Christopher und Ich | By : SummoningIsis Category: German > Originals Views: 10370 -:- Recommendations : 0 -:- Currently Reading : 1 |
Disclaimer: This is a work of fiction. Any resemblance of characters to actual persons, living or dead, is purely coincidental. The Author (being obviously ME) ;) holds exclusive rights to this work. Unauthorized duplication is prohibited. |
27
Christopher und ich waren damals etwa acht Monate zusammen. So wie jetzt bewegte ich mich auch da schon frei in seiner Wohnung, verbrachte die meiste Zeit mit ihm in jenen vier Wänden; wenn wir nicht gerade auswärts essen waren, oder uns auf einer Party herumtrieben, einen Kurztrip irgendwo hin unternahmen, oder wir einfach durch die Stadt schlenderten.
Das Telefon klingelte, es muss gegen Mittag gewesen sein, und die strenge Stimme meines Freundes ertönte am anderen Ende der Leitung. Wie immer war es ein kurzer Kontrollanruf. „Was treibst du schönes, Niko?“
„Ich habe gelernt“, entgegnete ich mit fester Stimme und linste unauffällig auf den Bildschirm meines Laptops, auf dem das pausierte Player-Fenster wie ein düsteres Mahnmal prangte; ich hatte den Streifen in einer doch recht finsteren Szene angehalten.
„Sicher?“, hakte Christopher streng nach.
„Na gut, ich hab ne Pause gemacht und gucke gerade nen neuen Film!“, gab ich zu und ließ mich auf das Sofa sinken.
„Das habe ich mir fast gedacht“, sagte er und schnaubte.
„Entschuldige, Christopher...“
„Ich hoffe, du lässt das langsam, mich anzulügen. Das funktioniert nicht.“
„Sorry, Christopher, kommt nicht mehr vor.“
„Du machst jetzt den Film aus und machst dich an deine Hausaufgaben, oder was auch immer du für die Uni zu tun hast, verstanden?“, sagte er barsch und noch bevor ich antworten konnte, hatte ich das Browser-Fenster bereits geschlossen und die Excel-Tabelle offen gelegt, die ich bearbeiten sollte.
„Schon geschehen, ich halte mich ran.“
„Sehr gut. Ich rufe in einer Stunde noch mal an.“
Damit legte er auf und ich seufzte grinsend, begann zu arbeiten und es war in der Tat befreiend, diese lästige Aufgabe endlich zu erledigen. Wissend, dass vor mir nun ein freies Wochenende lag, klappte ich den Laptop zu und stellte ihn beiseite. Ich streckte mich, drehte die Musik etwas lauter und tapste ins Badezimmer. Es war Freitag und Christopher hatte versprochen, seinen Feierabend heute etwas früher zu beginnen, schließlich wollten wir noch ins Kino.
Ich musste lachen und war mir sicher, jegliche unserer Kinobesuche stets mit den Erinnerungen an den allerersten zu verbinden… Auch wenn ich mir sicher war, dass Christopher jene Lektion nicht wiederholen würde. Es sei denn, ich legte es darauf an. Aber danach war mir heute ganz sicherlich nicht. An diesem Tag wollte ich einfach nur entspannen.
Ich streckte mich und war drauf und dran, mir was zu Essen zu machen, als plötzlich dieses Schellen meine Aufmerksamkeit auf sich zog – jemand stand vor der Tür. Natürlich zielte mein erster Gedanke gar unbewusst in Richtung Christopher, der mich vielleicht überraschen wollte; persönlich nachprüfen wollte, ob ich auch wirklich meine Aufgaben erledigt hatte. Doch schon nach wenigen Sekunden wurde mir klar, dass das gar nicht sein konnte – Christopher hatte zu tun und noch wichtiger: er klingelte nie an seiner eigenen Haustür. Ich hatte zu klingeln, wenn er es mir nicht anders befahl, er aber war der Hausherr. Er kam und ging wann immer es ihm passte. Also war es wahrscheinlich irgendein Paket – der Postbote wurde oft von den anderen Mietern ins Haus gelassen und klingelte sich dann von Haustür zu Haustür.
Doch anstatt des aufgeweckten Mannes in Gelb, blickte ich in seltsam bekannte blaue Augen. Vor mir standen zwei sehr junge Mädchen, wahrscheinlich Schwestern – denn trotz der verschiedenen Frisuren konnte man die Verwandtschaft deutlich an ihren Gesichtern ablesen. Die Größere warf ihr hellbraunes, leicht gelocktes Haar nach hinten und musterte mich irritiert.
„Wie kann ich euch helfen?“, fragte ich sie also und blickte sie wahrscheinlich ebenso verwirrt an.
„Hier wohnt doch Christopher Lang, oder nicht?“, fragte sie mich nun, anstatt mir direkt zu antworten.
„Äh. Ja. Der ist aber momentan nicht da – ist noch in der Kanzlei.“
„Ich hab dir doch gesagt, dass Onkel Chris arbeitet!“, zischte die Kleinere von der Seite, die ihr ebenfalls hellbraunes Haar kinnlang trug.
Onkel Chris. Die Bezeichnung schlug ein, wie eine Bombe. Natürlich – diese Gesichter hatte ich auf sporadischen Fotos bereits erblickt. Noch bevor ich irgendwie reagieren konnte, sprach die größere Schwester schon wieder mit mir: „Bist du hier der Haushälter oder so?“
„...was?!“, blaffte ich sie an, vermutlich so laut und verärgert, weil der Schock, Christophers Nichten vor seiner Tür zu finden, ohne jedwede Ankündigung oder Vorwarnung, momentan sehr tief saß. „Ich bin Christophers Freund!“
Nach dieser Aussage herrschte einen langen Moment Stille. Die beiden blickten mich mit weit aufgerissenen Augen an, so als müssten sie die eben durch mich geäußerten Worte zunächst in ihre eigene Sprache übersetzen, ehe sie aneinander anstarrten und beide im selben Augenblick eine Art hysterischen, aber kurzen Lach-Schrei entließen.
In jenem Moment raste ein eiskalter Schauer meinen Rücken hinunter. Plötzlich war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob Marie und Emilie von mir wussten, kapierten, dass ihr Onkel wirklich schwul war. Doch die Aussage der Größeren, Emilie, raubte mir diese aufgekeimten Zweifel umgehend: „Aber du bist so jung! Onkel Chris ist doch schon 40!“
„Onkel Chris ist 34“, meinte ich trocken und musste innerlich mit den Augen rollen. Wenigstens hatte sie nicht so etwas wie 'alter Sack' gesagt...
„Dann fast 40“, entgegnete sie zickig und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
„Wie wäre es, wenn ihr euch dann vorstellt?“, zog ich die beiden grinsend auf, um vom Thema abzulenken.
„Christopher Lang ist unser Onkel, das macht uns zu seinen Nichten und unsere Namen wird er dir sicherlich schon verraten haben, wie oft denn noch!“, zickte die Größere zurück. Im selben Moment klingelte das Telefon. Marie, Emilie und ich starrten einander an.
„Das ist bestimmt Christopher“, sagte ich trocken und sah, wie sich die blauen Augen der beiden Mädchen erneut weiter wurden. So etwas wie Hoffnung, gepaart mit seichtem Schrecken, spiegelte sich in den Augenpaaren wieder. „...wieso kommt ihr nicht rein, dann können wir ihm gleich Bescheid sagen, dass ihr hier seid?“
„Ich mach das!“, schrie Emilie mich plötzlich an, ließ ihre kleine Reisetasche direkt vor meine Füße fallen und stürmte an mir vorbei; ihre kleine Schwester mit einem „nein, ich mach das“ direkt hinterher. Alles passierte so schnell, dass ich gar nicht darauf reagieren konnte. Als ich mich umdrehte, hörte ich Emilie bereits lauthals „Hallo, Onkel Christopher!“ ins Telefon brüllen. Ich schluckte. Ich war verwirrt. Ich konnte mich gerade noch dazu ermahnen, die beiden achtlos zu Boden geworfenen Taschen aufzuheben und sie in die Wohnung zu tragen, bevor ich die Tür mit dem Fuß ins Schloss trat.
Mein Herz pochte wild. Auf dieses Treffen war ich einfach nicht vorbereitet. Ich wusste, dass Christopher seine Nichten liebte – und dass er immense Probleme mit deren Mutter hatte, seiner geliebten Schwester. Dass die beiden hier waren, ohne meinen Freund davon in Kenntnis gesetzt zu haben, konnte nichts Gutes verheißen. Hatte Christopher mir nicht einst erzählt, seine Nichten dürften ihn gar nicht besuchen und wenn, dann nur für einige Stunden, wenn ihre Eltern anwesend waren? Wenn sie überhaupt in der Stadt gastierten?
Ein unheilvolles Gefühl beschlich mich bei diesen Gedanken, die sich in meinem Kopf breit machten und all den Platz dort einnahmen.
Emilie hatte den Hörer in der Hand und hatte es sich zusammen mit ihrer Schwester auf dem Sofa bequem gemacht. „Ja... ja, ich weiß... aber.... Jetzt hör mir doch mal zu, Onkel Chris!“ Urplötzlich sprang sie auf und begann im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. Durch die Musik, die immer noch lief, erreichten mich nur Satzfetzen, ich konnte nur genau betrachten, wie sie wild mit den Armen gestikulierte, zuweilen wütend dreinschaute und sich dann wieder Traurigkeit in ihren Blick schlich.
Marie saß währenddessen still auf ihren Platz. Als ich sie ansah, blickte auch sie mich stillschweigend an.
„Ich bin übrigens Niko“, sagte ich, um diese seltsame Stille zwischen uns zu brechen.
„Ich heiße Marie“, entgegnete sie höflich und senkte ihren Blick zu Boden.
„Wie alt bist du, wenn ich fragen darf?“, versuchte ich den Small-Talk am Leben zu erhalten.
„Zwölf“, sagte sie und hob ihren Blick wieder. „Du?“
„Ich bin 21.“
Die Kleine wollte etwas sagen, doch ihre Worte blieben unausgesprochen, stattdessen zierte ihr kindliches Gesicht wieder dieser Ausdruck, wie schon vor wenigen Minuten an der Haustür; die großen Augen und der leicht geöffnete Mund. Wahrscheinlich versuchte sie gerade auszurechnen, wie viele Jahre älter Onkel Chris war. Ich Idiot.
„Was macht ihr hier? Ihr wohnt doch in Wien, oder nicht?“, versuchte ich deswegen erneut das Thema abzulenken. Doch Marie sagte nichts und das brauchte sie auch nicht, denn ihre ältere Schwester hielt mir gerade den Hörer buchstäblich unter die Nase.
„Er will dich sprechen“, sagte sie und suchte bereits den Augenkontakt zu ihrer Schwester und als ich den Hörer entgegnen nahm und mich vom Sofa entfernte, hörte ich die beiden bereits aufgeregt miteinander flüstern.
„Hey...“, murmelte ich in den Hörer und schloss die Tür des Arbeitszimmers leise hinter mir.
„Das ist mal eine Überraschung, was?“, murmelte Christopher ins Telefon und seufzt.
„Allerdings“, meinte ich und biss mir auf die Lippe. „Ich dachte, das wäre der Postbote oder so...“
Mein Freund lachte. „Das hätte ich wohl auch eher erwartet. Alles andere als das.“
„Ist irgendwas passiert, oder...?“
„Nicht wirklich“, schnitt Christopher mir das Wort ab und ich hörte ihn abermals seufzen, aber seine müde Stimme gewann nun wieder an diesem dunklen Timbre, das ich so liebte. „Meine liebe Emilie hatte einen eskalierenden Streit mit der Mama“, erklärte er mir und ich hörte eine gute Prise Sarkasmus in seiner Stimme mitschwingen.
„Worum ging's denn?“, fragte ich und lasse mich auf den Schreibtischstuhl niedersinken.
„Lappalien. Wie immer. Stella möchte, dass Emilie weiterhin Klavierstunden nimmt, aber Emilie will lieber Volleyball spielen – doch meine Schwester hält nichts von Sport und terrorisiert ihre Tochter deswegen.“
„Und deswegen hat sie sich ne Tasche und ihre Schwester geschnappt und ist in einen Flieger gestiegen?“
„Niko, ich habe auch keine Ahnung, wie die beiden auf diese Idee gekommen sind – Emilie will Stella wahrscheinlich provozieren und das geht natürlich wunderbar, wenn sie, ohne ihr was zu sagen, zu ihrem schwulen Onkel fährt. Marie macht bei sowas natürlich direkt mit.“
„Oh... das ist ja nicht so geil?“
„Richtig, nicht so geil, Niko“, er lachte. „Ich... ich versuche jetzt in den nächsten Stunden nach Hause zu kommen, ich hab Emilie versprochen, dass wir Stella gemeinsam anrufen und das muss sehr bald geschehen, die flippt bestimmt aus, wenn sie merkt, dass ihre Töchter nicht mehr da sind – und wahrscheinlich umso mehr, wenn sie merkt, dass sie bei mir sind...“
„Oh-oh...“, bemerkte ich und musste lachen. Vermutlich, weil ich so nervös war.
„Niko, ich will, dass du dich um die beiden so lange kümmerst. Bestell' bitte was zu essen, die beiden haben Hunger – und du sicherlich auch. Aber davor“, seine Stimme wurde strenger und ernster. „guckst du bitte unauffällig nach, ob irgendetwas im Schlafzimmer herum liegt, oder sonst wo, was uns unangenehm verraten könnte. Und schließ' jetzt sofort das Zimmer ab, verstanden?“
Mein Herz klopfte unstetig in meiner Brust und meine Beine bewegten sich schon, bevor ich bewusst einen Befehl an meine Glieder schicken konnte. Ein Blick, um mir Bestätigung zu verschaffen – die beiden Mädchen saßen immer noch auf dem Sofa und redeten aufgebracht miteinander. Ungesehen huschte ich weiter.
„Ich bin jetzt im Schlafzimmer“, informierte ich Christopher, nachdem ich leise die Tür hinter mir geschlossen hatte und meinen Blick über meine Umgebung schweifen ließ und die Tür zu unserem Spielparadies anvisierte. Ich holte den Schlüssel aus der obersten Schublade heraus. Das Schloss knackte. „Abgeschlossen.“
„Gut. Pass gut auf den Schlüssel auf. Wenn ich da bin, gibst du ihn mir.“
„Okay. Was ist mit den Gummis und dem Gleitgel und so?“, fragte ich ihn, während ich den weiteren Inhalt der obersten Schublade betrachtete.
„Pack sie irgendwo weit unten in die Kommode. Ich glaube zwar nicht, dass Emilie und Marie hier auf Schatzsuche gehen würden, aber ich möchte einfach nur sicher gehen. Das ist das erste Mal, dass die beiden hier alleine sind, ohne Terror-Mami, die sie nicht eine Sekunde aus den Augen lässt....“
„Deine Schwester scheint ja wirklich ein netter Mensch zu sein!“, sagte ich nur zynisch und mein Freund lachte.
„Du hast ihr Wesen erfasst, mein Kleiner. Und nun ab, kümmer' dich um meine Lieblingsnichten.“
„Das sind doch deine einzigen Nichten!“, meinte ich verwirrt und mein Freund schnaubte am anderen Ende der Leitung.
„Das ist der Witz, Niko...“, sagte er spöttisch und ich war mir sicher, dass er gerade erheitert den Kopf schüttelte. „Na, los, ab. Bis dann!“ Er legte auf und ich holte noch einmal tief Luft, bevor ich die Tür öffnete und mich zurück ins Wohnzimmer bewegte. Die beiden stoppten ihre Gespräche, als ich ihnen näher kam und die Musik leiser drehte.
„Ähm, habt ihr Hunger? Soll ich uns vielleicht was bestellen?“
„Das wäre toll!“, rief Marie aus. Wir einigten uns auf Lasagne. Und während wir auf die Lieferung warteten, ließ ich meinen Blick über die beiden wandern. Emilie war 15, aber sie kleidete sich wie eine 18- oder 20-Jährige, mit engen Röhrenjeans und einem dunklen Top, dass bestimmt zu viel ihres Dekolletees entblößte als es für so ein junges Mädchen „anständig“ wäre; und an ihren Ohren baumelten auffällig große, silberne Kreolen. Ihr Gesicht schien viel zu jung für das Make-Up, das sie aufgetragen hatte: dicke schwarze Ringe um ihre Augen und Rouge auf ihren Wangen.
Auch Marie, die noch jünger war, hatte pinkes Lip-Gloss aufgetragen und versucht, ihre Wimpern mit Mascara hervorzuheben. Sie trug einen Minirock aus Jeansstoff und einen grauen Pullover – der Gott sei Dank einen hohen Kragen hatte.
„Was starrst du uns so an?“, fragte Emilie mich plötzlich und riss mich mit ihren Worten aus meinen Gedanken. Wir saßen uns am großen Esstisch gegenüber.
„Äh, was?“, murmelte ich und Emilie zuckte mit den Schulter und strich ihr Top glatt. Marie hingegen betrachtete mich weiterhin eingehend.
„Ist was?“, fragte ich sie und versuchte zu lächeln, da sah das Mädchen leicht verlegen weg. Wie ich hier ein Gespräch zum Laufen bekommen sollte, war mir schleierhaft. Und warum diese beiden aufgetakelten Teenager eigentlich Christophers geliebte Nichten waren, konnte ich ebenfalls noch nicht so richtig nachvollziehen.
Wir aßen die Lasagne im Stillschweigen. Die beiden sprachen nur ab und an untereinander – über irgendwelche Freunde, einige Jungennamen fielen, dann zickte Emilie ihre jüngere Schwester wegen irgendetwas an. Der Satz „mach mich nicht immer nach!“, fiel. Ich linste aufs Handy, doch mich erwartete keine Nachricht meines Freundes, kein erlösendes 'ich bin gleich da'.
„Habt ihr Süßkram da?“, fragte Emilie mich, als ich die Teller in die Spülmaschine räumte.
„Klar.“ Erneut futterten wir in Stillschweigen auf der Couch, beim plärrenden Fernseher, der Konversationen sowieso fast unmöglich machte. Immerzu wanderten meine Augen zu Christophers Nichten – und ihre Blicke wanderten zu mir.
Ich fragte mich, ob es vielleicht wirklich ein Schock für die beiden gewesen war, den festen Freund ihres Onkels kennenzulernen, der so viel jünger war. Verdammt, war ich nicht in dem Alter der Typen, in die sich solche Teenies wie Emilie normalerweise verknallten, weil sie meinten, die Jungs in ihrem Alter seien ja alle so infantil? Am Telefon hatte ich durch meinen eigenen Schrecken Christopher gar nicht fragen können, inwieweit seine Nichten im Bilde waren; ob sie nur wussten, dass ihr Onkel schwul ist, oder ob sie es selbst schon gesehen hatten – einen Mann an der Seite des Bruders, den Stella so verteufelte. Wahrscheinlich nicht – wenn Stella hier mehr oder minder die Anstandsdame spielte.
Durch diese ganzen Überlegungen wurde mir mulmig zumute und meine eigene Welt der wirren Gedanken hatte mich so in Beschlag genommen, dass ich gar aufsprang, als urplötzlich die Tür ins Schloss krachte. Emilie und Marie sahen auf; und mit einem Mal stürzten sie in Richtung der Haustür.
„Onkel Christopher!“, riefen sie beinahe zeitgleich aus und als ich mich umdrehte, da lagen die beiden schon in den starken Armen meines Freundes und Christopher strahlte regelrecht und verteilte kleine Küsschen auf den Wangen seiner lachenden Nichten.
„Meine Güte, seid ihr schon wieder groß geworden!“, sagte er lachend. „Lasst mich euch ansehen!“, verlangte er und die beiden machten einen Schritt zurück, um sich in einer lässigen, amateurhaften Modelpose hinzustellen. „Wunderschön seht ihr beiden aus, aus euch werden ja langsam richtige junge Frauen!“
„Ich bin schon eine Frau!“, kam es entzückt-empört von Emilie und ich konnte die Augenbraue meines Freundes regelrecht in Zeitlupe in diese skeptische Hochlage rutschen.
„Ach ja…“, sagte er und dieses typische, teuflisch-charmante Lächeln trat auf eine Lippen. „Richtige Frauen brauchen nicht so viel Schminke, das ist doch Teenie-Kram, also wisch' dir mal den Eyeliner gleich im Bad ab.“
„Onkel Chris!“, schimpfte sie, und ihre Stimme nahm diesen fast schon hysterischen Tonfall an. Doch Christopher lachte nur.
„Schon gut, schon gut, Emilie. Ich bin nicht deine Mutter. Nimm' es nur als guten Rat an: weniger ist oft mehr“, zwinkerte er ihr zu und sie schnaubte, konnte aber nicht verhindern, dass sie sein Lächeln doch erwiderte und er drückte sie nochmal und sagte zu ihr: „Du siehst toll aus, Kleines. Ihr seht beide toll aus.“
Wie kann man die Gesichter dieser beiden Mädchen beschreiben: knallrot wie eine Tomate mit einem atemberaubenden, ehrlichen Strahlen, das man wirklich nur von sehr jungen Menschen – Kindern - kennt, wenn sie noch so unschuldig und gar naiv sind?
„Hätte ich gewusst, dass ihr kommt, hätte ich auch mehr Zeit gehabt, mir Gedanken über ein adäquates Geschenk zu machen. Jetzt müsst ihr euch halt hiermit zufrieden geben“, und damit schnappte er sich seine Aktentasche und zauberte zwei kleine Päckchen daraus – in denen sich jeweils ein Fläschchen Parfüm befand.
„Oah, cool!“, rief Marie direkt.
„Danke, Onkel Christopher!“, flötete auch Emilie und fiel meinem Freund erneut um den Hals, gefolgt von Marie.
Ich kann gar nicht sagen, was für Gefühle dieses kleine Familientreffen in mir auslöste, das sich direkt vor meinen Augen abspielte. Ich kannte Christophers zärtliche Seite bereits sehr gut, aber das hier war nochmal eine gänzlich andere Geschichte jener; eine andere Nuance. Er war so liebevoll und sah den beiden direkt in die Augen, während sie ihm gerade stürmisch und durcheinander aufgeregt etwas erzählten, was völlig an mir abprallte, weil ich nicht meine Augen von seinem weich gezeichnetem Gesicht nehmen konnte, das so viel Liebe und Sorge widerspiegelte, dass es kaum zu fassen war und mich auf diese angenehme Weise durcheinander brachte; und als ich das Trio weiter so stillschweigend beobachtete, richteten sich Christophers Augen endlich auf mich.
Auch mir schenkte er ein Lächeln. „Hat euch Niko denn gut umsorgt?“, fragte er danach seine Nichten.
„Wir haben Lasagne gegessen“, entgegnete Marie und grinste, Emilie sagt gar nichts, ließ ihren Blick zwischen mir und ihrem Onkel wandern und Letzterer kam plötzlich auf mich zu, bis er direkt von mir stand. Christopher hielt inne und wir beide konnten die intensiven Blicke seiner Nichten, die jetzt nur wenige Schritte von uns entfernt standen, deutlich spüren. Taxierende, abwartende Blicke. Neugierige Blicke.
„Hey…“, murmelte er etwas leiser.
„Hi…“, entgegnete ich und die Stimmung, die uns in diesen Augenblicken umgab war seltsam, irgendwie beklemmend und leicht beschämend. Hier standen wir direkt vor seinen Nichten und keiner von uns wusste so richtig, wie er sich zu verhalten hatte. Ich wandte meinen Blick ab und presste meine Lippen aufeinander. Ich wollte nichts Dummes tun, nichts Blödes sagen – ich wusste, wie viel Christopher seine Nichten bedeuteten, aber ich wusste noch nicht, wie weit ich gehen durfte, wie weit ich gehen sollte. Dieser Besuch war so spontan, dass mein Freund und ich gar keine Chance gehabt hatten, uns auf jenen vorzubereiten.
Unerwartet entglitt meinem Master ein Seufzen. Mechanisch richtete sich mein Blick auf ihn und ich hörte ihn dann noch murmeln: „Ach, was soll’s“ – dann schon lagen seine Lippen kurz, vielleicht eine Sekunde lang, auf meinen; er küsste mich keusch und rasch, aber er küsste mich. „Hallo, Niko“, begrüßte er mich ein weiteres Mal. Offiziell. So wie immer. Wenn ich nicht gerade nackt auf dem Boden kniete und seine Heimkehr erwartete.
„Hallo, Christopher“, entgegnete ich, ein wenig in diesem Gedankengang verloren. Er legte seinen Arm um meine Schulter und drehte uns beide so, sodass wir seinen Nichten nun direkt ins Gesicht blicken konnten. Er strahlte.
„Na, wie gefällt euch Niko?“, fragte er dann frech und mir stockte der Atem. Christopher war so direkt und dabei irgendwie total flapsig. Irgendwie… Wie ein cooler Onkel eben.
Emilie und Marie fingen an zu kichern. Ich hatte starre, schockierte Gesichter erwartet, einen Moment der beklemmenden Stille, aber die beiden Mädchen kicherten und ihre Gesichtsfarbe war immer noch von diesem krebsigen Rot geprägt; und wie sie einander sporadisch ansahen, so erheitert.
„Niko ist ja ganz süß, ne…!“, meine Emilie plötzlich ebenso frech und flapsig, ohne einem von uns in die Augen zu sehen, und musste unmittelbar über ihre eigene Aussage so laut lachen, dass sie sich die Hände vor dem Mund hielt und die Flucht aus unserem Blickwinkel in Richtung der Sofaecke ansetzte; und auch Maries Kichern wurde intensiver und sie wieherte beinahe wie ein kleines Pferd. Ob sie wohl noch die Wendy las? Höchstwahrscheinlich nicht.
„Find' ich auch“, hörte ich meinen Freund sagen, dann schon zwickte er mich kurz in die Seite und ich jauchzte auf, was die beiden Mädchen, die sich nun beide wieder auf dem Sofa lümmelten, eine weitere Lach-Attacke bescherte. Christopher hingegen grinste einfach nur, als er mir einen Blick zuwarf, bevor auch wir uns zu den beiden setzten.
„So, meine Lieben, kommen wir zum geschäftlichen Teil“, setzte er nun etwas ernster an und Emilie und Marie verstummten. Seine Worte richtete mein Freund an die Ältere. „Wie abgemacht, lasse ich euch nur hier bleiben, wenn ihr eurer Mutter Bescheid sagt. Und wie abgemacht habe ich euch bis jetzt Zeit gegeben – Niko, hol doch bitte das Telefon her.“
Während der kurzen Zeit, die ich brauchte, um das geforderte Gerät herzutragen, hörte ich ein Maulen und Meckern und Nörgeln und Zischen, all das aus Emilies Mund. „Kannst du das nicht lieber ganz allein machen, Onkel Chris?“
„Hast du mir nicht eben gesagt, du seist so erwachsen? Erwachsene Menschen stehen zu den Konsequenzen ihres Handelns, mein Schatz“, erwiderte er lässig und unsere Finger streiften sich, als ich ihm das Telefon übergab. Kurz streiften sich dabei auch unsere Blicke. Seine Miene war gelassen, doch mittlerweile hatte sich auch ein kleiner Prozentsatz der Strenge und Ernsthaftigkeit eingeschlichen, die Christopher perfekt beherrschte.
Emilie seufzte laut und genervt und rollte mit den Augen. „Aber du sagst wenigstens am Anfang was!“
„Wie versprochen“, lenkte mein Freund lächelnd ein und seine Nichte seufzte erneut und kaute danach auf ihrer Unterlippe herum, krallte sich ins Sofa und schloss für wenige Augenblicke die Augen, wonach sie ihren Onkel direkt in die Augen sah und sagte: „Bringen wir's hinter uns – und sag ihr, dass wir noch hier bleiben wollen, sonst reden wir nie wieder ein Wort mit ihr!“
„Das musst du ihr schon selbst sagen“, meinte er nur und wählte bereits eine Nummer, die er nicht oft anrief. Es dauerte nicht lang, da hatte er seine Schwester bereits an der Strippe. „Hallo Stella. Du fragst dich bestimmt, wo Emilie und Marie bleiben. Sei beruhigt, sie sind wohlauf und bei mir.“ Dann sagte er eine Weile lang nichts, sondern lächelte nur ruhig – und bitter – und hörte sich den Wortfluss aus dem Hörer an. Dann sprach er wieder, seine Stimme trocken und emotionslos, so völlig im Kontrast mit seinem heutigen Gesamtauftreten. „Nein, deine wunderbaren Töchter und ich stecken nicht unter einer Decke. Ich hätte ihnen nie erlaubt, einfach so ins Flugzeug zu steigen und zu mir zu fliegen, ohne dein Einverständnis und das weißt du, selbst wenn du mich gern als regelbrechenden Egoisten darstellen willst, der alles tut, um dich in Rage zu bringen, aber das tut nichts zur Sache. Ich gebe dir Emilie nur, wenn du dich jetzt beruhigst, klar?“
Emilie war alles andere als emotionslos am Telefon. Als sie anfing zu weinen und sich mit ihrer Mutter stritt, zog ich es vor, mich zu entfernen. „Ähm“, flüsterte ich zu Christopher, der zu mir aufsah. „Soll ich eben schon mal das Bett im Gästezimmer vorbereiten?“ Er nickte, dann legten sich seine Augen wieder auf seine älteste Nichte, die gerade wieder vorbildlich mit den Augen rollte und ich danach flehend ansah.
Ich weiß nicht, was Emilie ihrer Mutter noch sagte, oder was Christopher seiner Schwester gegen den Kopf warf, als ich die Betten machte. Aber als ich wieder ins Wohnzimmer zurückkehrte, war die Stimmung entspannt und Christophers Nichten grinsten beide und warfen sich diese zufriedenen, glücklichen Blicke zu.
„Unsere beiden hübschen Gäste bleiben noch bis Sonntag“, erklärte mein Freund mir, ehe ich mich wieder neben ihn setzen konnte.
„Oh. Das ist ja toll“, entgegnete ich und ließ mich auf den Platz neben meinem Freund gleiten.
„Und am Sonntag lernst du dann noch meine Schwester kennen – sie lässt es sich nicht nehmen, ihre Töchter selbst abzuholen“, fügte Christopher leicht sarkastisch hinzu.
„Die Alte spinnt!“, fauchte Emilie, grinste aber umgehend.
„Na, na, na!“, monierte Christopher. „So redest du aber nicht über deine Mutter.“
„Du magst sie doch eh nicht. Und sie dich auch nicht!“, mischte sich nun plötzlich Marie ein und ihr große Schwester nickte nahezu anerkennend. Onkel Chris seufzte nur.
„Ich habe aber immer noch Respekt vor ihr und den solltet ihr auch haben. Sie ist eure Mutter und ihr geht es nur um euer Wohl. Selbst wenn sie manchmal nicht so richtig weiß, wie sie das zu Stande bringen soll und ihre Methoden, so wie ihre Einstellungen, oft fraglich sind“, sagte er nur. Dann: „Und damit beenden wir das leidige Thema und gehen ins Kino, was haltet ihr alle davon?“
Natürlich waren die Mädchen begeistert. So begeistert und scheinbar beeinflusst von Christophers Worten, dass sie sich ohne Aufforderung vor unserer Abfahrt frisch machten und das angeprangerte Make-Up entfernten, oder wenigstens minimierten, sodass Emilie nicht mehr aussah wie Kleopatra, sondern wie eine 15-Jährige, die ihre Augen nur ein wenig betonen wollte und Marie wie eine glückliche 12-Jährige, die noch wusste, dass sie ein Kind war und das auch genießen wollte.
Dass ich im Wagen hinten sitzen musste, weil Emilie darauf bestand „neben Onkel Chris“ zu sitzen, machte mir nichts aus. Auch nicht, dass wir uns anstatt des Sci-Fi-Streifens den Christopher mir versprochen hatte, einen animierten Pixar-Film reinzogen. Ich war nur ein wenig enttäuscht, oder sollte man vielleicht sagen neidisch, dass Emilie rechts von meinem Freund und Marie links von ihm saßen und ich mich wie das fünfte Rad am Wagen fühlte, als ich zwischen der 12-Jährigen und einem noch kleineren Kind zu meiner Linken eingequetscht war und versuchte, mich auf die Handlung der bunten Figuren zu konzentrieren. Mein einziger Trost war die riesige Tüte Popcorn, die ich ganz für mich allein hatte, während Christopher die zweite Jumbo-Tüte auf seinem Schoß hielt und seine Nichten von beiden Seiten wild hineingriffen.
„Alter, du hast ne ganze Ladung allein gefre- äh, gegessen?“, lachte Emilie und schaute die leere, zerknüllte, braune Papptüte ungläubig an, die ich gerade wegschmeißen wollte.
„Äh. Ja“, sagte ich nur und sie fing an lauthals zu lachen.
„Niko ist manchmal ein kleiner Nimmersatt“, kommentierte Christopher und warf mir einen wissenden Blick zu. Er meinte so viel mehr.
Wir fuhren noch in die Stadt. Es war früher Abend. Wir spazierten ein wenig am Fluss entlang, einige Läden hatten noch geöffnet. Christopher fragte seine Nichten über die Schule aus, über die Turnvereine, über Lieblingsfilme, Freunde, Ferientrips und sogar ein wenig über Jungs. Doch beim letzteren Thema kicherten die beiden nur und Emilie ließ lediglich durchblicken, dass sie in einen etwas älteren Schüler verknallt war – mit dem sie sogar schon ein Eis gegessen hatte und mit dem sie gern zusammen wäre, aber das wahrscheinlich unmöglich war, aufgrund verschiedener Faktoren, die sie nicht ausführte. Christopher bohrte nicht nach.
Stattdessen bummelten wir weiter durch die Stadt, Christopher und die beiden vorneweg, schnatternd und lachend, ich hinterher, mit einem breiten Grinsen auf meinem Gesicht.
Mein Freund war als Onkel einfach unheimlich süß. Wie seine Augen leuchteten, als Emilie ein rotes, wallendes Kleid anprobierte, das sie ein wenig aussehen ließ, wie eine Prinzessin aus einem Grimmschen Märchen. Oder wie schallend er lachte, als Marie Unsinn trieb und Hüte bestimmt für die etwas ältere Generation anprobierte und eben diese ältere Generation mit Gehstock authentisch imitierte. Die Mädchen rissen uns mit – und sogar ich blödelte mit Marie herum, die mir irgendwelche hässlichen Sonnenbrillen aufsetzte. Wir streiften weiter durchs Kaufhaus.
„Hey, brauchtest du nicht neue Schuhe fürs Studio?“, fragte Christopher mich plötzlich und deutete auf die Sportabteilung zu unserer Rechten.
„Ach, heute habe ich keine Lust zu gucken“, entgegnete ich und zog ihn ganz leicht an seinem Arm weiter. „Heute sind Emilie und Marie die Stars“, fügte ich lächelnd hinzu – und hätte Christopher am liebsten in die nächste Umkleidekabine gezogen. Einfach nur, um ihn abzuknutschen, weil er so sehr bei meiner Aussage strahlte.
„Danke“, sagte er knapp.
„Wofür?“
„Dass du das hier mitmachst.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Ist doch selbstverständlich.“
„Eben nicht“, sagte er, immer noch lächelnd. Dann schon rief Marie nach uns – wir hatten die Schuhabteilung erreicht.
Wir stopften die vollen Einkaufstüten in den Wagen, gingen noch etwas essen, Christopher und ich tranken ein Bier und als mein Freund kurz zu den Waschräumen verschwand, schnappte sich die Größere plötzlich mein Bierglas und nahm einen kräftigen Schluck.
„Sag mal, spinnst du?!“, zischte ich und riss ihr den Trank aus der Hand. „Du bist erst 15!“
„Nawww“, machte sie nur gespielt. „als hättest du mit 15 noch nicht getrunken!“
„Habe ich n... Habe ich nicht!“ Natürlich war ich mit 15 schon besoffen. Aber das hier war Christophers geliebte Nichte. Ein kleines Mädchen. Und um ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen sagte ich trocken: „Aber junge besoffene Weiber sind wahrscheinlich auch der Grund gewesen, warum ich schwul geworden bin.“ Für einen Moment lang sagte sie dann auch wirklich gar nichts. Nur Marie lachte sich schlapp.
Emilie schnaubte. „Ich trinke nie zu viel“, sagte sie dann etwas leiser.
„Na, das ist doch gut.“
„Ha, ha, guter Witz, Emi!“, meinte Marie plötzlich amüsiert und wandte sich umgehend direkt an mich. „Letztes Wochenende mussten sie drei Schulkameraden von so nem Lagerfeuer wegtragen und Lucia hatte Mama noch angelogen, dass die alle etwas Schlechtes gegessen hätten und ihnen deswegen schlecht war und Emi deswegen so kacke aussah! Bacardi, nicht wahr, Emi?“
„Halt deine dämliche Klappe!“, zischte ihre Schwester nur.
„Du hast ne dämliche Klappe!“, schoss Marie zurück.
Das Gefecht begann und milde Beleidigungen wechselten die Seite wie ein Ping-Pong-Ball, während ich nicht einmal zum Schiedsrichter mutierte, sondern stiller Betrachter der befremdlichen Szenerie wurde und versuchte, ungerührt an meinem Bier zu nippen.
„Was ist denn hier los?“, ertönte die Stimme von Onkel Chris, der sich wieder an seinen Platz setzte.
„Nichts“, meinte Emilie nur und schaute genervt weg, ebenso wie ihre Schwester.
Fragend betrachtete Christopher mich. „Ich glaube, es ging um Pferde – oder Nagellack. Oder beides“, sagte ich schulternzuckend und konnte aus dem Augenwinkel betrachten, wie Emilie ein Lachen unterdrückte.
„Ah, ja...“, meinte Christopher und grinste.
Ja, es war ein schöner Abend, dieser Freitag, wenn auch seltsam, denn zum aller ersten Mal waren Christopher und ich nicht allein in seiner Wohnung, als die Uhr Mitternacht anzeigte und ich das erste Mal gähnte und sich abzeichnete, dass wir gleich alle ins Bett gehen würden.
Emilie und Marie machten sich gerade im Bad fertig und mein Freund setzte sich mit einem Gläschen Wein plötzlich neben mich auf die Couch. Er legte seinen Arm um mich und zog mich an sich. Unsere Blicke trafen sich und Christopher lächelte. Er sagte nichts, sondern küsste mich, zunächst nur zaghaft, keusch auf die Lippen – und dann so richtig. Seine Zunge schmeckte nach Wein, als sie sich um meine wand, wie in einem feurigen Tanz. Frech leckte er mir nochmal über die Lippen.
„Hattest du Spaß heute?“, wollte er im Flüsterton wissen.
„Mhmmm...“, bejahte ich und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Die Mädchen wünschten uns eine gute Nacht. An ihrem Lächeln konnte ich ablesen, dass sie den Tag genossen hatten und so langsam, ja so langsam konnte ich verstehen, warum Christopher sie so gerne mochte – und warum sie Christopher gern hatten. Hinter der Teenager-Fassade steckte mehr. Bestimmt.
Wir schlüpften ins Schlafzimmer. Diese Nacht ließ Christopher mich eine Schlafhose tragen, aus milden „Sicherheitsgründen“, wie er grinsend murmelte. Wir schliefen ruhig, ich träumte absolut nichts. Es war herrlich. Und ich wünschte, der Besuch der Nichten wäre so milde geendet und dass sie am nächsten Morgen einfach wieder abgereist wären. Doch natürlich passierte nie das, was man sich wünschte.
Der Samstag begann bereits katastrophal.
Christopher weckte mich unsaft und als ich meine Augen öffnete, stand er bereits komplett bekleidet im Mantel über mir. „Die Kanzlei steht unter Wasser, ich muss sofort hin“, informierte er mich, ehe er mir einen hastigen Kuss auf die Stirn drückte. „Wenn Emilie und Marie wach sind, gehst du los und besorgst ihnen zum Frühstück was auch immer sie wollen, ich lege die Geld bereit in der Küche. Falls sie mit dir irgendwo hin wollen und ich noch nicht zuhause bin, rufst du mich an und holst dir erst mal meine Erlaubnis, klar?“
„Klar, Christopher...“, murmelte ich immer noch verschlafen und versuchte mich aufzusetzen.
„Okay, ich melde mich. Bis dann.“ Ich war schon wieder in den Schlaf gedriftet, da war die Haustür wahrscheinlich noch gar nicht ins Schloss gefallen. Erst einige Stunden später weckte mich ein zaghaftes Klopfen an der Schlafzimmertür und das ebenso zarte Stimmchen, das vorsichtig rief: „Onkel Christopher?“
Ich rieb den Schlaf aus meinen Augen und zog mir eilig noch ein T-Shirt über den Kopf, bevor ich die Tür öffnete und Marie gegenüber trat. „Morgen“, grüßte ich sie heiser. „Christopher musste in die Kanzlei, da ist wohl n Wasserschaden oder so“, klärte ich sie auf.
„Oh, achso...“
„Ich dusche eben schnell und dann besorge ich uns frisches Gebäck fürs Frühstück, wie wär's?“, schlug ich vor und sie lächelte leicht.
„Okay!“
Das Wasser tat gut und dennoch ließ ich mir nicht viel Zeit. Ich schlüpfte noch im Bad in meine Klamotten und als ich das Wohnzimmer betrat, steckten die beiden Mädchen am großen Esstisch die Köpfe zusammen und tuschelten angeregt. Erst als ich näher an sie herantrat, erkannte ich das Zentrum der Aufmerksamkeit – meinen aufgeklappten Laptop.
„Nanu, was macht ihr denn?“, schreckte ich die beiden auf.
„Wir wollten nicht an den Rechner von Onkel Chris... An den von Mama dürfen wir auch nie wegen wichtiger Sachen... Wir wollten nur Mails checken und so, aber wir hatten dich nicht wecken wollen!“, ratterte Emilie eine Art Entschuldigung herunter und ich musste fast lachen, so erschrocken wirkte sie dabei.
„Ist schon okay“, beruhigte ich sie. „Ich geh jetzt los, Brötchen holen, was darf's sein?“ Sie lächelte und atmete beruhigt aus.
Ich schlenderte durch die Gegend, die Mädels wollten eh noch in Ruhe duschen, wie sie es mir mitgeteilt hatten - ich hatte also Zeit. Die Novemberkälte strich über mein Gesicht und ich steckte die Hände in die Jackentaschen. In den nächsten Tagen sollte ich mir wirklich eine Mütze besorgen. Ich kaufte Hörnchen, Croissants und dunkle Brötchen. Christopher rief mich an, als ich gerade aus der Bäckerei trat. Der Schaden sei nicht so riesig, er müsse aber noch viele Dokumente retten und noch ein wenig mit anpacken. „Noch eine Stunde, dann bin ich wieder da, okay?“
Als ich die Wohnung betrat, hingen die beiden Mädchen immer noch vor dem Rechner. Ungeduscht und weiterhin in den Bademänteln, in denen ich sie schon vor gut einer halben Stunde verlassen hatte. „Internetsüchtig, was?“, zog ich die beiden auf, die abermals beim Ertönen meiner Stimme zusammenzuckten. Für einen Augenblick sagten sie rein gar nichts und starrten mich an, dann sprach Emilie.
„Oh! Du bist ja schon wieder da!“
„Ja, also... wollt ihr denn direkt frühstücken oder macht ihr euch erst mal fertig?“
„Wir... duschen fix. Kannst ja schon mal den Tisch decken. Wenn du magst!“
„Klar.“
Trotzdem wartete ich etwa 20 Minuten allein am gedeckten Frühstückstisch in der Küche und betrachtete gelangweilt die weiche Butter, bis die Mädchen endlich zu mir kamen, mit frisch gewaschenem Haar und nach dem neuen Parfüm duftend, das ihnen ihr Onkel gestern erst geschenkt hatte. Ich lächelte sie an und auch sie blickten mich freundlich an - und doch war dieses Frühstück recht seltsam, weil diese Teenager sich ständig irgendwelche Blicke zuwarfen, die ich partout nicht deuten konnten, ohne jegliche Vorwarnung und ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen losprusteten, und auf meine fragende Blicke, ebenso wie mein fast schon erbärmliches „ist was“ absolut nicht reagierten. Mit der Zeit rückte die Frage in den Vordergrund, ob die beiden sich nicht die ganze Zeit über mich lustig machten.
„Sollen wir dir beim Abräumen helfen?“, fragte Marie.
„Ne, lass mal, macht... was auch immer, ich kümmere mich um die Küche.“
Das brauchte ich den beiden scheinbar nicht zwei Mal zu sagen, so eilig stürmten sie davon. Wahrscheinlich wieder an den Laptop. Um mit irgendwelchen Jungs aus der Klasse zu chatten, peinliche Bilder ihrer Freundinnen bei SchülerVZ oder was auch immer zu bewerten, Bilder von ihren Lieblingsstars zu googeln – oder was auch immer man als junges Mädchen im Netz eben so tat.
Ob die beiden wohl auf Horrorfilme abfuhren?
Ich schlenderte an ihnen vorbei und erblickte nur das Web-ICQ-Fenster, in das die beiden gerade kichernd etwas eintippten und sich erneut erschrocken umdrehten, als sie mich in der Nähe spürten. Teenager und ihre „Geheimnisse“, dachte ich mir nur und ließ mich aufs Sofa fallen, knipste den Fernseher an und ließ mich sinnlos beschallen. Nach einer Weile dann war ich es, der aufschreckte, als die beiden sich auf die Polster plumpsen ließen und mich ziemlich neugierig anblickten.
„Ist Onkel Christopher eigentlich dein erster Freund?“, fragte Emilie mich plötzlich und ich hätte schwören können, dass mir augenblicklich heiß wurde, in einem sehr negativen Kontext.
„....nein...“, antwortete ich deswegen zögerlich und ließ meine Augen zurück auf den Bildschirm wandern.
„Hattest du eigentlich schon mal ne Freundin?“
„....nein....“
Stille. „Und wie lang seid ihr schon zusammen?“
„Knapp acht Monate.“
„Wo hast du Onkel Chris kennengelernt?“, fragte sie weiter.
„Im Park, beim Spazierengehen, an einem Sonntag. Wird das hier ein Verhör?“, lachte ich.
„Ich bin nur neugierig“, sagte sie schulterzuckend. „Sehr neugierig....“, unterstrich sie, wobei sie ihrer Schwester in die Augen sah. Die beiden überkam ein erneuter Lachanfall.
„Achso...“, sagte ich nicht gerade überzeugt und ziemlich in Alarmbereitschaft versetzt.
„Bist du das, naja, Mädchen in der Beziehung, oder eher Onkel Chris?“
„W-Was??!!“, japste ich nur und starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Emilie öffnete gerade ihren Mund, wahrscheinlich um diese völlig unangebrachte und so ungraziös formulierte Frage aus der BRAVO zu erläutern, doch genau in dem Moment rettete mich das wohlbekannte Kratzen im Schloss. „Christopher ist da!“, rief ich völlig überflüssig aus und stürmte mehr als ich ging zur Wohnungstür, um meinen Freund zu empfangen.
„Hey“, begrüßte er mich grinsend und seufzte erst einmal laut, als er aus seinen Schuhen schlüpfte. „Hast du noch Kaffee da?“ Hastig drückte ich ihm einen Kuss auf den Mund, doch ich schaffte es nicht, ihn vor diesem seltsamen Kreuzverhör zu warnen, denn Emilie stand bereits hinter mir und begrüßte ihren Onkel mit einem freudigen. „Hallo, Onkel Chris!“
„Na, Emi – wie geht’s?“
Er nahm Platz auf dem Sofa und gab den beiden ein kleines Update bezüglich der Situation im Büro, während ich neuen Kaffee aufsetzte und erst mit den zwei gefüllten Tassen zurück zu der Gesellschaft stieß. Ich ging auf meinen Freund zu und unsere Hände streiften sich bei der vorsichtigen Übergabe der Kaffeetasse. Ich blickte Christopher tief in die Augen. Ob er meine kleine Warnung erkannt hatte, das wusste ich allerdings nicht.
Ich setzte mich neben ihn, ganz nah, sodass sich unsere Oberschenkel berührten und nippte vorsichtig an dem viel zu heißen Kaffee, verbrühte mir die Zunge und fluchte, während Christopher nur den Kopf schüttelte. „Hattet ihr denn bis jetzt einen schönen Tag?“, fragte er seine Nichten.
„Wir haben ganz toll geschlafen!“, meinte Marie. „Bei uns ist ja Samstag immer Putztag, da weckt Mama uns schon immer gegen neun.“
„Schweinerei“, bekundete ich und Marie musste grinsen.
„Putztag...“, wiederholte Christopher nachdenklich. „Interessant. Ich dachte immer, Stella würde eine Putzfrau einstellen.“
„Hat sie ja auch, aber die macht nur die Wäsche und das Untergeschoss, für unsere Zimmer und den Flur und das Bad und so sind wir ja verantwortlich!“, schimpfte Marie weiter.
„Ja, das nervt total“, pflichtete Emilie ihrer Schwester bei.
„Aber es hat seinen Sinn“, schnitt Christopher ihr die weiteren Mecker-Triaden an und lächelte ruhig. „Nur durch Aufräumen könnt ihr Ordnung lernen und je früher, desto besser.“
„Boah, bist du jetzt schon wieder auf ihrer Seite?“, fauchte Emilie und verdrehte die Augen.
„Ich bin auf niemandes Seite“, sagte mein Freund ruhig. „ich äußere hier nur meine Meinung.“
„Aber du findest doch auch, dass Mama total übertreibt, oder?“
„In sehr, sehr vielen Punkten.“ Die drei grinsten breit,
„Ich finde das übrigens sehr cool, dass du dazu stehst, dass du schwul bist“, sagte die Ältere dann plötzlich. „Das durfte ich dir ja bis jetzt nie so richtig sagen.“
Fast schon hatte ich geglaubt, dass die Fragen von vorhin unter den Tisch gekehrt worden waren, wo sie ohne jegliche Beachtung einfach verpuffen würden; dass ich das Kreuzverhör nie erwähnen müsste.
Christopher nahm gerade seinen ersten Schluck Kaffee zu sich, als Emilie plötzlich weiter sprach: „Stehst du eigentlich auch offen dazu, dass du deinen Freund gerne auspeitscht?“ Wie eine kleine Fontäne spritzte der Kaffee aus Christophers Lippen und verteilte sich tröpfelnd auf dem Teppich und ich saß da wie schockgefrostet. Es dauerte einen Moment, ehe Christopher wieder sprach.
„Emilie! Was soll der Unsinn? Ich darf doch bitten! Jetzt habe ich wegen dir so eine Sauerei veranstaltet, wie kommst du auf solche absurden Ideen?!“ Ungläubig und immer noch ein wenig schockiert schüttelte er den Kopf und wischte sich den Mund mit einem Taschentuch ab.
„Wir haben da ein paar witzigen Peitschen gefunden und die sind ganz sicher nicht fürs Reiten – du findest Pferde doof“, erklärte die 15-Jährige ihrem Onkel mit trockener Stimme und warf ihrer Schwester einen wissenden Blick zu. „Und außerdem sind uns auf Nikos PC genügend SM-Videos entgegen gesprungen“, nahm sie meinem Freund grinsend den Wind aus den Segeln, der gerade etwas erwidern wollte. Oh-Oh.
In meinem eigenen Heimkino inmitten meines Kopfes sprangen Erinnerungen an gewisse Ordner auf, die ich vielleicht nicht so gut in den Wirren meiner Festplatten versteckt hatte, ein Sammelsurium an verschiedenen Clips, mit Notizen im jeweiligen Ordner versehen, wie zum Beispiel: „sollten wir mal probieren“ oder „könnte Chris mal mit mir im Hotel machen“ oder einfach nur „für die Zukunft“. Wunschlisten mit Bildern von bestimmten Spielzeugen – zum Teil ebenfalls mit Notizen bespickt. Großartig. Ich Volldepp. Ich hätte die Mädchen nie an meinen Laptop ran lassen sollen.
Aber... woher kamen die Peitschen?!
Ich wagte es nicht, Christopher anzusehen und starrte deswegen den Teppichboden an. Er räusperte sich und seine Stimme klang endlich wieder gefasst – damit hatte er ja auch eigentlich Erfahrung; sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, unantastbar zu wirken, sich nicht beeindruckt zeigen. „Was für Peitschen habt ihr bitte wo gefunden?“
Nur langsam richteten sich meine Augen auf die schwarzen, handlichen Flogger und das ebenso dunkle Paddel, das Emilie demonstrativ auf den tiefen Tisch vor uns platziert hatte. Jetzt fiel mir auch wieder der Moment ein, in dem ich eben diese Dinge ins Gästezimmer gebracht hatte – um sie zu verstecken; um Christopher einen dämlichen Streich zu spielen, damit er mir den Arsch versohlt.
Oh-Oh.
„Hm“, machte Onkel Chris und ich richtete meinen Blick im Zeitlupentempo auf ihn. Er hatte die Beine übereinander geschlagen und seine Arme vor seiner Brust verschränkt. Christopher schaute mir direkt in die Augen, doch was genau sich in diesem Blau dieses Mal widerspiegelte, das konnte ich dieses Mal nicht ansatzweise dechiffrieren. „Hm“, wiederholte er ein weiteres Mal und seine Augen wanderten zurück zu seinen Nichten. Dann schlich sich plötzlich dieses markante Grinsen auf sein hübsches Gesicht. „Erwischt.“
Das war alles, was er sagte! Und dieses verschmitzte Lächeln, das sein Grinsen dabei ablöste!
Ungläubig starrte ich meinen Freund an. Hatte ich erwartet, dass er weiter alles abstreiten würde, dass er eine große Szene daraus machen würde, dass er den Fund mir in die Schuhe schieben und vor seinen Nichten so tun würde, als wüsste er nicht von diesen grotesken Spielzeugen in seiner Wohnung? Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, auf jeden Fall war es kein simples „erwischt“.
Und auch Emilie und Marie hatten scheinbar mit einer gänzlich anderen Reaktion seitens ihres Onkels gerechnet, denn sie starrten ihn ebenso verdattert an, wie ich es tat. Christopher jedenfalls beugte sich nun etwas vor und stützte seine Arme lässig an seinen Beinen ab. „Aber das ist ein Geheimnis. Und ihr könnt doch ein Geheimnis für euch behalten, oder? Wenn eure Mutter davon erfährt, tja, dann sehen wir uns wahrscheinlich nie wieder“, flötete er fast schon und sah zunächst Marie und dann Emilie tief in die Augen.
Erwischt.
„Okay“, war alles, was Emilie ausdruckslos und wahrscheinlich immer noch ziemlich verwirrt dazu sagte. Als sie sich wieder etwas gefasst hatte - minimal - und ihr Blick wieder an einer gewissen provokativen Selbstsicherheit gewann, die so typisch für rebellierende Teenager war, sprach Christopher weiter.
„Ich frage mich jetzt aber auch natürlich, wie ihr eigentlich auf die Idee gekommen seid, in Nikos privaten Dateien herumzuschnüffeln. Das gefällt mir ganz und gar nicht!“
„Die waren halt da!“, versuchte Emilie sich und ihre Schwester zu verteidigen.
„Keine Dateien sind einfach halt da, erst recht nicht solche Filmchen, für die ihr beide noch viel zu jung seid“, sagte er trocken und blickte seine älteste Nichte weiterhin mit einem strengen Erwachsenenblick an.
„Jahaaa...“, meinte sie etwas genervt. Vielleicht auch, weil der Plan, Onkel Chris irgendwie aus der Ruhe zu bringen, gescheitert war. Warum auch immer sie das vorgehabt hatten. Emilie suchte nach den richtigen Worten und ließ die Schultern hängen. Marie schwieg unterdessen weiter und schaute gar etwas peinlich benommen den Boden an. Ihr Schwester seufzte. „Die waren halt nicht richtig gut versteckt.“
„Immer noch kein Grund, persönliche Ordner zu durchforsten.“
„Jahaaaaa... ich weiß.“
„Aber?“
„Ja, nix aber!“ Sie verschränkte die Arme vor ihrem Körper.
„Du, oder besser gesagt, ihr“, Marie zuckte bei diesem Wort auf, „habt es trotzdem getan.“
„Wir waren halt neugierig!“, blaffte Emilie und seufzte erneut. Auch ihr war die Lage mittlerweile etwas peinlich. So jedenfalls erschien es mir.
„Hachja, diese heimtückische Neugier“, meinte Christopher und lehnte sich zurück. „Vielleicht entschuldigt ihr euch bei Niko, dass ihr seine Privatsachen durchgesehen habt, hm? Würdest du das schön finden, wenn, sagen wir mal deine Mutter, dein Tagebuch liest und dich plötzlich mit der verbotenen Schwärmerei für deinen Lehrer, die scheinbar viel zu weit geht, konfrontiert?“
„Marie, du solltest doch nichts sagen!“, schrie Emilie ihr Schwester erschüttert an. Marie schaute sie an wie... ein Auto und Christopher lachte kalt.
„Liebes – du hast mir gestern den ganzen Abend lang so viele indirekte Details verraten. Ich kann eins und eins zusammenzählen, ich bin Anwalt – ich werde ständig angelogen. Direkt oder indirekt. Ich rieche so etwas und ich puzzle gern Gesprächsfetzen zusammen. In deinem Fall war die Interpretation sehr einfach“, meinte er und Emilie presste die Lippen aufeinander, sodass sie einen dünnen Strich formten. „Siehst du – es ist nicht schön, wenn man sich in sehr private Angelegenheiten mischt, oder?“
Bedächtig nickte sie, ohne einen von uns anzusehen. Dann murmelte sie beinahe geistesabwesend: „Tschuldigung.“
„Ja, tut mir auch leid!“, gab Marie eifrig hinzu und sah mich dabei sogar kurz an.
„...ist schon gut“, murmelte ich, als auch Christopher mich auffordern anblickte. Mir war heiß und kalt zugleich. Erneut war ich maßlos überfordert mit der Situation, in der ich mich überplötzlich befand – und für die dich dieses Mal sogar selbst verantwortlich war.
Erwischt.
„Mir tut es auch leid, dass ihr so etwas über mich erfahren musstet“, fuhr Christopher plötzlich in einem sehr, sehr milden Ton fort und brachte die Mädchen dazu, ihn endlich wieder direkt anzusehen. Er lächelte ganz leicht. „Ich hoffe, unser Verhältnis ändert sich dadurch nicht. Ich hab euch beide furchtbar lieb, wisst ihr das? Und ich hoffe, ihr denkt jetzt nicht anders über mich.“
„Tun wir nicht, echt nicht!“, entglitt Emilie umgehend und sie schüttelte eifrig den Kopf, so als wolle sie ihre Aussage nochmals physisch unterstreichen – und auch Marie schüttelte ebenso heftig ihr Köpfchen und starrte ihren Onkel gar ein wenig erschrocken an.
„Na... dann ist ja gut“, sagte dieser erleichtert und intensivierte sein Lächeln. „Trotzdem würde ich euch nun bitten, die Finger von Nikos und auch meinen Privatsachen zu lassen, das macht man nicht, verstanden?“ Die Mädchen nickten und schauten ihren Onkel weiterhin an. Ihre Blicke hätte man als eine Mischung aus seichter Bewunderung, leichter Angst mit einer Prise Neugier beschreiben können. Christopher seufzte. „Wenn ihr Fragen habt, dann ist jetzt die erste und auch die letzte Gelegenheit dazu; danach sprechen wir nicht mehr darüber, einverstanden?“
Eine Pause entstand und Emilie und Marie blickten sich etwas unsicher von der Seite an. Es war natürlich wieder die Ältere, die sich als erste räusperte und dann vorsichtig fragte: „Ist... macht ihr das oft?“
„Ja“, entgegnete mein Freund. Erneut wurde es still. „Noch etwas?“, hakte er nach – Emilie schüttelte den Kopf und ich fragte mich immer noch, was diese ganze Aktion eigentlich sollte. „Gut, dann hätten wir das ja geklärt. Ihr haltet brav euren Mund – eure Mutter wird eh schon ausflippen, wenn sie Niko kennenlernt und mich dann als Kinderficker deklariert.“ Nach einem weiteren Augenblick der Stille, in dem es mir die Kehle zuschnürte, fingen Emilie und Marie an zu lachen.
„Das wird sie auf jeden Fall tun!“, prustete die Ältere.
„Das glaub ich auch!“, pflichtete die Jüngere ihr bei.
War ich immer noch verwirrt? Mehr als das.
War mir die Situation unangenehm? Mehr als das.
Hatte ich Angst vor dem nächsten privaten Gespräch mit Christopher? Verdammt.
Erst langsam, nachdem Christopher den Fernseher eingeschaltet hatte und den Mädchen einen weiteren Ausflug in die Stadt zum Bowling und zum Essen versprach, beschlich mich langsam die Realität und mir dämmerte, was so eben passiert war.
Ich erwachte bedächtig aus meiner Schockstarre, die mir erlaubt hatte, während der Konfrontation mit Christophers Nichten nicht zu explodieren und durchzudrehen. Ich betrachtete mein Spiegelbild im Badezimmer. Ich hatte uns soeben verraten. Und das nicht vor Frank oder vor Markus und Paul, oder irgendwelchen Arbeitskollegen oder Mandanten von Christopher, sondern vor Christophers minderjährigen Nichten. Ich musste mit ihm sprechen; allein und sofort.
Ich tapste in die Küche und fand Christopher dort allerdings nicht vor. Auch im Arbeitszimmer verweilte er nicht. Im Schlafzimmer stieß ich endlich auf ihn. Ruhig lag er mit dem Rücken auf dem großen Bett, die Hände über sein hübsches Gesicht geschlagen. Er reagierte gar nicht, als ich mich vorsichtig neben ihn setzte. Eine ganze Weile starrte ich ihn einfach nur an. Ich war unsicher, was ich meinem Freund sagen sollte, wie ich diesen desaströsen „Fauxpas“ erklären konnte, wie ich mich dafür entschuldigen könnte.
Langsam dann glitten Christophers Hände von seinem Kopf, den er mir ebenso langsam zuwandte; sein Blick ruhte auf mir. Dann sagte er mit eisiger Stimme: „Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst die Wohnung checken und alles gut verstecken, was uns verraten könnte?“ Abermals war ich wie gelähmt und nicht in der Lage, ihm zu antworten; starrte nur in seine betörenden Kristalle und atmete ein und aus. Das war alles, wozu ich fähig war. Mein Freund setzte sich auf und drehte sich mir noch weiter zu, ohne den Blickkontakt dabei zu brechen. „Was hast du daran nicht verstanden?“, monierte er. Ich schluckte.
„Ich... hatte die Dinger total vergessen.“
„A – gerade deswegen sagte ich: check das Schlafzimmer und den Rest. B – was hatten diese Sachen dort eigentlich zu suchen?“
Erwischt.
„Ich wollte dich ärgern, damit du mir den Arsch versohlst“, antwortete ich ehrlich und mein Mund fühlte sich dabei unheimlich trocken an.
Christopher schnaubte. „Glaub mir, ich werde dir deinen süßen Hintern noch gerne öfters versohlen, aber nicht für diese Aktion.“ Bedrohlich starrte er mich an. „Nein, mein lieber Niko, für diese Aktion kannst du mit etwas völlig anderem rechnen. Ab jetzt will deinen Rechner jede Woche zur Kontrolle haben: Wenn meine Nichten an deine pikante Videosammlung kommen, dann können es auch deine Kommilitonen oder Freunde, bei denen du deinen Laptop ja gerne einfach mal so offen stehen lässt und wer weiß was für Scheißkram du sonst noch da drauf hast. Und noch etwas: Internet ist für dich ab sofort tabu, das heißt: einen Monat lang keine Horrorfilme im sowieso illegalen Stream und kein dämliches Chatten noch sonst etwas; du wirst einen Monat lang das World Wide Web nur für Uni-Zwecke nutzen, ist das klar?!“
„Ja, Christopher“, flüsterte ich.
„Und außerdem hast du jetzt für diese Zeit ebenfalls eine Weggehsperre. Keine Partys und keine Shoppingtrips oder sonstiges Vergnügen, verstanden?“
„...ja, Christopher.“
„Gut. Und du verbringst die meiste Zeit bei mir, damit ich das auch alles kontrollieren kann.
„Ja, Christopher.“
Die Horrorfilme trafen mich am meisten. Doch ja, ich hatte es verdient. Mehr als verdient. Christopher seufzte und ließ sich wieder nach hinten mit dem Rücken auf die Matratze fallen. Wir schwiegen. Dann räusperte ich mich.
„Das tut mir echt total leid“, bekundete ich leise. „Wirklich.“
„Ich weiß...“, sagte er ebenso leise, ohne mich dabei anzusehen. Dann lachte er plötzlich und schüttelte den Kopf, strich sich mit beiden Händen erneut über sein nun müde wirkendes Gesicht. „Ich kann einfach nicht glauben, was gerade passiert ist...“, murmelte er. „Heilige Scheiße.“
„...du hast aber echt gut reagiert.“
„Glaub mir“, sagte er lachend und wandte mir erneut seinen Kopf zu. „mir ist der Arsch auf Grundeis gegangen.“
„...was?! Das hat man dir aber so gar nicht angemerkt!“
Mein Freund grinste. „Haben mir die ganzen Jahre als Jurist doch was gebracht.“
„In der Tat...“ Ich kaute auf meiner Unterlippe herum, während Christopher mich die ganze Zeit weiter betrachtete. „Was... Wieso... Ähm. Was sollte das eigentlich von Emilie? Ich meine – was war der Sinn der Aktion? Ich dachte sie mag dich, wieso macht sie dann sowas?“
Christopher lachte und setzte sich erneut auf. „Niko, Emilie ist ein Teenager der unter recht konservativem, völlig übertriebenem Druck zuhause leben muss und gerade in ihrer absoluten Rebellionsphase steckt. Da gehören solche derben Provokation eben dazu – ein wenig herumstochern, Erwachsene auf die Palme treiben, sie denkt da nicht nach und irgendwie kann ich das auch nachvollziehen. Ich hatte auch mal so ne Phase.“
„Du?!“, schrie ich fast schon.
„Ja, ich“, meinte er daraufhin nur gelassen.
„Du bist doch mega behütet aufgewachsen mit Kindermädchen und so ner kacke und hast von Anfang an in der Kanzlei von Daddy geschuftet!“
„Gerade deswegen“, meinte er nur und grinste leicht. Immer noch recht fassungslos starrte ich in seine Augen und konnte mir Onkel Chris partout nicht als rebellierenden Teenie vorstellen. Das war... ziemlich unsexy.
„Hast du nicht rebelliert und Unsinn getrieben, mein Kleiner? Du steckst doch selbst noch mitten in der Spät-Pubertät – wenn du schon Sextoys versteckst, nur um deinen Freund wütend zu machen...“
„Ja, ähm...“
„Emilie hat meinen wunden Punkt, mein tiefstes Geheimnis entdeckt – ist doch klar, dass sie ohne darüber nachzudenken agiert hat. Dass diese Aktion keinen tieferen Sinn hatte, hat man doch direkt gemerkt, als ich es zugegeben hatte. Auch, dass sie eigentlich keine Details darüber wissen möchte – seien wir ehrlich: willst du etwas vom Sexleben deines Onkels oder deiner Tante erfahren?“
„Bloß nicht!“
„Siehst du. Emilie wollte mich zur Weißglut bringen, oder mich mit hochrotem Kopf erleben. Einfach nur so.“
„Ich dachte, sie will dich erpressen oder so...“, nuschelte ich, doch Christopher lachte nur.
„Sie kriegt doch eh alles von mir, was sie will“, bemerkte er dann nur grinsend.
Dass das wirklich so war, das bestätigte unser Ausflug am Nachmittag nur: noch mehr Klamotten, teures Essen, Bowling, DVDs, Bücher. Ich muss sogar zugeben, dass die Stimmung durch diese doch recht unangenehme Konfrontation nicht getrübt war. Vielleicht, weil wirklich alle so taten, als wäre nichts passiert. Ich jedenfalls hatte definitiv vor, diese Schiene weiter zu fahren. Der Abend gipfelte in einem DVD-Abend mit selbst gemachtem Schoko-Fondue. Die Mädchen waren im siebten Himmel. Und dieser Tag wäre fast komplett unschuldig geendet, hätte Emilie mir nicht, nachdem sie aus dem Bad kam und ich jenes betreten wollte ein „gute Nacht, du Masochist“ gewünscht – mit einem teuflischen Grinsen auf ihrem Gesicht.
Onkel Christopher hatte recht. Dreckspubertät.
Ich sagte ihm nichts davon, als ich sein Schlafzimmer betrat.
„Weißt du“, flüsterte er mir ins Ohr, als ich mich an ihn kuschelte und das Licht bereits gelöscht war. „Wenn die beiden nicht hier wären, würde ich dich für die Nacht in die Sklavenbox stecken. Oder dich auf dem Boden schlafen lassen. Also genieß' diese Nacht noch – morgen wird es schon ganz anders für dich aussehen.“ Seine physischen Zärtlichkeiten, die Lippen die ganz sachte an meinem Ohrläppchen nippten und seine heißen Hände, die sich auf meinen Hintern legten, standen im krassen Kontrast zu seinen eben geäußerten, harschen Worten. Christopher war der Wahnsinn.
„Ich liebe dich“, flüsterte ich nur und hörte ihn leise lachen.
„Und ich könnte dir immer noch den Kopf abreißen“, meinte er – schob mein Kinn mit seinem Zeigefinger aber an und küsste mich leidenschaftlich, sodass ich mir wünschte, nie in den Schlaf abzudriften. Doch genau jenes geschah, weil es in der Natur des menschlichen Organismus lag, zu schlafen.
Das Sonntagsfrühstück war die Hölle. Noch bevor Christopher sich Kaffee eingießen konnte, klingelte das Haustelefon: Stella stieg bereits in ein Taxi und war auf dem Weg hierher. Emilie und Marie, beide unausgeschlafen, stöhnten genervt und ihnen verging der Appetit. „Niko“, wies Christopher mich im milden Ton an. „Zieh dich um.“ So wechselte ich unter seinem wachsamen Auge aus der ausgewaschenen Jeans und dem etwas weiteren Pullover in eine elegantere Hose und ein schwarzes, kurzärmliges Hemd. Christopher trug einen schwarzen Anzug, so als würde er gleich zur Arbeit fahren. „Damit sie wenigstens bezüglich des Outfits die Klappe hält“, murmelte er und zwinkerte mir zu. Dass er alles andere als erheitert über den Besuch seiner Schwester war, das konnte ich ihm an jedem Zentimeter seines Gesichts ablesen.
Die Türglocke schellte und unmittelbar folgte ein langgezogenes „O Gott...“ von Emilie, die dazu auch noch demonstrativ die Augen verdrehte und nur wenige Sekunden später trat eine hochgewachsene blonde Frau zu uns ins Wohnzimmer. Keine Frage: Stella war eine attraktive Frau in den 40ern, die viel Wert auf ihr Äußeres legte, ohne dabei billig zu wirken und dem Trend der künstlichen Jugend zu folgen, wie man sie von Botox-Schlampen aus dem Fernsehen erkennen konnte. Ihr Haar war lang und ihre Augen ebenso blau wie die von Christopher ich schluckte, noch mehr, als mein Freund hinter ihr auftauchte und mir diesen 'na los!'-Blick zuwarf.
„Stella, das ist Niko“, sagte er und wies mit der Hand auf mich. Automatisch reichte ich seiner Schwester die Hand, die sie beinahe sofort ergriff.
„Freut mich, Sie kennenzulernen“, sagte ich und war dankbar, dass ich sie nicht aus Versehen geduzt hatte. Christopher hatte mich schließlich gewarnt.
„...hallo....“, murmelte Stella und starrte mich seltsam lange an. Dann räusperte sie sich und ihre Stimme war fester und kühler als sie wieder sprach. „Ich bin Stella Weinert, ich habe schon von Ihnen gehört. Nett, Sie mal kennenzulernen. Christopher kommt uns ja kaum besuchen“, fügte sie noch kälter an und ich sagte einfach mal gar nichts dazu sondern lächelte debil. Dann schon existierte ich für Stella gar nicht mehr, denn sie warf sich auf ihre Töchter, wie eine Löwin.
„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?! Weißt du, was alles hätte passieren können? Weißt du, was für Sorgen dein Vater und ich uns gemacht haben, Fräulein?“, begannen die sozial vertretbaren Tiraden der blonden Frau, die Christopher so ähnlich sah und doch nicht unterschiedlicher hätte sein können. Die sozial nicht mehr vertretbaren Antworten ihrer Tochter waren durchaus lauter. Benommen stand ich da und starrte das streitende Paar an.
Natürlich war es Christopher, der dazwischen trat und versuchte beide Parteien zu beruhigen – doch nichts half. Stella bellte ihn an, sie beschimpfte ihn als „beschissenes Beispiel“ für ihre Töchter und warf ihm vor, Emilie und Marie gegen sie aufzuhetzen, wogegen Emilie und Marie aber so vehement protestierten, dass es wirklich nur eine Frage der Zeit war, bis die ersten Tränen der Mädchen flossen und sie eben in jener Verfassung, wütend und aufgebracht, in ihr Zimmer stampften, um ihre „scheiß Koffer“ zu holen. Christopher nickte mir zu, ihnen zu folgen und ich tat es.
Emilie fluchte unter ihrer Nase, als ich das Zimmer betrat. „Braucht ihr Hilfe?“ Sie sah mich an mit ihren rötlichen Augen und zog die Nase hoch.
„Sie ist furchtbar. Oder?“
Ich überlegte kurz. Dann nickte ich. „Ja. Ich bemitleide dich.“ Wir lachten, alle drei. Und genau dann steckte mir Emilie einen kleinen Zettel zu.
„Adde mich mal bei ICQ, aber sag Christopher nix davon!“
„Ähm?“
„Tu was ich sage, oder du wirst es bereuen!“
Ich glaubte Emilie aufs Wort. „Okay, okay...“, beruhigte ich sie und steckte den Zettel ein.
Der Abschied war furchtbar. Die beiden umarmten ihren Onkel beinahe minutenlang und ich hörte Emilie immerzu „tut mir leid“ murmeln. Ob sie die Sache mit den Peitschen meinte oder die Gesamtsituation mit ihrer Mutter, ich weiß es nicht. Stella jedenfalls war eisig, als sie sich von ihrem Bruder verabschiedete, der die ganze Zeit über ruhig geblieben war. Mir gab sie nicht einmal die Hand. Und dann, dann fiel die Tür laut ins Schloss und die zankenden Stimmen im Hausflur wurden immer leiser.
Erst dann seufzte Christopher laut und massierte seine Schläfen. „Gott, meine Schwester ist eine Idiotin“, sagte er dann und ließ sich aufs Sofa fallen.
„Soll... ich dir vielleicht ein Bad einlassen?“, fragte ich vorsichtig.
„Und mach mir nen Rotwein auf.“
Das Bad half ihm, er entspannte sich; ich schrubbte seinen Rücken, ich massierte seinen Kopf, ich trocknete ihn ab und als er im Schlafzimmer nackt vor mir stand, war plötzlich wieder dieses fieses Grinsen auf seinem Gesicht. „Niko“, sagte er. „Ich werde dich jetzt so hart ficken, dass du danach nicht mal mehr deinen eigenen Namen weißt.“
Und er tat es.
Weil es ihn beruhigte und weil er all diese Wut, die sich angestaut hatte, in seinen harten Stößen loswerden konnte. Ich zitterte danach. Vollkommen befriedigt lag ich auf dem völlig zerwühlten Bett, von dem Christopher mich ohne jegliche Vorwarnung stieß.
„Autsch!“, zischte ich, als ich auf den Boden plumpste. Wieder begegneten mir diese eiskalten Augen und das süffisante Grinsen. Für die nächsten Tage blieb der Boden mein fester Platz in seiner Wohnung. Rigoros zog er seine Bestrafung durch – und ich liebte es.
Ja, jetzt, wo ich mir all das wieder ins Gedächtnis rufe, muss ich immer noch sagen: dieses Familientreffen war wirklich eines der Seltsamsten.
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