Innere ihrer Scheide miteinuzubeziehen. Mit dem Objekt dieser heimlichen Gelüste, die sie sich selbst kaum eingestehen mochte, so unmittelbar vor sich – die grün funkelnden Augen, ihr niedliches Gesicht, die zarte Wölbung ihrer Brust unter dem Pullover – gewann sogar der Schwanz immer mehr an Reiz. Sie kam nicht einmal umhin, sich einzugestehen, dass sie neugierig auf ihn war. Sie hatte noch nie so ein Ding gesehen, geschweige denn angefasst. Wie würde wohl seine Oberfläche beschaffen sein? Wie würde er sich anfühlen, riechen oder schmecken? Vielleicht lag es nur daran, dass es zwischen den Beinen des begehrenswertesten Mädchens hing, das Maliva jemals gesehen hatte, doch wurde ihr plötzlich klar, dass sie nur zu gerne die Antworten auf sämtliche dieser offenen Fragen herausfinden würde.
Dabei war sie sich nicht einmal sicher, ob es ihr überhaupt Spaß machen sollte, wenn sie sich Daria annahm. Schließlich war es nur als Strafe für sie selbst gedacht, weil sie dieses Problem erst veursacht hatte, doch wie man es auch betrachtete, fest stand jedenfalls, dass es unausweichlich war, sie über sich steigen zu lassen.
Ohne Daria anzusehen oder ein Wort zu sagen, nickte sie scheu.
Daria hingegen sah sie noch immer unbewegt an. »Das willst du wirklich tun?«, fragte sie mit vor Schreck bebender Stimme nach.
Wieder brachte Maliva nichts als ein schwaches Nicken zustande, und dementsprechend verhalten fiel Darias Reaktion aus. Unbehaglich blieb sie auf dem Bett sitzen, rutschte allerdings unstet darauf herum, als würde das Laken unter ihr immer wärmer werden, bis es zu heiß war, um den Kontakt ruihg zu ertragen. Obwohl sie sich nicht in die Augen sahen, da Maliva ihren Blick unbeirrt gesenkt hielt, war die Luft zwischen ihnen zum Zerreissen gespannt; sie war erfüllt von stummen Versprechen und unbewussten Ängsten.
Ein Grund für Darias Untätigkeit war natürlich ihre Ungewissheit. Sie war sich einfach nicht sicher, was sie tun sollte. Zwar hatte sie in den letzten beiden Tagen bereits zweimal mit jemandem geschlafen, doch hatte in keinem dieser Fälle die Initiative bei ihr gelegen. Sie hatte sich einfach vom Sog der Ereignisse mitreissen lassen, ohne wirklichen Einfluss auf sie zu nehmen. Dennoch war das nicht alles, wie sie sehr gut wusste, daneben hatte sie noch Bedenken grundlegenderer Art. Bisher hatte sie zweimal in ihrem Leben Sex gehabt, und jedesmal war sie direkt danach von der Person, der sie geglaubt hatte, bedingungslos vertrauen zu können, verlassen worden. Sogar als sie an diesem Nachmittag nur onaniert hatte, war sie aus ihrem Zuhause vertrieben worden. Offensichtlich war dieser Penis ein Makel, den man ihr nicht verzieh, wie konnte sie da hoffen, dass es Maliva anders ging, nur weil sie dieses Teil geschaffen hatte? Sie konnte sie wohl nicht einfach vor die Tür setzen, falls es ihr erging wie Theresa, und ihre Offerte einer Wiedergutmachung ihr im Nachhinein leidtat, dazu war Daria nun zu tief in ihre Geheimisse eingeweiht, aber sie würde sich wie alle anderen von ihr abwenden können. Sie könnte in ihre alte Rivalität zurückfallen, sie könnte ihr mit derselben Ignoranz, Missgunst und Ablehnung gegenübertreten, mit der sie sich früher begegnet waren.
Plötzlich stutzte sie. Seit wann kümmerte es sie denn, ob Maliva sie mochte oder nicht? Sie hatten sich nie ausstehen können und jetzt war sie auch noch verantwortlich für das größte Unglück, das Daria je widerfahren war. Natürlich war Maliva die einzige, die noch zu ihr hielt, das letzte Stück Treibholz, an das sie sich in diesem sich dunkel auftürmenden Meer einer sich gegen sie verschworenen Welt noch klammern konnte. Falls sie sich auch noch von ihr lösen würde, wäre es mit ihr endgültig vorüber. Eigentlich bildeten sie nur eine Zweckgemeinschaft; Maliva hatte einen Fluch über sie verhängt, den sie nicht zurücknehmen konnte, und sie aus dieser Verpflichtung heraus bei sich aufgenommen, während Daria bei ihr blieb, weil ihr sonst niemand eine Unterkunft gewährte. Andererseits hatte Maliva sich mit dieser Maßnahme nur gewehrt, Daria selbst war es gewesen, die ihr gegenüber von Anfang an mit Feindschaft aufgetreten war. Sie hatte ihr nie auch nur die geringste Chance gegeben, sie hatte sich bloß unentwegt über sie lustig gemacht und sie schlecht dastehen lassen, wo es nur ging. Von daher hatten sie beide gleichermaßen Schuld auf sich geladen, Daria mit ihrem ablehnenden Verhalten, Maliva mit ihrer Rache. Wahrscheinlich war dieser Vorschlag also gar nicht so absurd, wie er auf den ersten Blick schien. Es wäre nur gerecht, wenn sie beide dieselbe Strafe empfingen.
Möglicherweise lag es an diesen Gemeinsamkeiten, dass sie Malivas Zutrauen nicht verlieren wollte. Seit Daria ihre Hintergrundgeschichte kannte, fühlte sie jedenfalls eine unleugbare Verbundenheit zu ihr, doch wusste sie intuitiv, dass noch mehr dahintersteckte. Schon seit sie sich kennengelernt hatten, war sie sich in ihrer Nähe immer etwas mulmig vorgekommen. Irgendwie hatte sie gespürt, dass dieses Mädchen etwas ganz Besonderes an sich hatte. Vielleicht wären sie sogar sofort Freundinnen geworden, wenn Daria diesen Gedanken damals schon zugelassen hätte. Eigentlich war es komisch, dass sie einander vorher nie nähergekommen waren. Bei den vielen Überschneidungspunkten, die sie besaßen, war es doch Unsinn, wieviel Mühe sie darauf verschwendet hatte, Maliva herunterzumachen. Vermutlich war es bloßer Neid gewesen, der sie dazu verleitet hatte. Mit ihrer fast schon überirdischen Schönheit und der Anziehungskraft, die von ihr auszugehen schien, war sie nun einmal eine unmittelbare Konkurrentin für Daria gewesen.
So waren sie beide in sich selbst versunken, während sie auf einen Zug der jeweils anderen warteten. Nach einer Ewigkeit der Stille, wie es ihnen vorkam, räusperte sich Maliva leise.
»Dann, äh ... zieh ich mich mal aus«, wisperte sie mit erstickter Stimme. Trotz ihrer Worte dauerte es allerdings noch einen Moment, bis sie sich tatsächlich dazu durchringen konnte. Erst holte sie tief Luft, wie um Kraft für diese unüberwindbar scheinende Aufgabe zu schöpfen, dann bewegte sie sich endlich. Unermesslich langsam hob sie die Arme, griff nach dem Saum ihres Shirts und zog es sich über den Kopf. Als sie es letztlich heruntergezerrt hatte, bemerkte sie, dass Daria ebenfalls angefangen hatte, sich zu entkleiden. Maliva konnte nicht anders als kurz innezuhalten und ihr dabei zuzusehen. Es war betörend, wie sie sich von dem Pullover befreite und somit immer mehr ihrer sanften Rundungen offenbarte. Als Unterwäsche hatte Maliva ihr ein Set aus dünnem Baumwollstoff zurechtgelegt, das ein Hemd statt eines Büstenhalters beinhaltete. Sie selbst besaß einfach keine nennenswerten Brüste, sodass eines der mädchenahften Bustiers, die sie für gewöhnlich trug, Daria kaum gepasst hätte. Als sie sich auch dessen noch entledigte, konnte Maliva ihren Blick endgültig nicht mehr abwenden. Aufreizend erhoben sich zwei nicht sehr hohe, aber bereits einigermaßen ausladende Hügelchen auf ihrer Brust, gekrönt von kleinen, pinkfarbenen Nippeln, die auf deren Gipfel thronten. Es war der hinreissendste Busen, den Maliva jemals hatte betrachten dürfen, und sie hatte schon oft die Gelgenheit genutzt, in Umkleideräumen oder im Schwimmbad zu anderen Frauen oder ihren Klassenkameradinnen herüberzuschielen.
Der Anblick war so bezaubernd, dass sie völlig vergaß, sich weiter auszuziehen. Erst als Daria sich erhob, um ihre Hose abzustreifen und dabei verwundert feststellte, dass Maliva sie nur reglos anstarrte, kam sie wieder zu sich. Errötend beeilte sie sich, da weiterzumachen, wo sie aufgehört hatte. Hastig sprang sie auf, hakte die Finger unter den Bund ihrer Hose und wollte sie schon herabziehen, als ihr mit einem Mal etwas einfiel. Während sie Darias Kleidung zum Waschen gebracht hatte, war ihr aufgefallen, wie stilvoll ihre Unterwäsche gewirkt hatte. Obwohl die restlichen Sachen in ihrer etwas schäbigen Art nicht dazu passten, waren es elegante, fein gearbeitete Teile aus einem spitzenbesetzten Stoff gewesen, von denen Maliva sich nur allzu gut vorstellen konnte, wie geschickt sie in ihrem Wechselspiel aus Durchsichtigkeit und Verhüllung Darias Geschlechtsmerkmale umschmeichelten.
Das Problem dabei war, dass sie selbst nicht ansatzweise so vorzeigbare Unterwäsche besaß; sie hatte ausnahmslos sehr kindliche und schlichte Teile. Das allein wäre aber gar nicht weiter schlimm gewesen, wenn sie ausgerechnet heute nicht ein besonders peinliches Exemplar angehabt hätte. Das Oberteil war noch recht unverfänglich, es war ein einfaches Hemd, ganz ähnlich dem, das sie Daria überlassen hatte, der Slip jedoch war bedruckt mit einem gefräßigen, orangefarbenen, Lasagne liebenden Kater, abgebildet in allen möglichen Posen. Hätte sie heute Morgen geahnt, dass dies der Tag war, an dem sie ihre Unschuld verlor, und dazu auch noch an dieses fast schon erhabene Wesen, hätte sie sich für etwas anderes entschieden, aber natürlich war das noch vor wenigen Stunden undenkbar gewesen.
So stand sie hier, halb gebückt, erstarrt im Begriff, die Hose herunterzulassen, ohne zu wissen, was sie jetzt tun sollte. Dann hatte sie eine Idee. Bevor Daria misstrauisch werden konnte, warum sie schon wieder so lange brauchte, hakte Maliva ihre Finger tiefer unter und zog Hose und Unterhose zusammen in einem Ruck hinunter. Nachdem sie nun auch noch ihr Hemd schnell zu Boden fallen ließ, war sie vollkommen nackt und brauchte keine Entschuldigung mehr, um Daria schamlos beobachten zu können. Sie trug inzwischen nur noch den Slip, unter dem sich deutlich ihr kleines Geheimnis abzeichnete. Eigentlich war Maliva überrascht, wie groß dieses Geheimnis in Wirklichkeit war. Sie hatte zwar absolut keine Ahnung, von diesen komischen Dingern, doch hatte sie bisher immer angenommen, dass Penisse, so lange sie schlaff waren, weniger dick und weniger hart waren als der, der nun Darias Höschen ausbeulte.
In diesem Moment griff das Opfer ihres Fluchs nach dem letzten Kleidungsstück, das sie noch verhüllte, und zerrte es sich von den Beinen. Sobald er aus dieser einengenden Umklammerung entlassen war, schnellte der Schwanz darunter hervor und Maliva erkannte ihren Irrtum. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er in freudiger Erwartung des bevorstehenden Geschlechtsverkehrs bereits steif geworden war. Unnachgiebig zuckend stach er aus dem Unterleib ihrer Mitschülerin hervor, Tropfen einer klaren Flüssigkeit absondernd, die einen langen Faden bildend von seiner Spitze herabhing. Doch wie konnte das sein? Es stand doch außer Frage, dass Daria sich zu Jungs hingezogen fühlte. Immerhin hatte sie bis heute Mittag noch einen festen Freund gehabt, und soweit Maliva wusste, verband sie mit anderen Mädchen nichts anderes als Freundschaft. Sogar die Sache mit Theresa hatte sich laut ihrer Berichterstattung aus reiner Hilfsbereitschaft heraus entwickelt.
Daria gingen ganz ähnliche Gedanken durch den Kopf. Es war ihr peinlich, dass sie aus dem Nichts heraus einen Ständer wie einen Betonpfeiler hatte und unternahm den unzureichenden Versuch, ihn zu verstecken, indem sie ein Bein vor das andere stellte und ihr Becken nach hinten gedrückt hielt. Es war ihr ohnehin völlig unverständlich, wie sie jetzt schon wieder so eine ausgeprägte Latte haben konnte, obwohl sie nur dazu angehalten war, von ihrer ehemaligen Erzfeindin eine Wiedergutmachung einzufordern. Zu dem Vorfall mit Theresa war es ja nur gekommen, weil sie sich von ihren unkonventionellen Untersuchungsmethoden erregt gefühlt hatte, doch diese bequeme Ausrede sich selbst gegenüber konnte sie diesmal nicht anwenden. Bislang war sie auf keine noch so unschuldige Art berührt worden, außerdem war sie erst kurz vor ihrer Ankunft hier das letzte Mal gekommen, dennoch ragte ihre Erektion bereits jetzt in voller Größe hervor.
Insgeheim wusste sie auch, warum dem so war. Sie fand Maliva wunderschön und konnte es kaum noch erwarten, sich ihr widmen zu dürfen. Natürlich war sie sich schon vorher klar gewesen, dass sie weibliche Schönheit zu schätzen wusste, sie hatte sich immer mit Freundinnen umgeben, die ähnlich hübsch waren wie sie selbst und hatte sich manchmal sogar in Bewunderung für sie ergangen, doch dass diese Reize Begehren in ihr weckten, war ihr neu. Es fiel ihr keineswegs leicht, das zu akzeptieren, allerdings konnte sie wohl kaum abstreiten, wie heiß sie darauf war, es mit Maliva zu tun, zumal die sie ebenfalls mit unmissverständlichen, von einem inneren Feuer gespeisten Blicken bedachte.
»Tja, ich schätze, ich wäre soweit«, sagte sie schließlich in einer Mischung aus Verlangen und Zurückhaltung, die sogar für ihre eigenen Ohren seltsam klang.
»Sieht ganz so aus«, kommentierte Maliva, die Augen noch immer auf den vor Lust tropfenden Penis gerichtet.
Daria war es nicht gewohnt zu fühlen, wie die Röte in ihre Wangen schoß, für gewöhnlich war sie souverän genug, gelegentliche Anflüge von Verlegenheit gekonnt zu überspielen, doch bei Malivas Anspielung auf ihr prall angeschwollenes Rohr wollte ihr das nicht gelingen. Der Kopf leuchtend wie in einen Farbtopf getaucht stammelte sie: »Dann, äh ... steig ich mal ins Bett, ja?«
Verträumt sah Maliva von Darias Becken auf und betrachtete schweifend den Rest ihres Körpers, bis sie ihr Gesicht erreicht hatte. So unwiderstehlich niedlich das auch war, hatte es zuvor, als Daria unerwarteterweise hier angekommen war, noch ein wenig anziehender als sonst auf sie gewirkt. Sie musste erst eine Weile überlegen, ehe ihr auffiel, woran das lag: die Brille. Sie konnte gar nicht sagen, wieso, aber aus irgendeinem Grund hatte es ihr unheimlich gefallen, ihre so vollkommen scheinende Mitschülerin mit dieser Kleinigkeit zu sehen, die sie selbst mit Sicherheit als Makel wahrnahm. Maliva hingegen hatte sich schon immer zu Frauen mit Brille am stärksten hingezogen gefühlt, ohne zu wissen, warum, doch in diesem Fall war sie besonders davon angetan. Vielleicht weil es bewies, dass Daria nicht so uneingeschränkt perfekt war, wie sie gerne vorgab, immerhin war wenigstens ihre Sehkraft leicht beeinträchtigt, vielleicht auch nur, weil das dünne, klassische Gestell ihre natürliche Eleganz noch unterstich, aber was es letztlich auch war, es ließ jedenfalls Malivas Herz höher schlagen sich vorzustellen, wie sie ihre Brille aufsetzte.
»Ähm ..., warte mal kurz«, sagte sie zu Daria, die sich gerade umgedreht hatte, um wie angekündigt auf das Bett zu klettern. Nun blieb sie überrascht stehen und blickte Maliva fragend an. Die wand sich in dieser erwartungsvollen Aufmerksamkeit wie in der Hitze von brennend auf sie gerichteten Scheinwerfern, schaffte es jedoch, ihre Bitte einigermaßen ruhig hervorzubringen. »Also, könntest du vielleicht ... deine Brille wieder aufsetzen?«
»Meine Brille?«, fragte Daria verwirrt nach. »Ja, ich denke schon.« Sie hatte keine Ahnung, welchen Sinn das haben sollte, entschied sich aber dazu, nicht weiter nachzuhaken. Wenn Maliva sich ihr schon erbot, war es wohl da Mindeste, diesem kleinen Anliegen nachzukommen. Während sie zurück zum Schreibtisch ging und sich die Brille aufsetzte, die sie auf dessen Platte abgelegt hatte, übernahm Maliva ihre Idee, sich wieder auf das Bett zu begeben. Dort kniete sie, den Oberkörper aufgerichtet und die Hände wie zufällig vor der Scham verschränkt, als Daria sich zu ihr umdrehte.
Unwillkürlich spannten sich bei beiden alle ihre Muskeln an und ließen sie erstarren, als sich ihre Blicke trafen. Erneut schien die Zeit zwischen ihnen stillzustehen, wie bei ihrem ersten Zusammentreffen in diesem Haus. Keine von ihnen konnte sich bewegen oder sprechen, sie sahen einander nur stumm an, gefangen in einem unvergänglichen Moment ungläubigen Staunens. So ungehindert hatten sie sich nie zuvor gegenseitig betrachten können. Sie waren keine zwei Schritte voneinander entfernt, es hätte ausgereicht, den Arm auszustecken, um sich zu berühren, und es gab keine Kleidung mehr zwischen ihnen, die dem im Weg gewesen wäre. Zwar waren sie sich beim Ausziehen ähnlich dicht gegenübergestanden, doch da hatten sie wie verschämt die Köpfe abgewandt.
Nun aber gehörten solche Hemmungen offenbar der Vergangenheit an. Unverhohlen bweunderte Daria den kindlichen Körper ihrer neugewonnen und nunmehr einzig verbliebenen Freundin. Vom blassen unwiderstehlichen Gesicht aus, umrahmt von dem hellen, mit Stränen durchzogenen Haaren, glitten ihre Augen abwärts, an den kaum vorhandenen Brüsten und der zierlichen Gestalt hinab, bis zu ihrem Intimbereich, der einzigen Stelle, deren Anblick ihr verwehrt blieb.
Maliva hingegen nutzte die Gelegenheit, die Ungeheuerlichkeit zwischen Darias Beinen zu begutachten. Obwohl sie selbst dafür verantwortlich war, kam es ihr völlig abwegig vor, sich einem Mädchen gegenüber zu sehen, aus deren Schoß ein solch großer, wie aufgepumpt wirkender Penis emporragte. Das war also das Ding, das gleich in sie eindringen würde? Einen Augenblick lang überlegte sie, ob jeder Schwanz so aussah, wie dieser, kam aber schnell zu dem Schluss, dass es wohl so sein musste. In Form und Beschaffenheit glich er zumindest sehr dem Bild, das der Biologieunterricht ihr vermittelt hatte. Natürlich hatte sie noch nie zuvor einen gesehen, sie hatte sich nicht einmal in Gedanken viel mit ihnen beschäftigt, gehörten sie doch einem Sujet der Liebe an, das nicht das ihre war, trotzdem stieß er sie nicht ab, wie sie früher immer erwartet hatte. Bei den seltenen geistigen Exkursen, die sie in dieser Richtung unternommen hatte, waren ihr männliche Geschlechtsteile nie besonders begehrenswert vorgekommen, aber in Zusammenhang mit diesem unverkennbar weiblichen Wesen mit einem so verführerischen Äußeren, dass nicht einmal Magie ihr zu noch mehr Anmut hätte verhelfen können, kam Maliva nicht umhin, sich einzugestehen, dass sie es kaum erwarten konnte, ihn in sich zu spüren. Dabei ging es ihr nicht um den Penis an sich. Zwar war sie ohne jeden Zweifel neugierig darauf, wie er sich anfühlen würde, doch fand sie ihn im Grunde genommen immer noch nur seltsam. Es war vor allem die Verbundenheit, die sie an dieser Vorstellung faszinierte. Sie würde Daria nicht nur auf der Haut wahrnehmen, sie würde sie sogar in sich aufnehmen, es würde eines ihrer Körperteile in ihr stecken, aber nicht nur ein Finger, sondern tatsächlich ihr Geschlecht. Sie wären enger zusammen als jede Umarmung es jemals vermöchte; sie wären völlig ineinander verschlungen, Hand in Hand, Brust auf Brust und Fleisch in Fleisch.
Schon jetzt, auch ohne jeden physischen Kontakt, war die aufkeimende Vertrautheit zwischen ihnen allgegenwärtig. Sie war wie ein Pakt, den sie stumm geschlossen hatten, immerhin standen sie sich hier auf die verletzbarste aller nur denkbaren Arten gegenüber. Nackt, wie sie waren, waren sie auch jeder Rüstung beraubt. Schutzlos waren sie den Blicken der anderen preisgegeben, nur ein falsches Wort oder eine falsche Regung könnte ihr empfindliches Selbstwertgefühl für immer vernichten, doch ihrer beider Blicke blieben durchweg anerkennend, ihre Regungen einzig von Leidenschaft erfüllt. Es bedurfte eines uneingeschränkten Vertrauens, um sich so frei von allen Hüllen zu zeigen, und es überraschte sie beide, dass das gegeben war. Noch vor wenigen Stunden waren sie regelrecht Feindinnen gewesen, doch nun waren sie sich näher, als sie je zu hoffen gewagt hätten. Hier mussten sie ganz sie selbst sein; sie hatten sich ihre verborgensten Geheimnisse gestanden, nun gab es keine Heimlichkeiten oder Täuschungen mehr, hinter denen sie sich verstecken konnten, nun gab es nur noch ihre eigenen Persönlichkeiten und das, was sie füreinander empfanden: Schuld, Reue, beginnende Zuneigung und eben diese absonderliche Gemeinschaft, in der sie sich plötzlich befanden.
Es war seltsam, aber Darias Anwesenheit bedeutete für Maliva mittlerweile nichts mehr weiter als Geborgenheit. Das war es wohl auch, was sie letztendlich dazu bewog, die verhüllend vor ihren Schlitz gelegten Hände langsam fallen zu lassen. Automatisch suchten Darias Augen den Ursprung dieser Bewegung, und als sie ihn gefunden hatten, waren sie nicht mehr von ihm zu lösen. Wie hypnotisiert starrte sie die sich vor ihr auftuende Scheide an. Wie der Rest von Malivas Körper machte auch die einen sehr unreifen Eindruck. Die äußeren Schamlippen bildeten einen deutlich sichtbaren Venushügel und stießen dicht zusammen, nur schwer war zwischen ihnen ein kleiner Spalt zu erkennen, der eine Andeutung seines leuchtend rosafarbenen Inneren verriet. Genau wie bei ihrem voraussichtlich allerletzten Freundschaftsbesuch bei Theresa etwas früher an diesem Tag fühlte sie sich erneut an die Spektakel eines verrufenen Etablissements erinnert: Auch die junge Hexe wirkte auf dem Bett einer Bühne gleich den gierigen Anzüglichkeiten eines Publikums verkommener Herumtreiber ausgeliefert, eine Analogie, die durch ihre kniende Pose mit durchgebogenem Rücken noch verstärkt wurde, doch war ihr schamhaftes, sich nur widerstrebend offenbarendes Benehmen von einer Erotik, die keine noch so freigiebige laszive Zurschaustellung hätte bieten können.
Sofort schwoll Darias Schwanz noch etwas mehr an – sofern das überhaupt möglich war – und pulsierte in einem sich stetig steigernden Rhythmus, bis sie es kaum noch aushielt. Fast von selbst stolperten ihre Beine schließlich dem Bett entgegen, als ginge von dem Mädchen darauf eine Anziehungskraft aus, der sie sich nicht widersetzen konnte. Da sie ja nun nur etwa einen Meter davon entfernt stand, war diese Distanz selbst in ihrem schlafwandlerischen Zustand schnell überwunden, sogar auf das kniehohe Gestell zu klettern, stellte kein gesondertes Problem dar. Dort hockte sie dann Maliva in ganz ähnlicher Haltung gegenüber, gehüllt in eine Aura der Zuneigung und des Entzückens. Nur zu gerne hätte sie Maliva berührt, sanft über ihre Wange oder die sich leicht vorwölbende Brust gestreichelt, doch befürchtete Daria, sie damit zu verschrecken. So sehr sie es sich auch wünschte, für einen derartig rückhaltlosen Zuspruch waren sie in ihrem zerbrechlichen Bund wohl einfach noch nicht bereit. Der langsame Prozess von Sühne und Vergebung, in dem sie sich befanden, hatte gerade erst begonnen, den durfte sie nicht mit einer übereilten Unachtsamkeit zunichte machen.
Somit war es wieder einmal an Maliva, den ersten Schritt zu wagen. Unendlich vorsichtig, als wisse sie nicht, in welche fremden Gefilde sie sich mit diesem Entschluss begab, ließ sie sich auf das Bett sinken. Auf dem Rücken liegend streckte sie sich auf dem Laken aus, die Beine leicht gespreizt, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein und sah in einer Art sorgenvoller Neugier zu Daria hoch.
So scheu dieser Blick auch war, traf er Daria doch mit der Wucht eines Himmelskörpers, als sei ein Meteorit durch das Dach des Hauses geschmettert und ihr gegen den Kopf geknallt. In ihm lagen dieselben Empfindungen, die sie an diesem Nachmittag ebenfalls verspürt hatte, als sie sich unvermutet in einer ganz ähnlichen Situation mit Daniel wiedergefunden hatte. Es war die unverkennbare Lust, die bevorstehende sexuelle Erfahrungen nun einmal mit sich brachten, aber befangen von der unvermeidlichen Angst vor dem Unbekannten. Ohne dass sie diesem Impuls hätte widerstehen können, nickte Daria ihr beruhigend zu. Das war keine hohle Geste; aus ihr sprach die unwiderrufliche Versicherung, dass sie einfühlsamer als Daniel sein würde. Sie würde ihr nicht wehtun und sie auch nicht danach sich selbst überlassen. Keinesfalls würde sie zulassen, dass Maliva so enttäuscht wurde wie sie. Das hätte sie auch auf keine andere Art ausdrücken können, zum einen hätte sie nicht gewusst, wie sie es hätte in Worte fassen können, vor allem aber hätte jeder Laut nur ihr umfassendes Einvernehmen gestört.
Diesem Versprechen gemäß beugte sie sich nur mit äußerster Behutsamkeit zu Maliva herab. Die Arme neben ihr auf das Bett gestützt ließ Daria sich langsam auf sie sinken, wie eine Feder, die an einem windstillen Sommertag schwerelos zu Boden segelt. Zuerst trennte sie noch ein dünner, kaum wahrnehmbarer Spalt aus Luft voneinander, aufgeheizt von ihrer Körperwärme und dem Verlangen, das zwischen ihnen herrschte, doch der schwand immer mehr dahin, bis sie endlich unmittelbar aufeinanderlagen, ihre Haut so untrennbar verbunden wie zwei Liebende in einer tröstenden Umarmung. Sie hatte sich bewusst etwas versetzt zu Maliva niedergelassen, sodass ihr Penis ein Stück vor deren Schritt herabhing. Mit einem kleinen Ruck rutschte sie nun weiter vor, um sich auf dieselbe Höhe zu bringen. Dabei wurde die Oberseite ihres Schwanzes gegen Malivas Scheide gepresst, und bereits diese sanfte Berührung ließ ihn so heftig erbeben, dass Daria das Gefühl bekam, gleich abzuspritzen. Überdeutlich spürte sie die Feuchtigkeit und ausströmende Hitze des sich an ihren Schaft schmiegenden Schlitzes, die samtenen Schamlippen hatten sich sogar ein wenig geöffnet, sodass er wie eingeklemmt schräg zwischen ihnen steckte.
Daria entfuhr ein lautloses Keuchen, beschloß aber trotzdem, sofort weiterzumachen. Ihr war klar, dass sie auf diese Weise nicht lange würde durchhalten können, doch konnte sie unmöglich warten. Geilheit überschwemmte sie, und die drängte nun, ohne einen Widerspruch zu dulden, nach Erlösung in ihr. Unfähig sich auch nur noch einen Moment zurückzuhalten, langte sie sich zwischen die Beine und ergriff ihren sich aufbäumenden Ständer. Er war glitschig geworden, dort wo er mit Malivas Sekreten in Kontakt gekommen war, doch gelang es ihr, ihn festzuhalten.
Ihn mit einer Hand dirigierend hob sie ihr Becken weit genug an, dass er über der Scham der jungen Hexe schwebte und richtete seine Spitze auf deren Eingang. Zunächst drängte sie sich nur ganz leicht zwischen die Schamlippen, gerade einmal so tief, dass sie sich sachte öffneten und das Loch an der Kuppe ihres Schwanzes von Wärme eingehüllt wurde. Dann wollte sie sich allmählich mit aller gebotener Sorgsamkeit weiter hineinwagen, doch geriet dieses Vorhaben schnell in Vergessenheit. Sobald ihre Eichel erst einmal vollständig von der verlockenden Weichheit von Malivas Geschlecht umschmeichelt wurde, überkam Daria das nicht zu unterdrückende Bedürfnis, ganz darin einzutauchen. Ohne sich beherrschen zu können stieß sie ihren Unterkörper gegen des Mädchens unter ihr, und als sie sich wieder im Griff hatte, steckte sie auch schon bis zum Anschlag in ihr.
Überrascht stöhnte Maliva auf, als sich der dicke Penis ohne jede Vorwarnung so hart in sie zwang. Eigentlich hätte sie darauf vorbereitet sein müssen, bereits während Daria ihren Hintern emporgehoben hatte, sodass ihr Schwanz längs ihren Schlitz entlanggezogen worden war, war abzusehen gewesen, dass sie sich genau dazu bereitmachte, doch die Plötzlichkeit nach diesem erregend gemächlichen Beginn hatte sie einfach nicht erwartet. Außerdem durchzuckte sie ein flüchtiges Stechen, von dem sie nicht wusste, ob es dem Ende ihrer Jungfernschaft oder dem unvermittelten Eindringen geschuldet war. Der leise Schmerz, wie ein kleines Pieksen mit einer Nadel, verging jedenfalls so rasch, wie er sich bemerkbar gemacht hatte, und befeuerte das Verlangen nur noch, das mit Darias Eindringen in sie in ungeahnte Höhen aufbrauste. Es war seltsam, doch es schien als habe dieses unangenehme Gefühl die schöneren weiter hervortreten lassen. Zwar war ihre Erregung durch Nervosität überschattet gewesen, aber die war zusammen mit ihrem Hymen verschwunden, sodass nur noch eine Empfindung höchster Glückseligkeit verblieb. Möglicherweise ließ das Dunkel des aufblitzenden Schmerzes den Glanz ihrer geschlechtlichen Vereinigung bloß in einem helleren Licht erstrahlen, vielleicht war sie jetzt auch ein wenig entspannter. Nun da der Augenblick ihrer Entjungferung vergangen war, war keum mehr ein Grund für irgendwelche Befürchtungen gegeben. Von nun an waren Daria und sie wirklich in allen Belangen gleich: Sie hatten beide ihre Unschuld verloren – in welcher Form auch immer –, sie teilten das Schicksal von Ausgestoßenen und jetzt teilten sie sogar das Bett miteinander.
Doch Maliva blieb gar nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Daria verharrte nur wenige Momente so in ihr, den Mund zu einem lautlosen Stöhnen verzogen und die Augen geschlossen, als müsse sie selbst sich erst mit dieser neuen Sensation vertraut machen, obwohl es für sie doch keineswegs das erste Mal war, dann begann sie, sich langsam zu bewegen. So sachte wie ein warmer Windhauch der ihren Schambereich entlangstrich, spürte Maliva, wie ihre androgyne Klassenkameradin sich an sie drängte, in einem getragenen, gefühlvollen Takt ihre Hüfte hob und senkte, um sie anschließend wieder fest und doch zärtlich an die ihre zu schmiegen. Dabei merkte sie, dass Darias Gewicht ihre nur leicht offen gehaltenen Beine jedesmal neu aufweitete, wenn sie zwischen sie glitt, dennoch ließ Maliva sie nicht weiter auseinanderklaffen, sondern behielt sie einigermaßen dicht beisammen. Sie liebte es, wie Daria auf dieses Weise mehr Kraft aufwenden musste und deren Unterkörper an ihren Schenkeln entlangrieb.
So zurückhaltend wie sie mit ihrem Becken auf und ab fuhr, nahm Maliva auch in schwindelerregender Deutlichkeit wahr, wie sich der Penis in sie bohrte. Mit seinem enormen Umfang teilte er spürbar ihre sonst aneinanderliegenden Scheidenwände, sogar ihre Schamlippen waren ungewohnt weit gedehnt, obwohl sie schon oft ihren Finger behutsam zwischen ihnen entlanggefürht hatte. Es fühlte sich fremd und bezaubernd zugleich an, so ausgefüllt zu werden. Ob Darias durch einen Fluch entstandener Schwanz nun gößer war als der normaler Menschen oder nicht, als er sich in die Enge ihres bislang unerkundet gebliebenen Kanals wand, kam sie sich jedenfalls vollkommen ausgestopft vor, als wäre jede noch so winzige Unebenheit ihres Inneren mit einem seidigen, gummiartigen Rohr verschloßen.
Bei genauerer Betrachtung war es allerdings gar nicht so verwunderlich, dass diese neuartige Erfahrung sie dermaßen mitnahm, immerhin hatte sie aufgrung ihrer Neigungen nie gedacht, sie tatsächlich einmal zu erleben. Sie hatte einfach nie angenommen, je einen richtigen Penis in sich aufzunehmen, höchstens die Zunge oder Finger eines anderen Mädchens. Nicht einmal der Gedanke, von ihr mit einem Dildo oder etwas Ähnlichem befriedigt zu werden, hatte sie besonders interessiert. Am meisten hatte sie immer die Vorstellung angemacht, ihre fest aufeinandergepressten Schlitze zu reiben, und dementsprechend waren auch ihre Exkursionen in Sachen Masturbation verlaufen. Sie onanierte regelmäßig, doch hatte sie sich nie etwas eingeführt. Zwar ließ sie ab und zu die Spitze ihres Zeigefingers ein weing einsinken, wenn sie inmitten der Spalte verharrte, aber nie zu tief, gerade so weit, dass sie die versiegelten äußeren Labien trennte und die feuchte Linie zwischen ihnen nachzeichnen konnte. Jedoch tat sie selbst das nicht allzu häufig. Für gewöhnlich massierte sie ihre Scheide eher, ließ ihre Finger mit der sanften Einkerbung und der Klitoris spielen oder stimulierte gleich den ganzen Bereich mit dem Handballen. Einmal hatte sie sogar eines ihrer Kopfkissen dazu benutzt. Sie hatte sich einfach ein Ende gegen den Schritt gestopft, und es dort mit Armen und Beinen umschlungen gehalten, sich mit schaukelnden Bewegungen daran vergehend. Es war geradezu wundervoll gewesen, wie sich der weiche Stoff an ihren unbedeckten Schritt gedrückt hatte und das Gewebe sie überall kitzelte, doch hatten Schuldgefühle und die Besudelungen, die sie dabei hinterlassen hatte, sie bisher an einer Wiederholung gehindert.
Mehr als solch ein Streicheln als Zuwendung hatte sie sich auch nie gewünscht. Sie hatte nichts vermisst und auch nicht das Bedürfnis verspürt, sich etwas in eine ihrer Körperöffnungen zu stecken. Das war ihr einfach nicht übermäßig erstrebenswert erschienen. Nun aber musste sie feststellen, dass es durchaus etwas für sich hatte. Das Reiben der Eichel an ihren Scheidenwänden, die Art, wie sie ihr Inneres aufzwang und hinter sich wieder zusammenfinden ließ, das alles schickte Wogen der Lust durch ihren Körper. Ihre Muskeln begannen sich unkontrolliert zu verkrampfen und zu verspannen, ihr Herz flatterte und Hitze stieg in ihr auf wie das Wasser bei einer Sturmflut. Unaufhaltsam breitete sie sich in ihr aus, von ihrem nun doch abgedichteten Loch aus bis in die letzten Winkel ihrer Zellen. Jede Faser ihres Selbst schien vor Leidenschaft beinahe zu glühen, während sie ein leises Stöhnen nicht länger unterdrücken konnte.
Das waren unverkennbare Anzeichen eines nahenden Höhepunkts, wie sie dank ihrer ausgiebigen Versuche auf dem Gebiet der Masturbation sehr wohl wusste, allerdings war ihr nicht ganz klar, ob sie überhaupt Lust empfinden sollte, immerhin tat sie das hier nicht zum Vergnügen. Es war nur eine bizarre Form der Wiedergutmachung an Daria, die sie mit diesem Penis gestraft hatte. War es da nicht auch auf geradezu umfassendste Weise gerecht, dass sie genau dieses Ding dazu benutzte, um ihre Triebe in ihr zu besänftigen, was letztendlich darauf hinauslaufen würde, dass sie mit denselben Bedrängnissen geschlagen war?
Zudem war es immer noch Daria, die sich da in ihr erging; das Mädchen, das sie das ganze Jahr über verhöhnt und verspottet hatte, das sie immer wieder in Verlegenheit gebracht und beleidigt hatte. Es sollte sie wohl kaum in Verzückung versetzen, ausgerechnet von dieser Person genommen zu werden, doch konnte sie dieses Gefühl unmöglich leugnen, dafür waren die Hinweise zu offensichtlich, schließlich erbebte sie schier unter der Ekstase, die über sie hinwegrollte. Aber wie konnte das sein? Warum bereitete es ihr solche Freude, von ihr bestiegen zu werden, noch dazu mit diesem Geschlechtsteil, das überhaupt nicht ihren Vorlieben entsprach?
Andererseits stand Darias Weiblichkeit außerhalb jeden Zweifels, ebenso wie ihre strahlende Schönheit. Von diesem Blickwinkel aus betrachtet war es schon verständlich, dass Maliva sich so oft vorgestellt hatte, mit ihr zu schlafen, wenn sie Hand an sich selbst legte. Sie war nun einmal ein wahrgewordener feuchter Traum, zu hübsch und zu verführerisch, als dass man ihr hätte widerstehen können. Auch die ganze Situation ähnelte ihrer liebsten Phantasie. Weil Daria flach auf ihr lag, rutschte sie bei jedem ihrer ausdauernden Stöße aufreizend über sie hinweg, ganz so als würden sie sie nur ihre Schlitze aneinanderdrücken, um darin ihre gegenseitige Erfüllung zu finden. Immer wieder strichen ihre Brüste über die ihren, während sich die hart aufgerichteten Nippel an sie pressten. Diese zwei hinreissenden kleinen Hügel hatte Maliva oft bewundert und sich überlegt, wie es wohl wäre, ohne jede Rücksichtnahme mit ihnen zu spielen. Da sie sich in ihren Träumereien in Bezug auf Daria auf äußerst hemmungslose Weise mit ihr befasste, waren sie einige Male derart eskaliert, dass ihr in den Sinn gekommen war, eine ihrer Brustwarzen zwischen Daumen und Zeigefinger zu packen und kräftig daran zu ziehen. Das war etwas, das sie selbst hin und wieder ausprobiert hatte. Es hatte ein paar seltenen Gelegenheiten gegeben, in denen einfache Onanie ihr nicht die erhoffte Befriedigung gewährt hatte, dann hatte sie auf solch rabiate Maßnahmen zurückgegriffen. Aus irgendeinem Grund hatte ihr das immer die inständig herbeigesehnte Erlösung verschafft. Obwohl es natürlich wehtat, war der Schmerz nicht unangenehm, sondern vielmehr aufregend. Das brennende Gefühl durchfuhr ihre Brust wie ein Kitzeln, das unweigerlich ihre keuchende Begierde verstärkte und sie einem Orgasmus entgegentrieb.
Doch auch wenn sie oft darüber phantasiert hatte, Daria auf möglichst erniedrigende Weise flachzulegen, hatte für Maliva Sex eigentlich immer etwas mit Liebe zu tun. So sehr sie auch die reine Verzückung zu schätzen wusste, die einem das bloße Ausleben von Bedürfnissen bot, war das etwas, das sie auf ihre autoerotischen Abenteuer beschränkte. Nie hätte sie daran gedacht, in Wirklichkeit einmal mit jemandem ins Bett zu steigen, den sie kaum kannte, schon gar nicht bei ihrem ersten Mal, dazu verband sie diesen Akt zu sehr mit Empfindungen von absoluter Nähe und tiefster Geborgenheit, trotzdem lag sie nun hier, den verzauberten Schwanz eines Mädchens in sich, mit dem sie sich gerade erst angefreundet hatte.
Tatsächlich war genau das wohl auch der verquerste Aspekt dieser Begebenheit. Entgegen jeder Erwartung, die sie eigentlich haben sollte, wenn sie mit jemandem schlief, mit der sie vorher überhaupt nicht klargekommen war und die sie höchstens als reines Objekt, das ihr zur freien Verfügung stand, betrachtet hatte, wenn sie in sinnlichen Zusammenhängen an sie gedacht hatte, fühlte Maliva sich in diesem Moment wahrhaftig geliebt. Hier, in Darias Armen, konnte ihr nichts geschehen, sie würde auf sie aufpassen und sie beschützen, gemeinsam würden sie alle Hindernisse überwinden, seien es nun schiefgelaufene Hexereien oder gegenseitige Vorurteile.
Ihr rationaler Verstand wies Maliva leise darauf hin, dass das völliger Unsinn war; selbst wenn sie sich jetzt vertrugen, waren Gedanken dieser Art zu vorschnell. Es war noch gar nicht abzusehen, wie lange ihre unfreiwillige Allianz noch Bestand hätte, nachdem diese Angelegenheit erst einmal ausgestanden wäre und inwiefern sie einander wirklich vertrauen konnten, doch kamen diese Vorbehalte gegen ihre persönlichen Eindrücke nicht an. Noch bevor sie begriff, was geschah, stieg eine überwältigende Zuneigung zu ihrer neugewonnen Freundin in ihr auf, wie eine Flamme, die sie von Innen heraus wärmte und sich mit der tobenden Lust verband, die sie noch immer beherrschte. Vollkommen hingerissen von dieser unerwarteten Erkenntnis, sich auch geistig, nicht nur körperlich, zu Daria hingezogen zu fühlen, bemerkte sie gar nicht, wie ihre Hände sich anscheinend ganz von selbst hoben und sich auf deren Hüften legten.
Ohne dass Maliva ihre Bewegungen bewusst gesteuert hätte, streiften sie Darias Taille entlang, streichelten ihr über den Rücken und sogar den Brustansatz. Erst da, als ihre Hand sanft gegen die Unterseite einer der weichen Rundungen stieß, wurde Maliva überhaupt klar, was sie gerade tat. Irritiert über diese Verselbstständigung ihrer Gliedmaße hielt sie inne, begann jedoch fast sofort darauf wieder von Neuem, diesmal indem sie ihre Hände ganz offen dazu einsetzte, Darias Körper noch ausführlicher zu erforschen. Es war einfach entrückend, die fiebrig wirkende Haut an ihren Fingern zu spüren und die Unebenheiten ihrer Gestalt auszuloten, die Vertiefung ihrer Wirbelsäule oder den Anstieg des Rippenbogens. Doch bei aller selbstvergessener Bezauberung, die das mit sich brachte, überschritt sie nie eine gewisse Grenze. Nur zu gerne hätte sie hemmungslos an den Brüsten ihrer Mitschülerin herumgespielt und ihre vollen ausgestreckten Hinterbacken umfasst, aber mit aller Verzweiflung rang sie diesen Impuls nieder. Es kam ihr einfach viel zu familiär vor, als dass sie sich das erlaubt hätte. Auch wenn ihre Geschlechter auf die innigste nur mögliche Weise miteinander verbunden waren, wäre eine Berührung dieser ausschließlich privaten Stellen zu vertraulich gewesen. Eine solche Bedingungslosigkeit stand nur Liebenden zu.
Daria war von so erschütternder Erhabenheit, dass es ihr im Herzen wehtat, auf diesen zusätzlichen Reiz verzichten zu müssen, allerdings war die Fülle von Wahrnehmungen, die unaufhörlich von allen Seiten auf ihre Sinne einstürmten, auch so schon derart aufwühlend, dass Maliva sich ihrer nicht erwehren konnte. Die Last von Daria selbst auf ihr, die Hitze, die sie auszustrahlen schien, der Anblick des unglaublich niedlichen, von Anstrengung geröteten Gesichts, mit dem sie sich in ihr verausgabte und nicht zuletzt natürlich der Schwanz, der unentwegt in ihr ein und aus fuhr; jede noch so winizge Einzelheit dieser ganzen amourösen Eskapade, die sie bis vor kurzem noch als unvorstellbar abgetan hätte – dass ausgerechnet Daria sie mit einem Penis durchnehmen würde, den sie allein durch einen Fluch gewonnen hatte – nahm sie weitaus mehr mit als sogar die ausgefallensten Experimente in Sachen Selbstbefriedigung es je vermochten. Darias langes schwarzes Haar hing bis zu ihr hinab, sodass es Maliva bei jedem der Stöße in ihre Scheide hinein an der Wange kitzelte, und auch diese sonst vernachlässigbare Empfindung ließ sie so nachhaltig erschaudern, als handelte es sich um eine Liebkosung der aufsehenerregendsten Art. Nun waren es nicht mehr nur ihre Brüste und ihre Scham, die als einizge mit sämtlicher Zuwendung bedacht wurden, wie wenn sie es sich mit der Hand machte, sondern jedes einzelne Element, das ihr zugehörte, nahm teil an diesem Taumel reinster Euphorie, der sich in immer neue Höhen schwang, bis Maliva das Gefühl bekam, vor lauter atemlosem Keuchen gar keine Luft mehr zu bekommen.
Irgendwann war es tatsächlich so weit. Für einen Moment stockte ihr vollkommen der Atem und sie lag still da, unfähig auch nur einen Finger zu rühren, als sich all ihre Muskeln mit einem Mal verkrampften, dann entlud sich die angehaltene Luft plötzlich in einem spitzen Schrei, zusammen mit der beinahe quälenden Lust, die sich schwindelerregenden in ihr aufgestaut hatte, während ein Orgasmus gewaltigen Ausmaßes über sie hinwegfegte. Ihr Herz klopfte wie wild und ihr Becken zuckte unwillkürlich auf und ab, doch das bekam sie nicht einmal mit, so groß war die Befriedigung, die sich in ihr breitmachte. Für diese Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit streckten, schien es, als habe sie solche Banalitäten hinter sich gelassen, als hätte dieser grenzenlose Höhepunkt die Einschränkungen und Bedürfnisse ihrer weltlichen Existenz völlig hinweggespült und nur ihren in unendlicher Erleichterung versunkenen Geist zurückgelassen.
Obwohl sie beim Onanieren schon oft Orgasmen erlebt hatte, die sie wunschlos glücklich gemacht hatten, hätte sie nie gedacht, dass so etwas möglich war. Es kam ihr vor, als seien alle Makel verschwunden, nicht nur ihre eigenen sondern auch die in ihrer Beziehung zu Daria. Jegliche Unstimmigkeiten, die zwischen ihnen bestanden hatten, waren auf einmal bedeutungslos geworden. Es war nicht länger wichtig, wie sie zueinandergefunden hatten, wichtig war nur dieser Augenblick, in dem sie sich in den Armen lagen und ihre Gefühle teilten.
Natürlich ging auch der mit der Zeit vorüber. Nach und nach fand Maliva zur Wirklichkeit zurück; ihr Bewusstsein wurde klarer und ihr Herz beruhigte sich wieder, doch der Eindruck rückhaltloser Verbundenheit zu Daria blieb bestehen. Betört von dieser wohligen Empfindung streckte Maliva sich aus, als die nicht abzuschüttelnde Entspannung der abklingenden Ekstase Besitz von ihr ergriff. Nachdem ihre Muskeln sich zuvor so verkrampft hatten, waren sie nun schlaff, und ihr Verstand konnte sich noch nicht von den letzten Ausläufern der Leidenschaft lösen, die wie Sterne um sie herum tanzten. Da sie sich ohnehin nicht bewegen konnte, blieb sie so liegen, ihre Atmung noch immer tief vor Erschöpfung und ihr Gesicht zu Daria emporgewandt, die sich ohne Unterbrechung weiter in ihr vergnügte.
Doch selbst wenn sie sich in ihrer Benommenheit dazu hätte aufraffen können, den Kopf zu drehen, hätte sie es nicht getan. Genau genommen hätte sie nichts in der Welt davon abbringen können, Daria nun zu betrachten. Sie war einfach ganz und gar eingenommen von der ehrfurchtgebietenden Schönheit, die sich ihr bot: die vollen Lippen, die hohen Wangen und die strahlend blauen Augen. Zum Teil war das aber wohl auch der Brille geschuldet, die sie nun trug, eine Applikation, auf die Maliva schon immer besonders gestanden hatte. Irgendwie ließ sie Darias Züge weicher erscheinen und verlieh ihr einen Glanz, der sie noch anziehender machte. Sie so über sich zu sehen, von Begierde entflammt, während sie sich in ihrer Scheide erging, war jedenfalls das Wundervollste, was ihr jemals widerfahren war, und so kostete sie diesen Moment zügellos aus, als sie selbst bereits von nicht zu überbietender Zufriedenheit erfült war und darauf wartete, dass ihrer hinreissenden Partnerin dasselbe Geschenk zuteil wurde.
Daria bemerkte den verklärt auf sich gerichteten Blick und drohte sogleich in ihm zu versinken. Die Anzeichen des alles niederwälzenden Höhepunkts, den Maliva durchlebt hatte, waren offensichtlich gewesen und erhellte sie selbst mit Freude, als wäre ihr eigenes Wohlbefinden erst dann etwas wert, wenn sie es mit ihr teilen konnte. Nichts anderes schien von Belang, weder ihr neues Dasein als Ausgestoßene noch die Tatsache, dass sie nun einen Schwanz besaß, nur dass sie beide ihr Verlangen einander widmeten.
All das sah Daria in Malivas wie magisch leuchtenden, honigfarbenen Augen widergespiegelt, dass sie viel mehr gemeinsam hatten als zunächst anzunehmen gewesen war, dass sie auf eine merkwürdige Art sogar untrennbar verbunden waren, die weit über ihr ursprüngliches Verhältnis als Verfluchende und Verfluchte hinausging, doch trotz ihres sehnlichsten Wunsches, endlich einen Platz zu finden, an den sie gehörte, machte ihr das Angst. Was geschah da mit ihr? Maliva war immerhin ein Mädchen, noch dazu eines, mit dem sie seit ihrem ersten Zusammentreffen nicht gut ausgekommen war, dennoch wurde sie immer geiler bei dem Gedanken daran, es jetzt gerade mit ihr zu tun, und es drang ein spürbarer Stich durch ihren Brustkorb, so auf sie herabzublicken, gehüllt in höchste Glückseligkeit.
Sie musste zugeben, dass sie außerordentlich hübsch war mit ihren in verschiedenen Brauntönen gehaltenen Haaren, der blassen, fast durchscheinend wirkenden Haut sowie ihrer zierlichen, nur kaum entwickelten Figur, und aus genau diesem Grund entschied Daria sich dazu, ihren Kopf neben den Malivas sinken zu lassen. Sie nahm an, das war der einfachste Weg, nicht mehr daran denken zu müssen, dass es ihre Klassenkameradin war, mit der sie es hier trieb, doch da täuschte sie sich. Hier waren die Auswirkungen ihrer Nähe bloß noch allgegenwärtiger. Nun fühlte sie die Wärme ihrer Freundin nicht nur an ihrem Schwanz und den Partien ihres Körpers, mit denen sie auf ihr lag, sondern auch an der Wange, einer Stelle, die für sie aus irgendeinem Grund eine viel engere Bindung symbolisierte, vielleicht weil das elementarer Bestandteil von Umarmungen und jeder Form eines liebevollen Umgangs war. Zudem war in dieser Haltung Malivas Geruch unausweichlich stärker wahrzunehmen.
Erstaunlicherweise ließ das Darias Begehren bis an die Grenzen des Erträglichen steigen. Als sie sich vor zwei Tagen bei ihrem Verkehr mit Theresa aus nahezu derselben Absicht heraus so dicht auf sie gelegt hatte, dass sie ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte, um nicht daran erinnert zu werden, es mit ihr zu tun, hatte sie ebenfalls deren leichten Duft in der Nase gehabt, doch hatte der nicht annäherend dieselbe Wirkung auf sie gehabt wie jetzt. Ihr Ständer wurde so hart, dass ein Ziehen den Schaft entlangraste, und er begann wie aufgeregt zu zucken in Vorbereitung seiner Entladung, während sichscheinbar eine Sturmwolke in ihrer Brust zusammenballte, die Blitze reinster Lust verschoss.
Damit waren ihre guten Vorsätze der Zurückhaltung dahin. Maliva roch einfach so erregend, dass sie nicht an sich halten konnte. Es war wie ein unwiderstehliches Parfum, leicht süßlich und doch unaufdringlich, das den Funken Willenskraft, den sie noch besaß, außer Kraft setzte und sie unaufhaltsam dem Vergessen der Erlösung entgegendrängte. Nachdem sie es die ganze Zeit über geschafft hatte, ihre Bewegungen so sanft und gleichmäßig wie möglich zu belassen, wurden sie nun immer fordernder. Mit unaufhörlich zunehmender Geschwindigkeit und Wucht rammte sie ihren Schwanz in die Spalte des Mädchens unter ihr. Dabei blieb sie mit ihrem Oberkörper fest auf ihr liegen, sodass sich ihre Brüste weiterhin aufreizend aneinanderschmiegten, nur ihr Hintern hob und senkte sich in schnellen ausholenden Stößen.
Natürlich konnte sie diese Inbrunst nicht lange aushalten. Ein lautes Schnaufen entfuhr ihr, dann zogen sich ihre Hoden zusammen und verströmten ihren Saft. In endlos langen Schüben schoß er aus ihr hervor, bis es ihr vorkam, als würde sie sich in einem einzigen, ununterbrochenen Schwall sintflutartig in der Körperöffnung ihrer neuen Freundin ergießen. Obwohl es das erste Mal in den wenigen Tagen war, seitdem sie einen Schwanz besaß, dass sich sein Abspritzen so befreiend ausnahm, konnte sie einfach nicht aufhören, sich zu bewegen, solange es noch anhielt. Bei der Masse an Flüssigkeit, die da aus ihr trat, hätte sie erwartet, nun vollkommen ausgezehrt zu sein, doch das war nicht der Fall. Egal, wieviel schon aus ihr herausgelaufen war, und wie herrlich das war, weder der unerschöpliche Fluss an Samen, noch die Lust in ihrem Herzen wollten restlos versiegen. Begierig trieb sie ihre sich hartnäckig haltende Latte weiter in den bereits hoffnungslos überschwemmten Schlitz, ohne Aussicht darauf, dass er je aufhören würde, sich zu entladen. In der engen Umgebung, in die er gezwängt wurde, verteilte sich das dickliche Sperma zwar nur langsam aber doch merklich. Es fühlte sich an, als schwämme er in einem See davon, den er selbst dort hinterlassen hatte. Während er ejakulierend hinein und heraus gezogen wurde, blieben große Schlieren davon an den Innenwänden von Malivas Scheide kleben, die er immer mehr mit sich verschmierte. Für Daria war es, als wäre das Loch, in dem sie steckte, auf einmal noch heißer geworden. Unverkennbar spürte sie den warmen, öligen Samen an ihrem Penis. Er überzog ihn mit einem unlösbaren Film und wurde von ihm mit hinaus getragen. An den Rändern von Malivas Schamlippen bildete sich eine kleine Pfütze, die ihrer beider Scham befleckte und mit dünnen, silbrigen Fäden verband, wenn Daria ihre Hüfte hob.
Endlich verebbte die anhaltende Flut an Sperma und mit ihr Darias unbeirrte Beckenstöße. Ruhig blieb sie auf Maliva liegen, die Wange an ihre gepresst und den Schwanz bis zum Anschlag getaucht in ihr mit Samen angefülltes Geschlecht. Ganz freiwillig geschah das allerdings nicht. Ihr Ständer war noch immer nicht abgeschwollen und machte auch keine Anstalten, demnächst zu vergehen, ebensowenig wie das brennende Verlangen, das in ihr tobte. Nur zu gern hätte sie einfach weitergemacht und sich ein zweites Mal in ihr erleichtert, wie sie es vorgestern bei Theresa getan hatte, hielt sich aber mühsam im Zaum. Mit Maliva hatte sie keine Abmachung im Voraus getroffen, dass sie es so oft tun konnte, bis sie endgültig befriedigt wäre, das hier war nichts anderes als eine Wiedergutmachung, rief sie sich ins Gedächtnis. Der einzige Grund, aus dem sie Sex hatten, war den Fluch zu teilen, der über sie verhängt worden war, nun da das passiert war, würde es wohl leider nicht noch einmal dazu kommen. Theresa hatte ihr zwar erlaubt gehabt, ihre Scheide ganz nach Belieben zu nutzen, trotzdem war sie verschwunden, sobald Daria auf dieses Angebot eingegangen war, wie sollte Maliva da erst reagieren, die kein derartiges Versprechen eingegangen war?
Also beließ Daria es dabei. Keinesfalls wollte sie ihre gerade erst gechlossene Freundschaft gleich wieder zunichte machen. Sie musste allerdings zugeben, dass es fast schon genauso berauschend war, hier einfach reglos zu liegen, Malivas betörenden Duft in sich aufzunehmen und ihrer sich beruhigenden Atmung zu lauschen.
Maliva genoß diesen Augenblick in gleichem Maße. Sie war froh, dass sie beide ihre Erfüllung gefunden hatten und dass Daria sich nicht sofort aus ihr zurückzog. So konnten sie die besondere Magie ihrer Vereinigung noch länger auskosten. Sie konnten einfach in diesem traumähnlichen Zustand eines vorübergegangenen Höhepunkts liegenbleiben und in ihrer gegenseitigen Nähe schwelgen. Hinweise auf die Gegenwart des jeweils anderen gab es schließlich genug; nicht nur war der Kontakt und die Wärme von Haut auf Haut überall auf ihr präsent, sondern auch die Masse an Sperma, die Daria in ihr abgelassen hatte. Maliva hette keine Ahnung, ob das eine der unvorhergesehenen Auswirkungen des Fluchs war, oder ob Männer tatsächlich bei jedem Orgasmus so viel entließen, es musste jedenfalls ein ganzen Glas voll sein, das da in ihre Weiblichkeit gepumpt worden war. Sie konnte es über die gesamte Ausdehnung ihres Tunnels hinweg spüren, von seine Tiefen bis an die von Darias Schwanz versiegelte Oberfläche. Es bedeckte jeden Zoll in ihr, es verklebte die einzigen Unebenheiten der Innenwände und sammelte sich am Grund ihrer Höhle. Sie hatte sogar das Gefühl, dass es in ihr umherwaberte, dass es kitzelnd von den Ausbuchtungen troff und in ihren Einkerbungen verrann.
Mit einem leisen Seufzen erhob Daria sich irgendwann doch noch von ihr, so langsam und zögerlich wie jemand, der etwas nur sehr widerwillig tat, aber befürchtete keine andere Wahl zu haben. Falls sie wirklich Bedauern dafür empfand, sich von ihr lösen müssen, erging es Maliva nicht anders. Auch sie hätte diesen Moment gerne noch länger hinausgezögert, trotzdem blickte sie sofort neugierig an sich herab, auf den Schoß, den Darias Penis soeben verließ. Noch waren keine Anzeichen einer Veränderung zu erkennen, aber das war wohl auch nicht zu erwarten gewesen, Daria hatte ja erzählt, dass Theresa ihre Verwandlung erst über Nacht ereilt hatte. Ungewohnt war der Anblick, der sich ihr da nun bot, dennoch. Weiß wölbte sich eine Welle der dickflüssigen Sahne aus ihrer Öffnung hervor, als sie jetzt nicht mehr verschlossen war und floß ihren Hintern hinab auf das Laken. Es sah aus wie ein Miniaturwasserfall, der sich in ein Tal ergoß. Sich Stück für Stück ausbreitend formte sich allmählich eine brackige Lache unter ihr, ein ungleichmäßiges Gemisch aus fast durchsichtigen, speichelähnlichen Anteilen mit dicken, milchigen Klecksen darin, die wie Sumpfgebiete in dieser Landschaft wirkten.
Erst nach dieser kurzen Inspektion blickte sie zu Daria hinüber. Die hatte sich neben ihr auf das Bett gekniet, die Hände auf die Beine gestützt und wie nervös auf sie hinabstarrend. Maliva war überrascht zu sehen, dass ihr Schwanz noch genauso steif war wie zu Beginn ihrer Nummer. Sie hatte sich vorher keine Gedanken darüber gemacht, sie hatte ihn ja in sich verweilen gespürt, aber irgendwie angenommen, dass er trotzdem langsam erschlaffte. Da hatte sie sich offenbar geirrt. Dick und prall stach er unübersehbar aus Darias Hüfe hervor.
Eine unerwartete Enttäuschung befiel Maliva. Sie war fest davon ausgegangen, dass sie beide sich restlos gegenseitig beglückt hatten, und das hatte sie ehrlich gefreut. Zu wissen, dass Daria ebenso viel Spaß an der Sache hatte wie sie selbst, hatte sie noch mehr Behagen verspüren lassen als der körperliche Aspekt alleine ihr verschafft hätte, doch wenn sie die einzige war, die einen wahrhaft ausnehmenden Orgasmus gehabt hatte, während Daria sich nach weiteren Zuwendungen verzehrte, ließ ihre Begeisterung natürlich schwinden. Das erschien ihr einfach ungerecht. Sie wollte die Ekstase, die ihr selbst vergönnt gewesen war, unbedingt auch derjenigen zukommen lassen, die sie in ihr verursacht hatte.
»Du ... du hast ja immer noch einen Steifen«, fasste sie ihre Beobachtung letztlich in Worte.
Darias Wangen waren ohnehin gerötet von den Anstrengungen und den Leidenschaften, denen sie ausgesetzt gewesen war, doch nun vertiefte sich dieser Ton noch, und ihr nach unten gerichteter Blick schnellte kurz zu Maliva herüber, dann konzentrierte sie sich wieder darauf, ihn verzweifelt von ihr abzuwenden. Zu einer Antwort konnte sie sich allerdings nicht durchringen; sie schaffte es gerade einmal, ihre Arme zu einem hilflosen Schulterzucken zu bewegen.
Unbeholfen strich Maliva sich eine Strähne ihres vollen brünetten Haars, die ihr ins Gesicht gefallen war, hinter das Ohr. »Weißt du ... ich meine, wenn du willst, dann, äh ... könnten wir ja auch nochmal ...«
Blinzelnd sah Daria zu ihr auf. »Wirklich?«, fragte sie erstaunt nach. Bisher war jeder, mit dem sie Sex gehabt hatte, sofort darauf verschwunden, doch Maliva war noch hier und bot ihr sogar eine Wiederholung an. Tatsächlich hätte Daria sich nichts Schöneres vorstellen können. Sie brannte förmlich darauf, sich ein weiteres Mal zu entladen, und es gab niemanden, mit dem sie es lieber gemacht hätte als mit Maliva. »Das würde dir nichts ausmachen?«, vergewisserte sie sich. »Du hast nichts dagegen, wenn ich nochmal in dir komme?«
Während Maliva mit verlegen niedergeschlagenen Augen sanft nickte, um ihr zu bedeuten, dass sie auch wirklich einverstanden war, fiel Daria auf, dass es doch etwas gab, das sie lieber tun würde, als erneut ihre Scheide für sich zu beanspruchen. Sie hatte sich vorher nie Gedanken darüber gemacht, aber ein paar Ereignisse der letzten Tage – Theresas erster Versuch, den Fluch zu brechen zum Beispiel, oder ihre eigene Phantasie dabei, als sie heute Nachmittag zuende gebracht hatte, was Daniel unvollendet zurückgelassen hatte – ließen sie allmählich erkennen, dass sie eine besondere Vorliebe dafür hatte, es sich mit dem Mund machen zu lassen. Erst jetzt im Nachhinein bemerkte sie, dass sie auch bei früheren Gelegenheiten, wenn sie sich selbst befriedigt hatte, diesem Traum verfallen war, ohne dem viel Bedeutung beizumessen. Mittlerweile jedoch begriff sie, wie sehr sie sich wünschte, von Maliva auf diese Weise verwöhnt zu werden, besonders in einem Augenblick wie diesem. Ihr war vollkommen bewusst, dass ihr Schwanz noch immer überzogen war mit den Rückständen ihres vorigen Akts und genau dieser Umstand war es, der sie so besonders für diese Idee begeisterte. Ihr war nicht ganz klar, woran es eigentlich lag, aber aus irgendeinem Grund hatte sie wohl etwas dafür übrig, andere Mädchen in Kontakt mit ihren Körperflüssigkeiten zu bringen. Es hatte sie schon über alle Maße angemacht, dass ihr Vorsamen in Theresas Mund gelandet war, als die ihr einen geblasen hatte, ebenso sich vorzustellen, wie sie ihr Daniels Sperma aus dem Anus leckte, und nun war es halt die Möglichkeit, dass Maliva ihr die von Säften aller Art beschmutzte Stange sauberlutschte. Alleine bei dem Gedanken daran zuckte ihr rastloser Ständer bereits wieder unruhig auf und ab.
»Hm ...«, machte Daria langgezogen, während sie überlegte, wie sie ihre Bitte am besten vortrug. Immerhin war das etwas, das für Maliva selbst keinen Anreiz bot, weder würde es ihr unmittelbar Lust bringen, noch würde es ihr einen Nutzen verschaffen. Falls für sie überhaupt je eine Pflicht zur Wiedergutmachung bestanden hatte – woran Daria ohnehin ernste Zweifel hegte, hatte sie sich doch nur gegen ihr widerfahrenes Unrecht gewehrt – so hatte Maliva sie längst erfüllt, in einem Ausmaß, das weit über jede Vernunft hinausging. Warum sollte sie sich also darauf einlassen? Vielleicht sollte sie ihr Anliegen lieber als persönlichen Gefallen ihr gegenüber darstellen. »Ähm, danke, das ist sehr nett von dir, aber ich glaube, es ist gar nicht nötig, dass du noch einmal so weit gehst. Aber wenn du mir unbedingt helfen möchtest, würde es ja auch schon reichen, wenn du ... ich weiß auch nicht, mir einen bläst oder so.«
Erschrocken starrte Maliva auf den über und über besudelten Penis, der sich ihr entgegenreckte. »Du willst, dass ich dir einen blase? Jetzt?«, fragte sie entgeistert, während ihr Blicke langsam wieder zu Darias Gesicht emporwanderte.
Die zuckte wie unbeteiligt mit den Schultern. »War ja nur ein Vorschlag. Ich dachte, das wär dir vielleicht lieber. Wer weiß denn schon, ob du so nicht auch schwanger werden kannst, bei so einem komischen Fluch?«
Obwohl dieses Argument durchaus einleuchtend klang, war Darias Fassade leicht zu durchschauen. Die betont unschuldige Miene, die sie aufgesetzt hatte, und die Reaktionen ihres Körpers machten nur allzu deutlich, wie gern sie es gehabt hätte, wenn Maliva sich ihr fügte. Sie konnte nicht verheimlichen, dass ihr Becken sich verräterisch vordrängte, und ihre Lippen bebten unmerklich in einem unausgesprochenen Flehen.
Nachdenklich blickte Maliva wieder auf Darias Schwanz hinab. Einem anderen Mädchen das Geschlecht zu lecken, hatte ebenfalls immer zu ihren bevorzugten Phantasien gehört, nur war es da natürlich eine Scheide gewesen kein Penis, vor allem keiner, der so vor schleimigen Substanzen troff. Sperma hatte in ihren Gedanken aus offensichtlichen Gründen nie eine Rolle gespielt, und nun fragte sie sich, was sie davon halten sollte. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie es für eklig halten sollte oder nicht, schließlich war es nichts anderes als ein ganz natürliches Element des Lebens, noch dazu eines, ohne das weder sie noch sonst jemand existierte. Sie ekelte sich ja auch nicht vor Blut, wenn sie sich in den Finger schnitt. Andererseits sah es nun wirklich nicht besonders anziehend aus, wie es sich dick um das gesamte Rohr wand, sich nur schwer von ihm löste und dann in langen Schlieren von ihm herabhing. Es hatte ihr nichts ausgemacht, dieses Zeug zwischen die Beine gespritzt zu bekommen, doch es jetzt von dem Pimmel zu lutschen, der es mit sich aus ihr hervorgeholt hatte, erschien ihr fast schon abstoßend.
Trotzdem nickte Maliva bedächtig. Es mocht ohne Zweifel ungehörig und sogar ein wenig widerlich sein, aber zugleich würde sie Daria damit eine große Freude bereiten, und wäre es so nicht auch die bestmögliche Einhaltung ihrer Absichten? Immerhin war das hier als eine Art Entschuldigung gedacht, und was war denn schon eine Entschuldigung wert, die keine Überwindung kostete?
»Okay«, stimmte sie resignierend zu, »ich mach’s. Dann blas ich dir eben einen.«
Daria schien ihr Glück kaum fassen zu können. Einen Moment lang sah sie Maliva nur ungläubig an, ehe sie sich wieder fing. »Wie du willst«, sagte sie, als würde sie das alles gar nicht kümmern, dabei war die Lust in ihrem Gesicht nicht zu übersehen.
Maliva wartete darauf, dass Daria sich irgendwie auf das Bevorstehende vorbereiten würde, doch die bewegte sich nicht. Sie blieb einfach hocken, wo sie war, erwartungsvoll zu ihr hinüberschauend. Dann begriff sie, dass auch gar keine weiteren Maßnahmen erforderlich waren. Sie kniete ja bereits in angemessener Haltung, und ihr vor Ungeduld zitternder Penis war mit Sicherheit mehr als soweit, sämtliche Zuwendungen zu empfangen, die Maliva zu geben in der Lage war.
Damit hing es nur noch von ihr ab. Langsam rutschte sie in ihrer sitzenden Position zu Darias Vorderseite herüber und ließ sich dort auf alle viere nieder, den Hintern auf den Beinen ruhend und die Hände auf das Laken gestützt. Das Gesicht nur eine Handbreit von dem triefendnassen Ständer entfernt hielt sie kurz inne. Sie konnte spüren, wie Daria genau jede ihrer Regungen beobachtete, jeden Atemzug und jedes Blinzeln, versuchte aber, sich nicht davon beirren zu lassen. All ihren Mut zusammennehmend lehnte sie sich letztlich weiter vor und öffnete den Mund, doch anscheinend war bereits dieser simple Vorgang der Zurichtung zuviel für die staunende Überreizung ihrer Freundin. Ein sichtbares Pulsieren durchlief ihren Schwanz und entlud sich in einem wahren Regen von Wollusttropfen, als es dessen Spitze erreichte. Damit gesellten sich noch mehr weitreichende Beschmutzungen zu den sowieso schon im Übermaß vorhandenen. Ein dichtes Gewebe aus Vorsamen blieb an dem Loch in der Eichel hängen und baumelte von dort herab, wie ein glitzernder weißer Eiszapfen, der sich dort aus heißer Sahne gebildet hatte. Träge pendelte es vor und zurück, im unregelmäßigen Takt von Darias erregten Zuckungen.
Das irriterte Maliva, aber es hielt sie nicht davon ab, ihr Versprechen einzulösen. Ohne weiter darüber nachzudenken schob sie sich auch noch das letzte Stück bis zu Darias Penis vor und nahm ihn in sich auf. Dass dabei das schillernde Band aus Präejakulat zerriss und nun ihre untere Gesichtshälfte verklebte, kümmerte sie kaum; sie lehnte sich einfach so weit vor wie möglich und schloss die Lipen um die Mitte des wie begeistert auf und ab hüpfenden Körperteils. Ein neuer Schauer seines seltsamen Niederschlags begrüßte sie bei diesem ersten Kontakt, der diesmal auf ihre Zunge herunterprasselte, trotzdem blieb Maliva erst einmal regungslos verharren. Obwohl sie nie vermutete hätte, jemals in solch eine Situation zu geraten und sich demgemäß auch nicht überlegt hatte, wie sie sich verhalten sollte, war ihr ziemlich klar, was von ihr erwartet wurde. Sie hatte dafür zu sorgen, dass der Schwanz in ihrem Mund ein und aus glitt, ganz so als sei er ihre Scheide, doch für eine kurze Zeit verlor sie dieses Vorhaben aus den Augen. Das herauszufinden war schließlich nicht besonders schwer, sie brauchte nur ein wenig, um sich dessen zu vergegenwärtigen.
Während sie still dahockte, fühlte sie deutlich, wie das zähflüssige Willkommensgeschenk, das ihre Mitschülerin in sie gespritzt hatte, von ihrer Zunge floss und sich großflächig über den gesamten ihm zur Verfügung stehenden Raum verteilte. Maliva konnte es zunächst gar nicht fassen, doch wenn sie ganz ehrlich sich selbst gegenüber war, musste sie zugeben, dass sie das außerordentlich anmachte. So wiederlich dieser glibberige Kram auf den ersten Blick auch wirkte, hatte er doch etwas an sich, das sie überaus faszinierend fand. Sie war sogar voller Neugier gewesen, wie er wohl schmecken würde, doch erstaunlicherweise schien er in dieser Hinsicht neutral zu sein. Auch wenn der Mund voller Samen geschmacklich nicht ihre Erwartungen erfüllen konnte, traten seine anderen Eigenschaften umso stärker hervor. Seine schmierige Konsistenz und die Wärme, die er in ihr verstömte, nahmen sie so sehr gefangen, dass sie die Augen schloss und sich unwillkürlich ein leiser gurrender Laut um den Knebel des fremden Geschlechts in ihrem Mund vorbei hinauspresste.
Als sie sich endlich wieder gefasst hatte, fiel ihr auch das richtige Vorgehen für die Aufgabe ein, die sie zugesichert hatte zu übernehmen. Zunächst noch sehr bedächtig begann sie ihren Kopf vor und zurück zu bewegen. Die Lippen zu einem engen Kreis geschlossen strich sie mit ihnen an dem langen, dicken Kolben entlang, der zwischen ihnen steckte. Auf diese Weise sammelte sich der Schlick, mit dem er vollständig bedeckt war, geradezu in ihr. So fest wie sie auf den Schwanz drückte, nahm sie jedesmal, wenn sie sich von Darias Becken entfernte, eine große Menge der gallertartigen Masse mit sich; sie wischte sie förmlich zu einer einzigen großen Pfütze zusammen, die sie sich unweigerlich in den Mund stopfte, wenn sie ihr Gewicht wieder nach vorn verlagerte. Dort vermischte sie sich mit dem Vorsamen, der bereits in ihr vergossen worden war und von dem noch immer einige vereinzelte Tropfen in sie fielen. Maliva konnte genau fühlen, wie dieses Gemisch aus bereits abgekühltem Sperma, dem noch warmen Vorsamen und dem Ausfluss ihrer eigenen Scheide allmählich ihre Zunge überzog wie etwas klumpig gewordener Wackelpudding und wie schon zuvor, als sie eine erste Kostprobe davon bekommen hatte, genoß sie es regelrecht.
Sie hatte sogar eine ungefähre Ahnung davon, woran das lag: Das hier war fraglos das Intimste, was sie je erlebt hatte. Es war komisch, eigentlich hätte sie wohl den vorangegangenen Akt dafür halten sollen, vermutete sie zumindest, doch diese neue Erfahrung ging noch viel tiefer. Es vermittelte ihr eine noch eindringlichere Empfindung von Nähe als die Brust, die über ihre gestreift war, oder der Penis, der zwischen ihre Schenkel fuhr. So wundervoll das auch gewesen war, und so sehr sie das an die Geborgenheit einer Umarmung erinnert hatte, ging das hier doch darüber hinaus. Das hier war keine Umarmung mehr, dies war ein Kuss, zugegeben, der obszönste, den man sich nur vorstellen konnte, aber ein Kuss nichtsdestoweniger – und was gab es schon Intimeres als einen Kuss?
Von so etwas hatte Maliva immer geträumt. Bisher hatte sie noch nie jemanden geküsst, sie hatte ja noch nicht einmal eine Freundin gehabt und eigentlich hatte sie angenommen, dass es für eine lange Zeit dabei bleiben würde. Schon jetzt war sie in der Schule alles andere als beliebt, wie hätte sie da jemals jemandem ein so persönliches Geheimnis anvertrauen sollen wie ihre lesbische Natur? Trotzdem hockte sie nun hier auf Händen und Knien, das Gesicht vergraben im Schoß eines anderen Mädchens, und es wäre ihr unmöglich gewesen, nicht völlig hingerissen davon zu sein.
Im Grunde blieb das natürlich dennoch unverständlich. Ihr selbst wurde dabei doch überhaupt gar keine Befriedigung zuteil, im Moment war sie einzig und allein dazu da, sie jemand anderem zu gewähren. Daria mochte sie ja nicht einmal wirklich, auch wenn sie sich jetzt gezwungenermaßen zusammengerauft hatten, war Maliva für sie wohl nur ein Mittel zum Zweck, um sich an ihr abzureagieren, sie brauchte nur irgendeine Körperöffnung, die sie dazu benutzen durfte, ganz gleich wem die gehörte. Obwohl ihr das sehr wohl bewusst war, konnte sie das Offensichtliche nicht abstreiten: Sie blies ihrer androgynen neuen Mitbewohnerin einen und es gefiel ihr über alle Maße.
Zwar hatte sie sich schon oft ausgemalt, es einer ihrer Mitschülerinnen oder einer Lehrerin mit dem Mund zu machen, doch da war es immer anders gewesen. Zum einen hatten sie selbstvertändlich keinen Schwanz, außerdem hatten sich ihre imaginären Gespielinnen zumeist auf dieselbe Art revanchiert. In der Realität war das nun alles anders, aber an sich störte das Maliva nicht einmal. Sie lutschte ja keinem Jungen einen ab sondern Daria, und die war nicht nur eindeutig weiblich sondern auch so unglaublich niedlich, dass es Maliva fast schon im Herzen wehtat, sie nur anzusehen. Was die Erwiderung dieses Gefallens anging, hätte sie Daria danach fragen können, doch das wollte sie gar nicht.
Tatsächlich war sie vollkommen zufrieden mit den Umständen, so wie sie waren. Sie hatte schon einen Orgasmus gehabt, der ihr Verlangen restlos gestillt hatte, und es freute sie, jetzt einfach dafür zu sorgen, dass es Daria genauso ging. Doch selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte sie es sich wohl nicht anders gewünscht. Auch wenn dieser rein orale Verkehr ihr keine unbedingte Lust bereitete, war er nicht weniger aufregend als ihre Entjungferung vorhin. Er weckte kein neues Begehren in ihr, aber er kitzelte sie in ihrem Bauch und löste schlicht ein wohliges Gefühl in ihr aus, als würde sie etwas tun, von dem sie wusste, dass es verboten war, sie aber trotzdem mit Glück erfüllte. Zudem machte es auf eine irrationale Weise Spaß, Daria bloß so zu Diensten zu sein, ohne sich um eigene Belange kümmern zu müssen. Es brachte Maliva selbst eine gewisse Erfüllung zu wissen, dass sie Daria welche schenkte. Die unübersehbaren Anzeichen ihrer Erregung – das unaufhörliche Quellen der Wollusttropfen in sie, die offenbar unwissentlich ausgeführten pendelnden Bewegungen ihres Beckens und ihr verhaltenes, kaum hörbares Stöhnen – all das entfachte in ihr die Verzückung darüber, sie glücklich zu machen. Daria sehnte sich mit unverkennbarer Verzweiflung danach, sich in ihrem Mund zu erleichtern, und Maliva war froh, ihr dabei behilflich sein zu können.
Also tat sie alles in ihrer Macht stehende, um genau das zu tun. Ihr anfänglich noch sehr vorsichtiges Kopfnicken wurde nun immer fordernder. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, wie dringend Daria ihr Sperma in sie spritzen wollte, und sie konnte es ebenfalls kaum noch erwarten. Zuerst hatte sie starke Bedenken gehabt, was diese Sache anging, doch jetzt musste sie sich eingestehen, dass ihre Neugier überwiegte. Die erkalteten Samenschlieren, die sie von dem Penis geleckt hatte und noch immer samtig ihre Zunge umschmeichelten, hatten ein unerwartetes Begehren in ihr entstehen lassen. Sie wollte herausfinden, wie es war, wenn die volle Ladung auf einmal aus dem Loch an der Spitze hervorplatzte, so wie es gewesen war, als Daria in ihrer Scheide gekommen war, nur dass sie es nun noch unmittelbarer erleben wollte. Dieses Mal würde sie es in ihrem Mund fühlen können, es darin umherwälzen, um seine Beschaffenheit genau zu ergründen und den Verlauf jedes einzelnen Tropfens verfolgen, der über ihre Lippen trat.
Erst jetzt fiel Maliva auf, dass es damit nicht getan war. Was sollte sie tun, nachdem Daria ihren Willen gehabt hatte? Sie konnte diese klebrige Soße nicht einfach dort belassen, wo sie eben landete, wie sie es bei ihrem Schlitz getan hatte. Sollte sie in aller Eile ins Badezimmer rennen und es ins Waschbecken spucken? Einen Augenblick dachte sie darüber nach, obwohl sie insgeheim wusste, dass sie das nicht tun würde. Welchen Grund hätte sie denn auch dazu gehabt? Immerhin hatte sie bereits Darias Geschlecht in ihrem Mund – die wahrhaftigste Bekundung von Vertrauen und Zuneigung, die man Malivas Meinung nach jemandem zukommen lassen konnte – welchen Unterschied sollte es da schon machen, wenn sie das trank, was ihr dabei überantwortet wurde? Außerdem hatte sie trotz ihrer Skepsis dieser breiigen Absonderungen gegenüber inzwischen festgestellt, dass sie gar nicht so schlimm war. Es war jedenfalls nicht eklig gewesen, als der erste Schwall davon ihren Hals hinabgeronnen war, sofort nachdem sie die Lippen um den Ständer geschlossen hatte. Tatsächlich hatte sie kaum etwas davon mitbekommen. Es war nahezu geschmacklos gewesen, und die Menge war viel zu gering, um es in allen Einzelheiten genießen zu können. Das war auch der eigentliche Gedanke, der sie zu ihrem Entschluss bewogen hatte. Es war auf verwirrende Weise befriedigend gewesen, das Präejakulat zu schlucken, nur war das eben bloß die sehr viel schwächere Variante eines Samenergusses, jetzt aber wollte sie sich der gesamten Flut aussetzen, statt lediglich den vorläufigen Wellen, die bisweilen über sie hereinbrachen.
Es dauerte eine Weile, bis sie merkte, dass ihr ja noch eine weitere Verheißung auf das zur Verfügung stand, was noch folgen sollte. Als die Reste von Darias vorigem Hölhepunkt, die noch immer ihren Schwanz besudelten, unweigerlich mit in ihren Mund geflossen waren, hatte Maliva sich gar nicht weiter darum gekümmert. Sie hatte sie einfach auf ihrer Zunge umherwogen lassen, was ihr eine Art beschämender Behaglichkeit vermittelt hatte, doch nun entschied sie, diese kleine Gabe schon einmal anzunehmen. Voll unerklärlicher Begeisterung die Augen schließend, schlürfte sie auch noch die letzten Flecken von Darias spermabesudelten Penis. Zu ihrer Überraschung erfüllte sofort darauf ein merkwürdiger Geschmack ihren Mund. Sie hatte es als selbstverständlich betrachtet, dass der Samen des Mädchens ebenso neutral wäre wie die paar Spritzer, die sich vorzeitig in ihr entladen hatten, aber diese Annahme war offenbar falsch gewesen.
Diese unverhoffte Feststellung bestärkte Maliva noch zusätzlich in ihrem Zuspruch dieser absonderlichen Flüssigkeit gegenüber. Sie schmeckte zwar nicht unbedingt großartig, aber doch zumindest auf interessante Weise angenehm, salzig und mit einem leicht bitteren Unterton. Es war wie der Saft einer fremden Frucht, der einem im ersten Moment etwas verschreckte, bevor man plötzlich den Reiz an ihm entdeckte. Während sie ihre Augen langsam wieder öffnete, überlgte sie, wieviel von dem ungewöhnlichen Geschmack ihr selbst geschuldet war. Immerhin hatte Daria mit ihrem Schwanz nicht nur ihren Samen mit hinausbefördert, nachdem sie in ihrer Spalte gekommen war, sondern auch Malivas eigene Feuchtigkeit. Letzendlich war er mit ihrer beider Sekreten übersät gewesen, als sie begonnen hatte, sich ihm zu widmen.
Allerdings stieß es Maliva nicht ab, ihren eigenen Nektar zu kosten. Es machte sie zwar auch nicht gerade an, doch verdeutlichte es ihr etwas, das ihr bisher höchstens unterschwellig klar gewesen war: Im Grunde tat sie nichts anderes als das, was sie sich immer erträumt hatte, sie leckte das Geschlecht eines Mädchens, deren Schönheit geradezu überwältigend war. Natürlich war ihr diese Tatsache schon vorher bewusst gewesen, ebenso wie die Erkenntnis, dass es für sie keinen Unterschied machte, ob es sich dabei nun um eine Scheide oder einen Penis handelte, solange es Teil eines ansonsten weiblichen Wesens war, aber jetzt dämmerte ihr, dass die Ähnlichkeiten noch viel tiefer gingen. Dass sie in diesem Gemenge aus Sperma und und den Lusterzeugnissen ihres eigenen Schlitzes nicht sagen konnte, was zu dem einen oder dem anderen gehörte, erklärte ihre Hingezogenheit zu allem, was aus Daria heraussickerte. Für Maliva war es nichts weiter als die unwiderrufliche Bestätigung der Leidenschaft, die sie in ihrer Partnerin auslöste. Unzählige Male hatte sie sich vorgestellt, ihren Mund in den Schoß einer Frau zu pressen, ihr ganzes Gesicht mit dessen Nässe verschmiert, und nun war dieser Wunsch Wirklichkeit geworden. Es war egal, dass es Sperma war statt dem, was ihr sonst dabei vorgeschwebt war, es lief trotzdem auf dasselbe hinaus. Sie kam Darias Verlangen nach und wurde dafür mit ihren Ausströmungen belohnt.
Als der dichte Geschmack des Spermas in ihrem Mund allmählich abklang, bemerkte sie, dass da noch ein anderer war, der von ihm überdeckt worden sein musste. Das war mit Sicherheit der von Darias Schwanz. Zuerst fragte Maliva sich, warum sie ihn nicht schon vorher wahrgenommen hatte, doch dann begriff sie, was geschehen war. Bisher war der Penis fast vollständig mit den Rückständen ihrer Ekstase beschmutzt gewesen, deren Geschmack sich aber erst entfaltet hatte, als sie von Maliva geschluckt worden waren. Mittlerweile hatte sie diese dicke Schicht aber gewissenhaft entfernt, sodass sie nun Darias Intimbereich mit allen Sinnen erfassen konnte. Er schmeckte irgendwie warm und leicht süßlich. Ein bisschen kam es ihr so vor, als würde sie an einer Ingwerstange lutschen, deren Erdigkeit sich mit einem ähnlich schweren Aroma ausbreitete.
Dieser Eindruck machte Maliva noch mehr an. Er verwies noch einmal auf die ungebührliche Nähe, mit der sie Daria umsorgte. Es ging zweifellos viel zu weit, einem Mädchen einen zu blasen, nachdem sie sich gerade erst aus ihrer samenüberströmten Scheide zurückgezogen hatte, nur um sie dafür zu entschädigen, dass man ihr mithilfe eines Fluchs einen Schwanz verpasst hatte, doch vor allem die Ungehörigkeit dieser ganzen Situation regte sie so sehr an. Jetzt konnte sie nichts mehr aufhalten. Mit ganzer Kraft saugte sie an dem breiten Rohr, das in ihr steckte, die Lippen so fest zusammengezogen, dass sie seine Hitze und das Geflecht der Adern unter der weichen Haut spüren konnte, jedesmal wenn sie in rasender Geschwindigkeit darüber hinwegglitten. Zudem setzte sie ihre Zunge ein, um jede Besonderheit dieser abwegigen Begegnung auszukosten. Sie nachdrücklich an die Unterseite des Schaftes pressend, ergab Maliva sich ganz der Abgründigkeit ihres Tuns.
Bei dieser Hingabe dauerte es nicht lange, bis ein ungestümes Aufbäumen von Darias Penis Maliva verriet, dass es nun jeden Augenblick so weit war, bis sie bekam, was sie wollte. Sie konnte ihren Kopf nur noch ein paar Mal vor und zurück wippen lassen, bevor auch schon geschah, worauf sie so fieberhaft hingearbeitet hatte. Sie schob sich gerade vor, den Schwanz so tief in sich aufnehmend wie möglich, als das Sperma aus ihm hervorschoss. Einen Moment lang hielt sie inne, um sein Pulsieren zu genießen, während er sich in ihr entlud, dann ließ sie ihn wieder ein wenig aus sich heraus, die nächsten Spritzer auf ihrer Zunge willkommen heißend. Sie hörte nicht damit auf, sich zu bewegen, wurde nun aber deutlich langsamer, sodass sich die heiße Flüssigkeit in ihrem gesamten Mund ausbreitete, von der Schlucht ihres Halses bis zur äußersten Spitze ihrer Zunge.
Das wäre allerdings auch passiert, wenn sie stillgehalten hätte. In unaufhörlichen dicken Strahlen sprudelte der Samen in sie hinein, überzog ihr Inneres mit seiner klebrigen Nässe und füllte sie immer weiter auf. Erst als er über ihre Lippen zu quellen drohte, ließ die Flut allmählich nach. Maliva musste schon die Wangen aufblähen, um auch noch die letzten Tropfen in Empfang zu nehmen, trotzdem gab sie ihre Bemühungen nicht auf, Darias Penis in einem langsamen beständigen Rhythmus zu verwöhnen, bis sie sicher war, dass Darias Höhepunkt verebbt war. Es war so faszinierend gewesen, zu spüren, wie dieser endlos scheinende Fluss in sie gelaufen war, dass sie kurzzeitig sogar ihren Beschluss vergessen hatte, das Zeug auch noch zu schlucken. Erst jetzt, den Mund randvoll mit dem schleimigen Ejakulat erinnerte sie sich wieder daran.
Noch immer sanft an der Eichel nuckelnd gab sie diesem Bedürfnis schließlich nach. Sie schluckte so viel sie konnte, doch reichte das nicht einmal, um die Hälfte des in ihr befindlichen Spermas zu bewältigen. Sie wartete noch ein wenig ab, um sich ganz der mitreissenden Empfindung hinzugeben, wie es träge und ölig in ihr hinabrann, ehe sie sich an einen zweiten Versuch wagte. Auch danach hatte sie es noch nicht ganz geschafft, doch verblieb nur noch ein vergleichsweise kleiner Rest in ihr, den sie in einem dritten Anlauf überwand. Während sie angestrengt schluckte, überkam sie wieder der salzig-bittere Geschmack des Samens, den sie bereits von den am Penis haftengebliebenen Überbelibseln von Darias erstem Erguss kannte. Es schien genau derselbe zu sein, nur dass er jetzt noch intensiver war. Maliva glaubte, ihn ihre gesamte Speiseröhre hinab bis zu ihrem Bauch nachwirken zu fühlen.
Nachdem sie eine Zeitlang so reglos verharrt geblieben war, ganz darin versunken, diese verruchte Errungenschaft zu trinken, begann sie letztlich wieder damit, sachte ihre Lippen über den Schwanz gleiten zu lassen. Sie wusste selbst nicht genau, warum sie das tat, die Aufgabe, der sie sich angenommen hatte, war erledigt, doch sie konnte einfach nicht anders. Vielleicht wollte sie so Daria noch einige letzte Zuwendungen gönnen, doch vermutete sie vielmehr, dass es mit den Verunreinigungen zusammenhing, die nun nach einem neuerlichen Orgasmus wieder Darias Haut bedeckten, jedenfalls machte sie damit weiter, bis sie vollkommen verschwunden waren und sich zu der ungeheuren Menge gesellt hatten, die bereits in ihrem Magen gelandet war.
Dabei fiel ihr auf, dass die Latte in ihrem Mund immer weicher wurde und in sich zusammenschrumpfte. Offensichtlich war ihr Unternehmen ein voller Erfolg gewesen, Daria zumindest war wohl in jeder Hinsicht besänftigt. Schnell schwoll ihr nur noch halb erigierter Penis weiter ab, bis er komplett erschlaffte und mit einem leisen Schmatzen zwischen ihren Lippen herausflutschte.
Maliva wertete das als endgültigen Beweis dafür, wie zufrieden Daria mit diesem Dienst war, den sie ihr erwiesen hatte. Auf der einen Seite freute sie sich nach wie vor darüber, dass sie ihr diese Form der Erlösung hatte geben können, nachdem sie ihretwegen so viel hatte durchmachen müssen, allerdings bedeutete das auch, dass dieses traumähnliche Erlebnis unwiederbringlich vorüber war. Der Fluch sollte sie nun ebenfalls ergriffen haben und Darias Verlangen war gestillt, es agb also keinen Grund, warum sich etwas Derartiges wiederholen sollte. Sie waren keine Vertraute, sie waren im Moment nur so eng verbunden, weil sie auf dasselbe Ziel hinarbeiteten: Sie beide wollten diese Sache aus der Welt schaffen.
Ohne dass sie sich dessen hätte erwehren können, spürte Maliva ein Gefühl des Verlusts in sich aufsteigen. Auch wenn sie von nun an wohl besser miteinander auskommen würden, wäre das zerbrechliche Band, das sich zwischen ihnen zu bilden begonnen hatte, doch unweigerlich dahin, wenn diese Angelegenheit ausgestanden war. Daria würde zu ihren Eltern zurückkehren und sich wieder ausschließlich mit ihren alten Freundinnen umgeben, bis die Erinnerungen daran nach und nach verblassten. Obwohl sie Maliva danach hoffentlich etwas mehr Respekt entgegenbringen würde, störte es sie, dass sie dann kaum noch etwas miteinander zu tun hätten. Darias gelegentliche Sticheleien waren im Grunde das einzige, was ihr Verhältnis ausmachte, wenn die wegfielen, blieb nichts mehr übrig. Sie würden einander höchstens noch begrüßen, wenn sie sich begegneten, dabei hatte Maliva gerade den Eindruck bekommen, dass sie sich näherkamen. Natürlich hatten sie gerade zusammen geschlafen und sie hatte Darias salzigen Samen getrunken, als wäre er ein köstlicher Nektar, aber für sie war es etwas Tiefergehendes gewesen.
Sie hatte sich einsam gefühlt, seit sie nach Grünberg gezogen waren. Alle ihre wenigen Freunde hatte sie zurücklassen müssen und Maliva hatte nie schnell Bekanntschaften geschlossen. Wenn nichts weiter anstand, blieb sie am liebsten zu Hause, um zu lesen, außerdem hatte sie mit der Schule, dem zusätzlichen Hexenunterricht und ihren Pflichten im Haushalt immer genug zu tun, sodass Darias überraschendes Auftauchen heute der erste Besuch einer Mitschülerin war, den sie in dieser Stadt empfing. Zwar war sie nie unglücklich gewesen – immerhin hatte sie die Familie, die ihr Halt gab, und die Welten der Bücher, in die sie sich stürzen konnte – dennoch enttäuschte es sie, dass ihre Beziehung zu Daria bald enden würde. Es wäre schön gewesen, eine Freundin in ihrem Alter zu haben, mit der sie über alles reden könnte, zumal Daria eben unglaublich süß war. Schon in der Schule fiel es Maliva manchmal schwer, den Blick von ihr zu lösen und sich nicht in einem erotischen Tagtraum über sie zu ergehen, doch nachdem sie sie jetzt tatsächlich nackt gesehen hatte, fühlte sie sich noch stärker zu ihr hingezogen. Fast war es schade, dass sie den Fluch aufheben musste, Daria hätte für immer hierbleiben können und der Schwanz zwischen ihren Beinen hatte sich als überaus anziehend herausgestellt, aber es kam natürlich nicht infrage, Daria weiter unter ihm leiden zu lassen. Wenn ihr keine andere Wahl blieb als sich ihr anzuschließen, wäre diese Gemeinschaft ohne Bedeutung.
Auf diese Weise richtete Maliva sich schließlich auf; zögernd, in einer Mischung aus Bedauern und höchster Glückseligkeit, wie jemand, der bei seinen Eltern auszog, froh eine eigene Wohnung zu haben, aber gleichzeitig traurig darüber, den Schoß der Familie zu verlassen. Niemand wusste, was die Zukunft für einen bereithielt, nicht einmal ihre Großmutter, die hin und wieder einen flüchtigen Einblick in deren Geheimnisse erhielt. So blieb auch Maliva im Dunkeln darüber, was ihr bevorstand. Laut Darias Bericht würden die auswirkungen des Fluchs erst über Nacht sichtbar werden und sie hatte keine Ahnung, wann sie ihn wieder umkehren konnte.
Bei diesem Gedanken glitt ihr Blick unweigerlich zwischen ihre Beine, auch wenn es dort natürlich noch nichts Ungewöhnliches zu entdecken gab. Ihre Schamlippen hatten wieder zu ihrem üblichen schmalen Strich zusammengefunden, nur eine Kaskade schimmernden Spermas trat zwischen ihnen hervor, wie herabfließende Sahne, die zu einem seidigen Gespinst erstarrt war. Daria hatte weniger mit solchen Befleckungen zu kämpfen, wie Maliva jetzt auffiel, als sich ihr Blick wie von selbst deren Unterleib zuwandte. Der nun wieder völlig schlaff herabbaumelnde Penis glitzerte nur ein wenig feucht und ein langgezogener Tropfen irgendeiner durchsichtigen Flüssigkeit hing von seiner Spitze herab, von der sie nicht sagen konnte, ob es sich bei ihr um ihren eigenen Speichel oder einen verspätet austretenden letzten Nachklang ihrer Ejakultion handelte. Bei genauerer Betrachtung war es jedoch auch kaum verwunderlich, dass Darias Geschlecht weit weniger beschmiert war als ihres, immerhin hatte Maliva es so gründlich von jeden möglichen Rückständen der zwei Fontänen, die in sie gepumpt worden waren, saubergeleckt, als wäre nichts anderes ihre Aufgabe gewesen. Obwohl sie bereits alles davon geschluckt hatte, blieb das Gefühl, dass noch immer einige nicht zu entfernende Spermastränge ihre Zunge und die Innenseiten ihrer Wangen verklebten. Sogar der Geschmack hatte sich scheinbar unauslöschlich in ihre Wahrnehmung gebrannt, wie dichter Nebel erfüllte er ihren Mund, sie in eine Wolke aus seinem vollen, schweren Aroma hüllend, als würde sie an einem trüben Tag am Meer spazierengehen.
Noch ein paar Mal leicht schluckend, um diesen Eindruck uzu vertreiben, hob sie endlich den Kopf und sah Daria an. Die starrte sie völlig entrückt an, offenbar schon seit geraumer Zeit ganz versunken in das Schauspiel, wie Maliva ihre eingedickte Milch trank. Es war überdeutlich, dass sie gar nicht bemerkte, wie unverhohlen sie diese Szenerie verfolgt hatte, erst als sie Malivas fragenden Blick auf sich ruhen spürte, wurde es ihr klar. Sofort schlug sie die Augen nieder und tat als wäre nichts gewesen, konnte aber nicht verhindern, dass ein rötlicher Schimmer ihr Gesicht überzog.
Nachdenklich beobachtete Maliva, wie Daria beschämt ihren Finger auf dem Laken kreisen ließ. Sie wollte sie nicht noch mehr in Verlegenheit bringen, hatte aber das Gefühl, etwas sagen zu müssen. »Tja«, begann sie unsicher, »bist du dann jetzt, äh ... ausgelastet?«
Daria nickte kurz, ohne dabei aufzuschauen. Es war schon peinlich genug, diese Frage zu beantworten, wenn auch still, da wollte sie nun wirklich nicht die wunderschönen, vor Freundlichkeit strahlenden Züge des Mädchens sehen, die all das für sie getan hatte.
Verständnisvoll lächelte Maliva sie an, ohne darauf zu achten, dass Daria sich ihr immer noch nicht zuwandte. »Gut«, sagte sie. Nachdem geklärt war, dass sie sich um darias Problem mit aller ihr zur Verfügung stehender Sorgfalt gekümmert hatte, war es an der Zeit, sich von den Beweisen für ihren Erfolg zu befreien. Eigentlich hätte es ihr gar nichts ausgemacht, aber es kam ihr einfach nicht richtig vor, sich mit all dem Sperma auf den Lippen und zwischen den Beinen ins Bett zu legen. Sie sollte wohl vorher noch eine Dusche nehmen. Seufzend schwang sie die Beine aus dem Bett und blieb einen Moment auf der Kante sitzen, die Hände zu beiden Seiten ihres Schoßes abgestützt.
Ein ersticktes Keuchen entfuhr Daria, als sie begriff, dass Maliva vorhatte zu gehen. Ein stechender Schmerz raste durch ihren Oberkörper, als wäre ein Blitz eingeschlagen und hätte sich direkt in ihr Herz gebohrt. War nun doch das Unvermeidliche gekommen? Würde Maliva sie ebenso wie jeder andere verlassen, dem sie sich anvertraut hatte? Zwar schien ihre Reue echt gewesen zu sein, doch nun, nachdem sie Darias Fremdartigkeit auf so intime Weise hingenommen hatte, brach schließlich doch die Ablehnung aus ihr hervor, getrieben von Selbstekel und unbewussten Ängsten. Etwas anderes hätte sie nie erwarten dürfen, trotzdem stieg unbändige Verzweiflung in ihr empor. Von ganz allein schossen ihre Arme vor und klammerten sich so fest an Maliva als wäre sie der letzte Strohhalm, der sie vor einem Sturz in einen unermesslichen Abgrund bewahrte.
»Wohin gehst du?«, fragte sie, das Gesicht an ihre Schulter gepresst wie ein kleines Mädchen, das sich von seiner Schwester trösten lassen wollte.
Verwirrt blickte Maliva zu ihr zurück. Sie hatte gerade aufstehen wollen, als Daria sich förmlich auf sie geworfen und wieder auf die Bettkante gezerrt hatte. Der überraschende Ansturm hatte ihr die Luft aus den Lungen gedrückt, sodass Maliva sie einen Moment lang nur atemlos anstarren konnte, bis sie allmählich ihre Stimme wiederfand. »D-duschen?«, antwortete sie, auch wenn es mehr wie eine Frage klang.
Maliva erwartete, dass sich Darias rückhaltlose Umarmung lösen würde, doch stattdessen wurde sie noch erbitterter. »Bitte verlass mich nicht«, wisperte sie leise. Tränen ließen ihre grünen Augen funkeln wie zwei tiefe Teiche, auf deren Oberfläche sich das helle Licht des Vollmonds brach, während sie flehentlich zu Maliva aufsah. »Bitte bleib bei mir.«
Maliva verstand, warum Daria jetzt nicht allein sein wollte. Für sie war es ein langer Tag voller Enttäuschungen und Schrecken gewesen. Sie hatte ihr Zuhause verloren, ihre Familie und ihre Freunde, doch der Fluch, dem sie das alles zu verdanken hatte, lastete noch immer auf ihr. »Schon gut«, sagte sie, ihre Stimme unwillkürlich an Darias Flüstern angepasst, »ich gehe nirgendwo hin, wenn du es nicht willst.«
Daria so angstvoll an sich geschmiegt zu sehen, erweckte in Maliva den tiefen Wunsch, sie zu berühren, sie mit einer Geste des Zuspruchs wieder zu beruhigen. Solange sie es vermochte, hielt sie diesem Impuls stand, doch irgendwann konnte sie ihm nicht länger widerstehen. Langsam streckte sie eine Hand aus und strich Daria sanft über das Haar, als wäre sie tatsächlich ihre kleine Schwester, der sie Trost spenden wollte.
Mittlerweile war es spät geworden. Während sie so dasaßen, schweigend und einander selbstvergessen umschlungen, wurden die Schatte um sie herum immer dichter, durch das in die Dachschräge eingelassene Fenster konnte man sehen, wie es dunkel wurde und die Sterne gingen allmählich am Himmel auf.
»Sollen wir schlafen gehen?«, fragte Maliva schließlich, nach einer Zeit, die eine Ewigkeit hätte sein können und ihr trotzdem nur wie ein Lidschlag erschien, so sehr verlor sie sich in dieser Umarmung.
Daria konnte nur kaum merklich nicken, aber nicht einmal dieser winzige Hinweis ihrer Zustimmung entging Malivas auf sie gerichtete Aufmerksamkeit. Sie hielt es für das beste, wenn Daria erst einmal in Ruhe ausschlafen könnte und mit einem neuen Morgen würde sicher auch neue Hoffnung kommen.
»Okay«, hauchte sie mitfühlend, bevor sie versuchte, sich dem unnachgiebigen Griff ihrer Freundin zu entziehen. »Lass mich nur kurz ...« Doch Daria schien nicht die Absicht zu haben, sie auch nur für einen Augenblick loszulassen. Sie am Arm hinter sich herziehend, kämpfte sie sich bis zu ihrem Nachttisch vor, entnahm der Schachtel darauf ein Taschentuch und begann, sich die angetrockneten weißen Flecken von den Lippen und von der Scheide zu wischen. Sie bot Daria auch eines an, das sie aber mit einem Kopfschütteln ablehnte. Nun ja, ein wenig Speichel am Penis war auch bestimmt nicht weiter störend, alle übrigen Besudelungen hatte Maliva ja bereits beseitigt.
Als sie fertig war, schmiss sie die schmutzigen Taschentücher in den Papierkorb, dann schob sie sich mit Daria, die sich noch immer unbeirrt an ihre Seite klammerte, zurück auf das Bett. So lagen sie eng aneinandergedrückt da, bis Maliva sich ihr noch einmal zuwandte. »Weißt du, ich wollte eigentlich auf dem Boden schlafen, also wenn du willst ...«
Die junge Hexe sprach ruhig und zutraulich, doch Daria erschrak fast bei diesem Angebot. »Nein!«, rief sie, räusperte sich kurz und fuhr dann leiser fort: »Ich meine, es geht schon. Hier ist doch Platz für uns beide. Das musst du nicht für mich tun.« Sie löste nur kurz die Hand von Maliva, um sich die Brille abzunehmen und auf den Nachttisch zu legen, danach hakte sie sich sofort wieder bei ihr ein. Eigentlich war ihr selbst nicht ganz klar, was sie damit bezweckte. Vielleicht wollte sie nur sichergehen, dass ihre neue und mittlerweile einzige Freundin sich nicht ohne sie davonschlich, sicher war nur, dass diese Nähe ihr unheimlich guttat. Sie wollte Maliva einfach nicht loslassen, auch wenn das Bett, in das sie sich gemeinsam quetschten, ziemlich eng war. Allerdings hätte Daria es nicht ertragen, jetzt alleine schlafen zu müssen. Es war nett von Maliva, dass sie nur wegen ihr auf dem Boden übernachten wollte, doch dazu würde es nicht kommen. Auch wenn sie es mit aller Kraft versucht hätte, war Daria klar, dass sie ihre Umarmung nicht hätte aufgeben können.
»Na gut«, meinte Maliva letztlich, »dann also gute Nacht.«
»Gute Nacht ... und danke. Dass ich hier schlafen kann und ... alles.«
Unbekümmert lächelte Maliva ihr zu, während sie vorsichtig die Decke über sie beide ausbreitete. Nun war alles bereit, sie waren unbekleidet und müde, gehüllt in Wärme und Zweisamkeit, einzig das Licht brannte noch. Es hatte wohl keinen Sinn zu vesuchen noch einmal aufzustehen, Daria machte nicht den Eindruck, sie bis zum Lichtschalter gehen lassen zu wollen, und eigentlich widerstrebte es sogar Maliva selbst, jetzt von ihrer Seite zu weichen, sei es auch nur für ein paar Sekunden. Es mochte überstürzt sein, sie eine Freundin zu nennen, aber egel wie sie zueinander standen oder inwieweit sich ihre Beziehung entwickeln würde, offenbar brauchte Daria ihren Beistand mehr als alles andere, sodass Maliva es unmöglich übers Herz gebracht hätte, ihr den zu verwehren.
Zum Glück jedoch war sie nicht an die strengen Gesetze gebunden, die die Menschen als die Grenzen der Physik erachteten. Die Augen schließend konzentrierte sie sich auf den Lichtschalter, vergegenwärtigte sich das Muster der Realität, in der er eingeschaltet war und änderte es in das, in dem er aus war. Mit einem Mal erlosch das Licht; von nun an lagen sie beide ebenso im Dunkeln wie ihre Geschicke. Als sie still in die nur schwach vom durch das Dachfenster herinfallenden Schein der Sterne erhellte Finsternis blickte, Daria untrennbar an sie gekuschelt und darauf wartete, dass ihr eigener Fluch sie ereilte, kam Maliva zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich sogar besser war, die Zukunft nicht zu kennen. Nicht zu wissen, wie etwas endete, bedeutete zumindest, dass es immer Hoffnung gab.
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